It Stains the Sands Red

In Colin Minihans dramatischen Zombiehorrorfilm IT STAINS THE SANDS RED muss sich eine einsame Frau in der verlassenen Wüste von Nevada gegen einen einzigen Untoten zur Wehr setzen – und schlägt sich dabei gar nicht so schlecht. Mehr dazu verrate ich in meiner Kritik.
Der Plot
Molly (Brittany Allen) ist mit ihrem Freund Nick in der Wüste von Nevada unterwegs, als ihr Wagen stecken bleibt. Ungünstiger könnte der Moment nicht sein, denn es nähert sich ein Zombie (Juan Riedinger), der es auf Nicks Innereien abgesehen hat. Molly bleibt nichts anderes übrig, als quer durch die Wüste zu fliehen – stets mit ihrem hartnäckigen neuen Verehrer im Schlepptau. Bis an die Zähne bewaffnet mit Wodka, Kokain, Kippen und Tampons, versucht sie sich durchzuschlagen. Doch zwischen Hitze und dunklen Nächten wird ihr klar, dass eine wandelnde Leiche noch das Geringste ihrer Probleme ist.
Kritik
Als George A. Romero das Zombiegenre Ende der Sechzigerjahre mit seinem „Die Nacht der lebenden Toten“ auf den Weg brachte, war noch nicht abzusehen, dass es später vornehmlich den Mainstream – im wahrsten Sinne des Wortes – heimsuchen würde. Seit Danny Boyles „28 Days Later“, das die menschenfressenden, untoten Killermaschinen nun sogar von der Beschränkung freisprach, sich nur schleichend vorwärts bewegen zu können, ist alles möglich: Von der Komödie („Zombieland“) über die TV-Serie („The Walking Dead“), die RomCom („Warm Bodies“) bis hin zu depressiven Kunst („Halley“). Da ist es umso schwerer, sich noch ein Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten, doch genau das ist dem gebürtigen Kanadier Colin Minihan („Grave Encounters“) mit seinem gewitzten Zwei-Personen-Stück „It Stains the Sands Red“ gelungen: Nach einer nicht näher definierten Katastrophe findet sich die toughe Molly zunächst mit ihrem zu nichts taugenden Freund und später ganz allein in der menschenleeren Wüste Nevadas wieder und wird von einem ihr permanent an den Hacken klebenden Zombie verfolgt. Eine Frau, ein Monster – und beide sind jeweils nur zu Fuß unterwegs. Sie kann zwar schneller laufen, als ihr dahin faulender Stalker (anders als in vielen modernen Zombiefilmen besinnt sich Minihan also wieder auf die ursprüngliche Form der Untoten zurück), dafür muss sie im Gegensatz zu ihm Pausen einlegen, Essen und Trinken. Diese äußerst abgefahrene Prämisse bildet die Grundlage für einen der cleversten und gleichzeitig traurigsten Zombiefilme jüngerer Geschichte, auch wenn Minihan gen Ende zu sehr in standardisierte Genregefilde abdriftet.
Eine kurze Sequenz, aufgenommen aus der Vogelperspektive, in der wir über ein zerstörtes, chaotisches Las Vegas fliegen – mehr bekommen wir zu Beginn von „It Stains the Sands Red“ nicht zu sehen. Wenige Sekunden später befinden wir uns bereits im Auto bei Molly und ihrem Versagerfreund, die auf dem Weg in Richtung Flugplatz sind, um von dort aus das Land zu verlassen. Niemand verliert ein Wort darüber, was hier in der Einöde vorgefallen ist. Stattdessen unterhalten sich die beiden unausstehlichen Zeitgenossen übers Koksen und Kotzen. Die kommenden eineinhalb Stunden mit diesen beiden Typen zu verbringen, erscheint direkt unerträglich, doch ausgerechnet ein Zombie schafft Abhilfe: Die äußerst weitläufige Kameraarbeit von Clayton Moore („Steve Jobs: The Lost Interview“) nutzt das farblich eintönige, bedrohliche Setting der Mojave-Wüste perfekt aus und kreiert ein respekteinflößendes Panorama, das immer wieder deutlich macht, dass hier draußen nichts ist: Sand soweit das Auge reicht; lediglich eine Straße führt mitten hindurch. Als sich in der Ferne schließlich eine einzelne Person abzeichnet, die gemächlichen Schrittes auf das Pärchen zusteuert, wird hieraus ein Bild, das einem im Kopf bleibt: Die Gefahr steuert direkt auf die beiden Protagonisten zu und obwohl die Entscheidung, sofort zur Waffe zur greifen und den Neuankömmling zu erschießen, im ersten Moment als Überreaktion zu werten ist, erweist sie sich im nächsten als vollkommen richtig, als der Zombie Mollys Freund in den Hals beißt. Fortan hat der Zuschauer immerhin nur noch mit einem anstrengenden Typen zu kämpfen – und dem Zombie natürlich.
In seiner Penetranz erinnert der von Molly später Smalls getaufte Untote an das todbringende Wesen aus „It Follows“, das seine Opfer ebenfalls in gediegenem Tempo, dafür unausweichlich verfolgt. Dafür kann dieser Smalls weder Wände hochklettern, noch sich aus notdürftig zusammengezimmerten Fallen befreien, wodurch sich die nach und nach als ziemlich clever erweisende Molly immer wieder Vorteile verschafft. Mal schmeißt sie ihrem Verfolger einen benutzten Tampon hin, um Smalls damit abzulenken, ein anderes Mal zweckentfremdet sie ihn als Lastenträger oder sitzt ihm Auge in Auge gegenüber, wenn sie auf einem Felsvorsprung sitzt, den der Zombie einfach nicht überwinden kann. In erster Linie wird man als Zuschauer allerdings Zeuge eines echten Selbstfindungstrips: Die zunächst so anstrengende Molly erweist sich nämlich als vom Schicksal ziemlich gebeutelte Frau, die sich endlich all ihren Schmerz von der Seele reden kann, ohne dass ihr dauernd jemand dazwischen quatscht. Wenngleich die allzu deutliche Vermenschlichung des Untoten ausbleibt und „It Stains the Sands Red“ somit nicht zu einer Art zweitem „Warm Bodies“ wird (wann immer Molly nicht aufpasst, droht Smalls sie ohne Ankündigung zu beißen), entwickelt sich im Laufe der flott inszenierten 92 Minuten eine Art Beziehung zwischen den beiden, wozu auch ein äußerst unangenehmer Zwischenfall mit zwei jungen Männern etwas beiträgt, in denen Smalls seinem eigentlichen Opfer zufällig zu Hilfe eilt. Eine äußerst unangenehme, gleichzeitig aber inhaltlich notwendige Szene, um die aufkeimende Freundschaft zwischen den zwei so unterschiedlichen Protagonisten zu untermauern.
Brittany Allen (demnächst auch in „Jigsaw“ zu sehen) und Juan Riedinger („Excess Flesh“) tragen „It Stains the Sands Red“ so lange mühelos auf ihren Schultern, bis Colin Minihan sein kreatives Kammerspiel-Konzept für die letzten zwanzig Minuten fast vollständig fallen lässt. Stattdessen entscheidet er sich dafür, die Wege von Molly und Smalls zu trennen und die junge Frau in bewohntes Gebiet zu schicken. Erwartungsgemäß nimmt die Geschichte hier eine Wendung ins Austauschbare, denn den Kampf zwischen einer Frau und einer ganzen Zombiearmada hat man nun mal schon Dutzende Male gesehen. Da hilft es auch nichts, dass Minihan seinen Film immerhin angenehm offen enden lässt – und zwar nicht, um sich die Türen für ein eventuelles Sequel offen zu halten (im Anbetracht der Zahlen käme das ohnehin nicht infrage), sondern um das Anarchische im Szenario zu unterstreichen. Schade ist diese Entscheidung trotzdem, denn wo es Minihan und seinem Co-Autor Stuart Ortiz, mit dem er bereits „Grave Encounters“ realisierte, zunächst noch so vortrefflich gelingt, bei aller Absurdität am Realismus festzuhalten (sämtliche Dinge, die im Film passieren, würden sich in einer solchen Situation vermutlich exakt so ereignen), scheinen die Macher auf der Zielgeraden einfach nicht zu wissen, was sie mit ihrem Figurenduo nun anfangen sollen. Sie daher einfach zu trennen, ist gerade im Hinblick auf den Verbleib des auch von uns schnell liebgewonnenen Smalls gar nicht nett.
Fazit: Die meiste Zeit über funktioniert das Kammerspiel-Zombiedrama „It Stains the Sands Red“ über seine ebenso simple wie geniale Idee, einen einzelnen Untoten einer toughen Frau gegenüberzustellen. Doch wie schon beim augenscheinlichen Vorbild „It Follows“ fällt auch hier der generische Schlussakt deutlich ab.
„It Stains the Sands Red“ ist ab dem 6. Oktober auf DVD und Blu-ray Disc erhältlich.