Conjuring 4: Das letzte Kapitel

Die „Conjuring“-Reihe hat das Geisterhaus-Kino einer ganzen Generation geprägt – und mit jedem Schreckmoment bewiesen, dass Spuk im Wohnzimmer noch immer am effektivsten ist. Nun soll mit CONJURING 4: DAS LETZTE KAPITEL Schluss sein: Ein Finale, das große Emotionen, vertraute Schockeffekte und ein Wiedersehen mit den wohl charismatischsten Dämonenjägern des modernen Horrorkinos verspricht. 

OT: The Conjuring: Last Rites

Darum geht’s

Eigentlich haben die Warren-Eheleute Ed und Lorraine (Vera Farmiga und Patrick Wilson) mit ihrem Dasein als paranormales Ermittlerteam abgeschlossen. Auch ihre Uni-Vorlesungen zum Thema Paranormale Phänomene haben längst an Popularität verloren. Doch die Hilferufe einer Familie aus West Pittston in Pennsylvania bewegt sie im Jahr 1986 ein letztes Mal dazu, es mit dem Übernatürlichen aufzunehmen: Die Großfamilie Smurl wird seit einiger Zeit von einer unheimlichen Präsenz heimgesucht. Alles beginnt mit einem geheimnisvollen Spiegel, doch mittlerweile manifestiert sich das Böse in vielerlei Gestalt. Als der Dämon ein Opfer fordert, das auch den Warrens bestens bekannt ist, beschließen die beiden, sich der Geschichte anzunehmen und müssen dabei erkennen, dass die Vorkommnisse mehr denn je mit ihrer eigenen Vergangenheit zu tun haben – und mit ihrer Tochter Judy (Mia Tomlinson), die schon länger von immer verstörenderen Visionen heimgesucht wird…

Kritik

Mit der „Insidious“-Reihe sowie dem „Conjuring“-Franchise hauchte Regisseur James Wan („Aquaman“) dem klassischen Geisterhaus-Horror Anfang der Zweitausendzehnerjahre neues Leben ein. Dato lag das Haunted-House-Subgene nahezu brach. Mittlerweile gehört es (wieder) zu den am häufigsten frequentierten im zeitgenössischen Horrorkino. Und es ist ja auch so simpel: Mit „The Amityville Horror“, dem Original von 1979, holte Stuart Rosenberg dato das Grauen in die eigenen vier Wände, ganze drei Jahre, bevor „Poltergeist“ dieses Motiv perfektionierte. Und was ist unheimlicher, als die Vorstellung, dass man selbst zuhause nicht vor der Bedrohung sicher ist? Doch nun soll Schluss sein; zumindest im Hinblick auf das „Conjuring“-Franchise. Daher trägt der vierte Teil auch den Titel „Das letzte Kapitel“. Doch wir alle wissen: Was Geld bringt, wird so schnell nicht eingestampft. Und so lässt sich Wan natürlich eine Hintertür offen, wenn er, wie jüngst in einem Interview behauptet, immer noch an die Umsetzung von „The Crooked Man“ glaubt; Ein weiteres, lange angedachtes Spin-off über eine der zahlreichen Gruselfiguren, die „Conjuring“ mittlerweile hervorgebracht hat. Daher sei diese Prognose gestattet: Das „letzte Kapitel“ wird vermutlich doch nicht das letzte sein. Auch wenn Teil vier die Geschichte rund um Ed und Lorraine Warren zu einem runden Abschluss bringt.

Ed und Lorraine Warren (Patrick Wilson, Vera Farmiga) geben noch immer Vorlesungen an der Uni. Doch kaum einer hört mehr zu.

Was die „Conjuring“-Reihe vielen anderen Horrorserien voraus hat, ist der starke Fokus auf die beiden Hauptfiguren. Und die sind sicherlich vor allem deshalb so interessant und nahbar, weil sie von Vera Farmiga („Der Richter – Recht oder Ehre“) und Patrick Wilson („Moonfall“) schon immer mit voller Inbrunst und Leidenschaft verkörpert wurden. So auch in Teil vier, der nicht nur in seiner ausufernden Länge von 135 Minuten, sondern auch in Aufbau und (überraschender!) Emotionalität in der Tradition von Teil zwei steht. Während Teil eins vor allem eine moderne Form des Gruselhaus-Kinos etablierte, wurde die Fortsetzung zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den eigenen Dämonen der Warrens. Immer unter dem Vorwand, hier würden „wahre Geschichten“ erzählt, was natürlich – genauso wie die echte Geschichte des Warren-Ehepaares – zu hinterfragen ist. Trotzdem ist Teil zwei, auch aufgrund seiner nahezu epischen Ausnahme, der bis dato beste der Reihe. Was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass das in Hollywood so beliebte „Höher, schneller, weiter“-Prinzip für Fortsetzungen hier eben auch den Spaß am schnellen Schock erhöht hat. Und die Warrens sind einem spätestens mit Patrick Wilsons Gitarrenperformance einer Elvis-Ballade richtig ans Herz gewachsen.

„Während Teil eins vor allem eine moderne Form des Gruselhaus-Kinos etablierte, wurde die Fortsetzung zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den eigenen Dämonen der Warrens. Immer unter dem Vorwand, hier würden ‚wahre Geschichten‘ erzählt.“

Gesungen wird in „Das letzte Kapitel“ zwar nicht, aber es werden immerhin Pancakes gebacken. Ein kleines, auf den ersten Blick nichtiges Detail, das allerdings viel über die Warrens aussagt. Anstatt einfach nur in seiner Geisterjäger-Mission die von einem Dämon heimgesuchte Familie Smurl aufzusuchen und hier zu tun, was Geisterjäger eben so tun, nehmen die Warrens ihre Kund:innen immer auch an die Hand, um sie gemeinsam durch diese schwere Zeit zu begleiten und ihnen schließlich das Vertrauen in ein Leben ohne Gruselterror zurückzugeben. Dank Farmiga und Wilson geht das wirklich nahe. Auch die innige Liebe zueinander sowie zu der gemeinsamen Tochter Judy ist zu jedem Zeitpunkt spürbar. Und mehr noch: Auch wenn es „Conjuring 4“ dadurch hin und wieder in die Länge zieht und die Story in konzentrierter Form möglicherweise ein paar Minuten des Leerlaufs eingebüßt hätte, so ist es nur konsequent, dass Judy hier viel Raum eingeräumt wird. Wenn man in eine Geisterjäger-Familie hineingeboren wird, bleibt es nicht aus, dass man selbst irgendwann mit übernatürlichen Erscheinungen konfrontiert wird. Für „Das letzte Kapitel“ bedeutet das eine Art Zweiteilung: Da ist auf der einen Seite das Schicksal der Smurls und auf der anderen Judy, die schon als Kind eine ähnliche Verbindung zum Übernatürlichen verspürt wie auch ihre Mutter. Dass das dreiköpfige Autorenteam rund um Ian Goldberg, Richard Naing (schrieben schon gemeinsam „The Autopsy of Jane Doe“ und „The Nun II“) sowie David Leslie Johnson-McGoldrick („Orphan – Das Waisenkind“) beide Handlungsstränge irgendwann zusammenführt, erklärt sich von selbst. Es wirkt aber auch ein Stückweit gewollt, einer der Plots hätte ausgereicht, um es vielleicht nicht auf 135, wohl aber auf 90 Minuten zu bringen.

Im Haus der Smurls geht Unheimliches vor sich…

So bleibt Regisseur Michael Chaves, der mit „Conjuring 3: Im Bann des Teufels“, „Lloronas Fluch“ und „The Nun“ drei der bislang schwächsten Einträge ins Franchise abgeliefert hat, immerhin viel Zeit, um ein riesiges Best-Of gängiger Haunted-House-Tropes abzufeuern. Völlig vertretbar, wenn man bedenkt, dass „Das letzte Kapitel“ die Reihe ja nun mal abschließen soll. Da ist es zu verschmerzen, sich noch einmal all das im XXL-Format anzuschauen, womit das „Conjuring“-Universum eben berühmt geworden ist. Außerdem hat Chaves für Teil vier merklich an seinen Skills gefeilt. Zwar ließ jeder seiner Filme in manchen Momenten erahnen, dass auch er dazu in der Lage sein könnte, irgendwann mal in James Wans Fußstapfen zu treten; Und der weiß einfach, was Leute sehen wollen, die ein Ticket für einen „Conjuring“-Film lösen. Chaves scheint die Werke seines Vorgängers diesmal ganz genau studiert zu haben und fährt einen Geisterspuk der Extraklasse auf. Natürlich ist all das nicht innovativ: Plötzlich auftauchende Fratzen, dämonische Gestalten in Spiegeln, gezieltes Spielen mit Licht, Schatten und Gegenständen, die sich scheinbar von Geisterhand bewegen: Nichts davon ist neu, aber so wie Chaves es hier vorträgt, ist es einmal mehr äußerst effektiv. Zumal er – zwischen zahlreichen Jumpscares – immer mal wieder Motive stehen lässt, ohne sie direkt mit einem lauten Geräusch aufzulösen. Trotzdem ist „Conjuring: Das letzte Kapitel“ deutlich mehr Geisterbahn- als Elevated-Horror. Aber vom Gegenteil ist vermutlich auch Niemand ausgegangen.

„Plötzlich auftauchende Fratzen, dämonische Gestalten in Spiegeln, gezieltes Spielen mit Licht, Schatten und Gegenständen, die sich scheinbar von Geisterhand bewegen: Nichts davon ist neu, aber so wie Chaves es hier vorträgt, ist es einmal mehr äußerst effektiv.“

Kameramann Eli Born („Companion – Die perfekte Begleitung“) tobt sich in dem verwinkelten Haus der Smurl-Family mächtig aus und nutzt mal mehr, mal weniger naheliegende Elemente, um die Familie langsam in den Wahnsinn zu treiben. Dabei stechen vor allem ein bemerkenswert langes Telefonkabel sowie eine Szene in einer Umkleidekabine visuell hervor; Die eine, weil sie so schön simpel ist. Und die andere, weil das hier und da überstrapazierte Spiegelmotiv hier zur Formvollendung findet (und Erinnerungen an eine der stärksten Szenen aus „Es: Kapitel 2“ wach werden). Der Score von Benjamin Wallfisch („Blade Runner 2049“) ist dagegen vor allem zweckdienlich und könnte sich hin und wieder weniger in den Vordergrund drängen. Trotzdem ergibt sich auch auf technischer Ebene ein rundes Bild. Bis hin zu einem angenehm unzynischen Finale, das rückblickend nochmal auf die Bedeutung der Warrens als die Reihe zusammenhaltendes Herzstück einzahlt. Denn trotz aller Franchise-Höhe und -Tiefen gönnt man es den beiden, dass auch sie endlich all ihre Dämonen hinter sich lassen dürfen.

Hat es das Böse auf Ed und Lorraines Tochter Judy (Mia Tomlinson) abgesehen?

Fazit: „Conjuring 4: Das letzte Kapitel“ erweist sich als würdiger Abschluss der Hauptreihe, auch wenn die Hintertür für weitere Spin-offs längst offensteht. Der Film kombiniert die typischen Haunted-House-Tropes mit einer emotionalen Tiefe, die vor allem durch das starke Zusammenspiel von Vera Farmiga und Patrick Wilson getragen wird. Zwar wirkt die Doppelerzählung aus Smurl-Schicksal und Judys eigener Geschichte stellenweise überladen und etwas zu langgezogen, doch Michael Chaves gelingt es, die Essenz des Franchise einzufangen und visuell eindrucksvoll umzusetzen. Am Ende bleibt ein klassischer, effektiver Spuk, der weniger mit Innovationen als vielmehr mit handwerklicher Routine und spürbarer Liebe zu seinen Figuren überzeugt – und den Warrens einen versöhnlichen Abschied schenkt.

„Conjuring 4: Das letzte Kapitel“ ist ab dem 4. September 2025 in den deutschen Kinos zu sehen.

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