La La Land

Es ist der Favorit auf alle erdenklichen Filmpreise: Nach „Whiplash“ erfindet Regisseur Damien Chazelle mit seiner nostalgischen Musical-Romanze LA LA LAND das Wort „Kinomagie“ neu und macht aus einem Besuch im Lichtspielhaus ein unvergleichliches Erlebnis. Mehr dazu in meiner Kritik.
Der Plot
Die leidenschaftliche Schauspielerin Mia (Emma Stone) und der charismatische Jazzmusiker Sebastian (Ryan Gosling) suchen das große Glück in Los Angeles. Sie halten sich mit Nebenjobs über Wasser und nachdem sich ihre Wege zufällig kreuzen, verlieben sie sich Hals über Kopf ineinander. Gemeinsam schmieden sie Pläne für ihre Zukunft auf der Bühne und genießen den Zauber der jungen Liebe in „La La Land“ – der Stadt der Träume. Doch schon bald müssen Mia und Sebastian einsehen, dass sie Opfer bringen müssen um ihren Träumen näher zu kommen. Kann ihre Beziehung diesem Druck standhalten?
Kritik
Mit 156 Nominierungen und 89 Siegen (darunter der Golden Globe, der Screen Actors Guild Award und der Critics‘ Choice Award) ist „La La Land“ der Favorit der diesjährigen Filmpreissaison. Hinzu kommen ein aktueller Wert von 8,9 in der Internet Movie Database, ein Bewertungsdurchschnitt von 93/100 bei Metacritic sowie 93 Prozent, und damit das Prädikat „fresh“, auf dem beliebten Filmportal Rotten Tomatoes. Alle Welt liebt sie – die Hommage an das (Musical-)Kino der Dreißiger- und Vierzigerjahre, die „Whiplash“-Virtuose Damien Chazelle in einem Feuerwerk aus bis in die Fingerspitzen exzellent inszenierten Tanz- und Gesangschoreographien abbrennt. Mittendrin: das nach „Crazy, Stupid, Love“ endlich wiedervereinte Hollywood-Traumpaar aus Ryan Gosling („The Big Short“) und Emma Stone („Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“). Ihr zufälliges Kennenlernen, das Aufflammen ihrer jungen Liebe, erste emotionale Widersprüche und die schmerzhafte Trennung sind Teil der wohl bittersüßesten Leinwandromanze Hollywoods, die sich obendrein schon jetzt einen Platz in den Annalen der Filmgeschichte gesichert hat. „La La Land“ ermöglicht es uns, hautnah dabei zu sein, wie ein Klassiker geboren wird, der auch noch Jahrzehnte später das Publikum in seinen Bann ziehen und begeistern wird.
Es ist nicht das erste Mal, dass Regisseur und Drehbuchautor Damien Chazelle einen Film mit Musikschwerpunkt inszeniert, der sich anschließend als Kritikerliebling entpuppt. Vor zwei Jahren begeisterte sein sich auf der großen Bühne des Kinos abspielender Durchbruch „Whiplash“ Zuschauer wie Feuilleton gleichermaßen und war bei den die Saison abschließenden Academy Awards einer der großen Abräumer. Miles Teller spielte sich durch seine Rolle als gedrillter Hochklasse-Schlagzeuger direkt in Hollywoods A-Liga und J.K. Simmons wurde für seine Performance als nihilistischer Perfektionist und Musiklehrer sogar mit einem Oscar als „Bester Nebendarsteller“ ausgezeichnet. In „ La La Land“ führt Damian Chazelle seinen genauen Blick für die emotionalen Befindlichkeiten seiner Figuren fort. Dies beginnt schon beim Casting, das der Regisseur mitunter auch auf einer Meta-Ebene für sich sprechen lässt. Dass man Simmons in einer kleinen Nebenrolle erneut als gestrengen Musikpedanten erlebt, kann kein Zufall sein. Genauso, wie sich Emma Stone und Ryan Gosling hier zwar lange schon fernab jedweder Ausbildungsinstitutionen befinden, ihren Platz im Leben allerdings noch längst nicht gefunden haben. Wie bereits in „Whiplash“ geht es auch in „La La Land“ um die Leidenschaft für das, was man liebt, um die Suche nach sich selbst, aber auch um die Schwierigkeit, Privatleben und Karriere zu vereinen. So weit, so ähnlich. Worin sich die beiden Produktionen dann allerdings grundsätzlich unterscheiden, ist die Aufmachung. Mit der bewusst reduzierten Inszenierung der Independent-Produktion „Whiplash“ hat das opulent bebilderte Musical „La La Land“ nämlich nichts zu tun. Stattdessen werden wir nicht bloß Zeuge einer herzzerreißenden Liebes- und Lebensgeschichte, sondern auch von einer Verbeugung vor der Vielfältigkeit des Kinos an sich.
Es dauert nicht lange, bis der optimistisch beginnende „La La Land“ das Publikum in seinen Bann zieht. Schon die Eröffnungssequenz – eine beschwingte Liebeserklärung an die Traumfabrik Hollywoods mit dem Titel „Another Day of Sun – beeindruckt nicht bloß in ihrem Dasein als ohne einen Schnitt auskommende Plansequenz. Die bis ins kleinste Detail genau geplante, dadurch aber doch nie gehemmt wirkende Gesangseinlage, vorgetragen von Dutzenden hoffnungsvollen Sängern und Schauspielern, die sich auf dem Highway in Richtung diverser Castings befinden, besitzt eine Ausdrucksstärke und Lebensfreude, mit der man „La La Land“ nicht treffender beginnen könnte. Noch bevor überhaupt der Filmtitel eingeblendet wird, bekommt das Publikum die Gelegenheit, dieses – im wahrsten Sinne des Wortes – unvergleichliche Flair aufzusaugen. Damien Chazelle und sein Kameramann Linus Sandgren („American Hustle“) legen eine Finesse in die Bildaufteilung und das Szenendesign, die „La La Land“ zu einer atemberaubenden Schönheit verhelfen. Der Film lebt zwar von einer ganz eigenen Bildsprache, kommt dabei allerdings ohne simple Inszenierungsgimmicks aus. Es gibt keinen durchgehend verwendeten Filter, keine gezielten Farbspielereien oder anderweitige Kniffe, mit denen sich ein Film schnell auf ein Design festlegen ließe. Stattdessen lässt Damien Chazelle jede seiner Filmszenen für sich sprechen, lässt seine Hauptfiguren mal vor der atemberaubenden Kulisse eines Sternenhimmels tanzen oder das Ensemble in einer „Der große Gatsby“ ähnlichen Sequenz Party machen. „La La Land“ vereint viele verschiedene, stilistische Ansätze, ist mal melancholisch (was im Englischen nicht ohne Grund auch mit „blue“ übersetzt wird), mal hysterisch, mal romantisch, mal lebensfroh. Und obwohl sich ein Musical – gerade eines mit dem hier dargebrachten, visuellen Bombast – nur schwer lebensnah inszenieren lässt, wirkt „La La Land“ doch nie abgehoben, da sämtliche inszenatorischen Zahnräder ineinander greifen. Damit zeigt Chazelle ganz nebenbei auch, welch vielfältige Möglichkeiten das Medium Kino für seine Zuschauer bereit hält.
Der Regisseur liefert ein bildgewaltiges Spektakel par excellence, das sich nie ausschließlich in Pomp und Effekten verliert, sondern dabei immer die Figuren und ihre Geschichte im Blick behält. Im Kern geht es in „La La Land“ nämlich um die Frage, wie sich die Liebe zwischen der hoffnungsvollen Nachwuchsschauspielerin Mia und dem idealistischen Musiker Sebastian mit der kräftezehrenden Traumfabrik Hollywood vereinen lassen. Damien Chazelle inszeniert die Lovestory in den positiven Momenten als himmelhoch jauchzende, auf eine liebevolle Art kitschige Romanze, passt sich dem Gemütszustand seiner immer überforderter werdenden Protagonisten allerdings an, wenn er „La La Land“ tonal irgendwann umkehrt und zu einem gar nicht mehr so optimistischen, vielmehr melancholischen (nicht schwermütigen!) Liebesdrama macht. Dabei stattet er die beiden Hauptfiguren mit solch liebenswürdig-glaubhaften Schwächen aus, dass das Leinwandgeschehen trotz seines zunächst recht genrekonformen Verlaufs immer realistisch bleibt. Hinzu kommen die großartigen Schauspielleistungen Goslings und Stones, die nicht bloß in den ganz unterschiedlichen Gesangseinlagen exzellent performen, sondern auch zu jedem Zeitpunkt leidenschaftlich miteinander interagieren. Selten hat man ein Leinwandpärchen gesehen, dem man die Liebe füreinander so selbstverständlich abgekauft ab, wie im „La La Land“. Dass Chazelle in den entscheidenden Momenten übrigens doch nicht jenen Weg geht, den man von klassischen Filmromanzen gewohnt ist, macht die Ereignisse vielleicht nicht unbedingt vergnüglicher, lässt sie einem allerdings noch nachhaltiger im Kopf bleiben. Diesen Geniestreich von Film muss man einfach gesehen haben!
Fazit: „La La Land“ ist pure Kinomagie, ein leidenschaftlicher Ritt durch unzählige Jahrzehnte des kinematografischen Zeitgeschehens und eine Hommage an das Genre der Musical-Romanze. So wunderschön, mitreißend, passioniert und gefühlvoll ist Kino nur in den seltensten Fällen – und wieder einmal ist Damian Chazelle dafür verantwortlich, dass ein weiteres Stück Film in die Geschichte eingeht. Nie war ein Must-See verpflichtender!
„La La Land“ ist ab dem 12. Januar bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.
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