Spione Undercover

Die Trickschmiede hinter „Ice Age“ und „Rio“ versucht sich mit SPIONE UNDERCOVER an einer animierten Agentenkomödie, in der ein Spitzenagent zur Taube wird. Ob das positiv-abgehoben ist oder leider eher Dreck? Das verraten wir in unserer Kritik zum Film.

Der Plot

Superspion Lance Sterling (im Original Will Smith, in der Synchro Steven Gätjen) ist so ziemlich das genaue Gegenteil von Wissenschaftler Walter Beckett (Tom Holland/Jannik Schümann). Lance ist cool, charmant und geschickt. Walter ist ungeschickt, unbeliebt und ungelenk. Was Walter also in so manchen Bereichen fehlt, macht er aber durch Erfindungsreichtum und Intelligenz wieder wett – sowie durch ein beeindruckend friedsames Gemüt. Als die Ereignisse nach einer von Lances abenteuerlichen Missionen eine unvorhergesehene Wendung nehmen, müssen sich Walter und Lance plötzlich aller Gegensätzlichkeiten zum Trotz aufeinander verlassen. Und wenn dieses seltsame Pärchen nicht lernt als Team zu arbeiten, ist die gesamte Welt in Gefahr…

Kritik

Es ist schon kurios, wie oft sich Animationskünstler vom Konzept einer Agentenkomödie angezogen fühlen. Unter anderem wären da die immens beliebte, temporeiche Disney-Serie „Kim Possible“, die kürzlich eine Realverfilmung in Form eines TV-Films erhalten hat, sowie die beiden „Die Unglaublichen“-Produktionen von Brad Bird, die zwar in erster Linie das Superheldengenre kommentieren, sich jedoch ästhetisch und in der Konstruktion einiger Actionszene ebenso sehr auf das Agentenkino beziehen. Und dann war da natürlich „Die Pinguine aus Madagascar“, die turbulente DreamWorks-Animation-Komödie aus dem Jahr 2014, in dem die Pinguine aus den „Madagascar“-Filmen als Agenten rekrutiert werden und mit einer Mischung aus Glück, unkonventionellem Denken und sonderbar erfolgreicher Sturheit die Welt retten.

Gott sei Dank können Lance und Walter rund um den Erdball auf die Hilfe von Tauben setzen…

„Die Pinguine aus Madagascar“ sticht aus dem Schaffen seines Studios durchaus heraus, da DreamWorks Animation in vornehmlich komödiantischen Filmen im Regelfall stärker auf popkulturelle Referenzen und freche Dialoge setzt, statt auf das Tempo und den Trubel klassischer Cartoons der „Looney Tunes“- oder „Tom & Jerry“-Schule, in denen Bewegung und Energie im Vordergrund stehen. Die Blue Sky Studios halten diese Fahne schon kontinuierlicher Aufrecht, sind doch die Lieblingsszenen zahlreicher „Ice Age“-Fans die wortlosen Passagen rund um das wuselige Säbelzahnreichhörnchen Scrat, das einer Eichel nachjagt. Insofern fügt es sich sehr schlüssig, dass sich die Blue Sky Studios mit „Spione Undercover“ nun in ähnliche Gefilde begeben, wie in jene von „Die Pinguine aus Madagascar“. Die Parallelen enden sogar nicht nur mit „Eine animierte Agentenkomödie, in der Vögel zahlreiche zentrale Rollen bekleiden“ – so gibt es auch in beiden Filmen eine rasante Verfolgungsjagd durch Venedig, in der wirre Pläne und irre Gadgets für temporeichen Witz sorgen. Doch während „Die Pinguine aus Madagascar“ sein rasantes Tempo weitestgehend hält und die Trickaction regelmäßig durch kleine, feine Absurditäten (etwa rund um fiese, aber ultraknuffige Kraken) auflockert, ist „Spione Undercover“ dahingehend unausgereift.

Mal überdreht der Film völlig und artet in überfrachtetes, buntes Chaos ohne Hand und Fuß aus, dann kommt es zu einer Fehlschaltung und „Spione Undercover“ drosselt das Tempo radikal, um bemüht auf die Tränendrüsen zu drücken – was aber aufgrund der dünnen Charakterzeichnung und der behäbigen Dialoge in diesen ernsten Momenten völlig schiefgeht. Ebenso ist der thematische Faden defensiver Konfliktlösung in „Spione Undercover“ nicht wirklich durchdacht, und die „Zwei Gegensätze finden zueinander“-Dynamik zwischen Superagent/Taube-wider-Willen Lance und dem naiven Erfinder Walter ist wie am Reißbrett entworfen. Die Stütze von „Spione Undercover“ sind daher die sketchartigen Momente, in denen das Regie-Duo Troy Quane & Nick Bruno Gags auskostet, ohne in Hibbeligkeit auszuarten. Das müssen nicht immer Actionszenen wie oben erwähnte Verfolgungsjagd sein – auch Lances erste Augenblicke im Körper einer Taube gehört zu den Momenten, in denen „Spione Undercover“ cartoonig-kreativen Spaß abfeiert, ohne dabei anstrengend zu geraten oder Pointen enervierend lang auszukosten, so wie es gerade bei Walters verbalen Macken der Fall ist.

Visuell hinkt „Spione Undercover“ der großen Konkurrenz aus den Häusern Walt Disney Animation Studios, Pixar und DreamWorks Animation hinterher, ist aber nach dem ästhetisch halbgaren „Ferdinand“ aus dem Jahr 2017 ein Schritt vorwärts für Blue Sky: Die Figuren sind arm an Textur und oft etwas steif geraten, doch das karikatureske Design ist ansprechend, es gibt eine kräftige Farbregie und die Tauben haben die Dynamik, die eine CG-Actionkomödie benötigt. Zudem setzen Quane und Bruno in einigen Szenen stilisierte, atmosphärische Schatten, die den Look etwas aufwerten, ähnlich wie Theodore Shapiros launiger Score voller Actionreferenzen dem Film auf Klangebene ein paar Pluspunkte gibt.

Aus Feinden werden Freunde…

Fazit: In den besten Momenten dominieren „Spione Undercover“ herrlich skurriler Slapstick und routinierter Meta-Humor vor aufwendig animierter Kulisse. Hin und wieder präsentieren die Macher allerdings zuviel des Guten. Bedeutet: Gerade zu Beginn und Ende des Films sind die Action und knallbunten Farben arg anstrengend und dürften ein junges Publikum gar vollends überfordern.

„Spione Undercover“ ist ab dem 26. Dezember bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.

Ein Kommentar

  • Diesen Gätjen mag ich ja mal überhaupt gar net. Kürzlich bei #kinoplus war er wieder schrecklich. Was für ein eingebildeter Typ. Schade, daß nicht Jan Odle, der reguläre Synchronsprecher von Will Smith, die Rolle übernommen hat. Na dann vielleicht später mal im Originalton auf Netflix.

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