Silent Hill: Revelation

Die 2006 erschienene Computerspielverfilmung SILENT HILL setzte in Sachen Qualität neue Maßstäbe. Es brauchte gut sechs Jahre für eine Fortsetzung. Vom Team, das Teil eins inszenierte, ist nichts mehr übrig. Und aus SILENT HILL: REVELATION wurde etwas gänzlich anderes als das, was die Horrorfangemeinde mit dem Vorgänger serviert bekam. Ob das gut oder schlecht ist, lest Ihr in meiner neusten Kritik.
Der Plot
„Silent Hill: Revelation“ knüpft nicht direkt an das Ende des Vorgängers an, sondern lässt zwischen dem Finale des ersten Teils und dem Auftakt zu Teil zwei mehrere Jahre vergehen. Als Basis für die Handlung diente der dritte Teil der Videospiel-Reihe. Nachdem Rose Tochter Sharon (Adelaide Clemens) wieder heil aus Silent Hill nach Hause brachte, lebt Sharon bei ihrem Vater Harry (Sean Bean). Da dieser ahnt, dass die Bewohner von Silent Hill immer noch hinter seiner Tochter her sind, führen beide ein Nomadenleben. Zudem wird Sharon von Visionen geplagt. Als Harry eines Tages verschwindet, sieht sie sich gezwungen, nach Silent Hill zurückzukehren, um nicht nur ihren Vater zu finden, sondern auch hinter das Geheimnis der „Stadt der Asche“ zu kommen, in der grausame Kreaturen ihr Dasein fristen.
Kritik
Ganze sechs Jahre musste die „Silent Hill“-Fangemeinde auf die Fortführung der Horrorgameverfilmung warten. Die Zeit nutzte Filmemacher Christophe Gans, der im ersten Teil Regie führte, und machte sich aus dem Staub. Das Feld überließ er „Salomon Kane“-Macher Michael J. Bassett. Der hatte mit „Silent Hill: Revelation“ vor allem die schwierige Aufgabe, an die Intensität des auch von Fans gelobten ersten Teils anzuknüpfen. Nicht umsonst gelten Gamer (neben Filmjournalisten natürlich!) als die wohl am schwierigsten zufriedenzustellende Zielgruppe in der Filmwelt. Die Gefahr, dass die Regisseure die Atmosphäre des verfilmten Gamestoffes nicht treffen ist einfach zu groß. Mit „Silent Hill“ gelang Christophe Gans jedoch nicht nur ein Achtungserfolg an den Kinokassen – in Deutschland erhielt der Film einen Zulauf von fast einer halben Million Zuschauern – sondern, viel wichtiger, erlang auch den Respekt der Gamer-Community.
Eines gleich vorweg: Mit der fast schon schwelgerischen Poesie, mit der „Silent Hill“ daherkam, hat sein Nachfolger nichts gemein. Vorbei sind die Zeiten, in denen es vor allem der Schleier des Friedens war, der über allem schwebte und der in solch einem krassen Kontext zum Hintergrund der Stadt stand, dass gerade hieraus der Horror resultierte. In „Silent Hill: Revelation“ geht es weitaus direkter und im Vergleich zum Ausgangsfilm wesentlich stylischer zu. Dies ist jedoch kein Makel, sondern lediglich Beweis dafür, dass sich beide Regisseure auf komplett unterschiedliche Weise an die filmische Umsetzung des Stoffes machten. So büßt die Regiearbeit von Michael J. Bassett lediglich in ihren absoluten Tiefphasen an Spannung ein, wenn sich der Filmemacher, der übrigens auch das Drehbuch schrieb, zu sehr auf am Computer generierte Effekte verlässt. Ja, es lässt sich durchaus sagen, dass es „Silent Hill: Revelation“ bisweilen an Bodenhaftung fehlt und man sich hie und da mehr Handarbeit gewünscht hätte. Andererseits präsentiert sich hier gleichzeitig die größte Stärke des Horror-Thrillers: Das Sequel zu „Silent Hill“ offenbart eine neue Generation der Computerspielverfilmung.
Maßgeblich an dem futuristischen Look ist einmal mehr Maxime Alexandre beteiligt, der erst kürzlich in „Alexandre Ajas Maniac“ die First-Person-Perspektive (wieder) salonfähig machte. Ganz so innovativ geht es in „Silent Hill: Revelation“ nicht zu. Dennoch weiß Alexandre seinen Blick für das Abstruse im Detail auch hier wieder gekonnt einzusetzen.
Zwischen der brachial-opulenten Optik schafft es vor allem die zierliche Adelaide Clemens („Der große Gatsby“), die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu lenken. Angesichts ihrer zurückhaltenden Präsenz auf der Leinwand ist ihr eindringliches Spiel umso mehr ausschlaggebend dafür, dass das Publikum ihr bei ihrem Tun jederzeit folgt und vor allem folgen will. Da rückt Sean Bean („Percy Jackson: Diebe im Olymp“), dessen Screentime sich ohnehin schon auf ein Minimum beschränkt, in den Hintergrund. Gleiches gilt für Heathers Leibgarden Vincent, verkörpert von Serienstar Kit Harington („Game of Thrones“). Das Auftreten von Letzterem erschloss sich für einen Großteil derjenigen nicht, die sich darüber im Klaren waren, dass der Charakter des Vincent im Originalspiel gänzlich anders angelegt ist. Zugegeben: „Silent Hill: Revelation“ beziehungsweise die weibliche Protagonistin hätte nicht zwingend einen Love Interest gebraucht. Und leider präsentiert sich die Idee, Vincent auf diese Art und Weise in die Story einzugliedern, als wenig durchdacht. Um eine Bindung zu ihm aufzubauen, bekommt das Publikum zu wenig von ihm zu sehen, aufgrund seines Charismas bereichert er den Film allerdings auch nicht zum Nachteil.
Details auf der Besetzungscouch geraten allerdings vollends in den Hintergrund dessen, was der Film eigentlich präsentieren möchte: Schauwerte. Diese befinden sich auf einem Niveau, das vielleicht nicht ganz mit CGI-Krachern wie „Life of Pi“ oder „Avatar“ mithalten kann. Im Genrebereich hat man ein derartiges Effektfeuerwerk allerdings schon lange nicht mehr in solchem Stile zu Gesicht bekommen. Die horrenden Settings, untermalt von einem nervenzehrenden Score, entfalten ihr Grauen vor allem dann, wenn man ihnen die zarte Hauptaktrice gegenüberstellt, die sie entweder von der Größe, Masse oder Körperfülle bei Weitem überragen.
Auch die Settings haben stets etwas Apokalyptisches, strahlen durch den Hochglanz der Produktion aber oft etwas Steriles aus. Sieht man dies als gewollt geschaffenes Gegenteil zum Umfeld, entwickelt die Stadt an manchen Stellen fast wieder die Sogkraft, die sie bereits in Teil eins ausübte. Auch die 3D-Effekte entpuppen sich mehr als gelungene Bereicherung denn Effekthascherei. So war Bassett augenscheinlich nie darauf aus, dem Publikum möglichst viele Gliedmaßen ins Gesicht zu pfeffern, sondern setzt vermehrt auf einen stimmigen Tiefeneffekt, der lediglich an ausgewählten Stellen mit Pop-Outs aufgepeppt wird. Gerade die in drei Dimensionen erlebten Zeitlupensequenzen gehören zu den Höhepunkten des Films und entschädigen vielfach für die etwas zu steifmütterlich behandelte Storyline. Wenn gen Ende hin dann alles Schlag auf Schlag geht, hätte man sich allerdings schon noch eine weitere halbe Stunde in der unheilvollen Welt von Silent Hill gewünscht. So wird aus „Silent Hill: Revelation“ ein stylischer Nachfolger, mit kleinen Schönheitsfehlern.
Erschienen in der DEADLINE, Ausgabe 39