Vaiana 2

Satte sieben Jahre hat es gedauert, bis mit VAIANA 2 die Geschichte der gleichnamigen Abenteurerin weitererzählt wird – und das dank des ebenfalls schon ganz bald in den Startlöchern stehenden Realfilm-Remakes sogar gleich zweimal. Es wird spannend sein, zu sehen, ob ebendieses mehr Mut an den Tag legt, als das einmal mehr hervorragend aussehende Sequel, das die meiste Zeit über vor allem das macht, was schon der Vorgänger getan hat.

OT: Moana 2 (USA 2024)

Darum geht’s

Auf einer ihrer Expeditionen entdeckt Vaiana (im Original Auli’i Cravalho, im Deutschen Lina Larissa Strahl) einen alten Tonkrug, auf dem Abbildungen eines ihr bislang unbekannten Volkes zu sehen sind. Für die abenteuerlustige Seglerin ein Grund, sich einmal mehr auf eine Reise zu begeben, um zu erfahren, wer oder was dahinter steckt. Einer bestimmten Sternekonstellation am Firmament folgend, bricht Vaiana gemeinsam mit Pua, Hei Hei und einem Trio aus drei Begleiter:innen auf, um die Fremde zu erforschen. Doch ein zorniger Sturmgott namens Nalo will dem Quartett einen Strich durch die Rechnung machen. Wie gut, dass die vier ebenfalls einen (immerhin Halb-)Gott auf ihrer Seite haben. Doch Maui (im Original: Dwayne Johnson, im Deutschen: Andreas Bourani) befindet sich selbst gerade in äußerst misslicher Lage…

 

Kritik

Vaiana ist keine Prinzessin! Darauf macht sogar Maui in „Vaiana 2“ augenzwinkernd aufmerksam und spielt damit darauf an, dass die junge abenteuerlustige Seglerin von vielen gern als eine solche bezeichnet wird. Dabei reiht sich Vaiana in die Riege der jungen Disney-Heldinnen ein, die so gar nichts mit dem altmodischen Figurenstereotyp der Disney-Prinzessin zu tun haben. Anstatt der im Happy End ihr großes Glück in ihrem Traumprinzen gefundenen Cinderella, Dornröschen und Arielle gehört Vaiana eher in die „Toughe, selbstbestimmte Mädels“-Kategorie, die sie unter anderem mit der ungestümen Merida, der toughen Elsa aus „Die Eiskönigin“ und der quirligen „Encanto“-Protagonistin Mirabel teilt. Kein Wunder also, dass Vaiana seit Ende des ersten Teils ganz selbstlos die Völkerverständigung für ihren Stamm unternimmt. Schließlich kann es mit ihren Fähigkeiten allein auf hoher See niemand aufnehmen – denn Vaiana hat eine ganz besondere Verbindung zum Meer…

Vor allem das Design des Meeres ist in „Vaiana 2“ einmal mehr atemberaubend.

… dessen visuelle Darstellung zu den ganz großen Qualitäten von „Vaiana“ gehörte. Nun sind seit dem Erfolgsfilm von 2016 satte acht Jahre ins Land gezogen, sodass sich die Wertigkeit der Computeranimation noch einmal um einige Quantensprünge nach vorn bewegt hat. Und wenig überraschend ist auch „Vaiana 2“ optisch eine Augenweide. Disney beweist einmal mehr seinen Stellenwert als einer der CGI-Film-Frontrunner und erschafft erneut eine wunderschöne Ozeanwelt nach polynesischem Vorbild, die sich trotz ihrer wiederkehrenden Motive nie abnutzt. Obwohl zwei Drittel des Films fast ausschließlich auf dem Meer spielen, fallen den Kreativen genügend Dinge ein, um das Setting abwechslungsreich zu gestalten. An den Bildern von „Vaiana 2“ kann man sich auf jeden Fall nicht sattsehen – womit die optische Gestaltung des Films der akustischen ein bisschen was voraushat. Wo der erste Teil gleich mit mehreren Ohrwürmern aufwarten konnte – darunter natürlich Vaianas Smashit „How Far I’ll Go“ und Mauis Popnummer „You’re Welcome“ – benötigt es hier zum ersten Song mit Wiedererkennungswert über eine Stunde. Immerhin machen sowohl der wie ein Schurkensong aufgebaute „Get Lost“ sowie Mauis musikalische Motivationsansprache „Can I get a Chee Hoo“ mächtig Laune. Eine typische Disney-Powerballade fehlt jedoch diesmal.

„Wenig überraschend ist auch ‚Vaiana 2‘ optisch eine Augenweide. Disney beweist einmal mehr seinen Stellenwert als einer der CGI-Film-Frontrunner und erschafft erneut eine wunderschöne Ozeanwelt nach polynesischem Vorbild, die sich trotz ihrer wiederkehrenden Motive nie abnutzt.“

Das gilt leider auch für größere emotionale Ausschläge in der Geschichte. Denn hier kommt einem als Kenner:in von „Vaiana“ doch Einiges bekannt vor. Das debütierende Regie-Trio aus David G. Derrick Jr., Dana Ledoux Miller und Jason Hand hangelt sich dramaturgisch am ersten Teil entlang und ändert eher Details, anstatt eine komplett neue Story zu erzählen. Dass „Vaiana 2“ ursprünglich mal eine TV-Serie werden sollte, merkt man dadurch leider auch an vielen Stellen. Immer wieder kommt das Gefühl auf, dass es kaum um etwas wirklich Wichtiges geht, zumal Vaianas erneuter Aufbruch zu – im wahrsten Sinne des Wortes – neuen Ufern im Vorgänger noch von deutlich größerer Tragweite war. Zwar bekommt Vaiana, neben ihren natürlich wiederkehrenden, tierischen Sidekicks Pua und Hei Hei (die diesmal übrigens deutlich mehr Screentime erhalten), diesmal noch drei weitere Mitreisende zur Seite gestellt. Aber anstatt wirklich neue Impulse in die Handlung zu bringen, bleiben alle drei eher blass und auf einen einzigen Spleen beschränkt: Moni ist ein absoluter Maui-Superfan, der alternde Kele, der eigentlich nur seiner geregelten Gärtnerarbeit nachgehen will, hat auf die ganze Reise so gar keine Lust und die aufbrausende Ingenieurin Loto möchte permanent das Boot verbessern, was in der Regel zu Chaos führt. Schade, dass dieses Trio so unterbelichtet bleibt, auch wenn die Interaktionen zwischen den vier Abenteurer:innen temporeich und an vielerlei Stellen sympathisch und gewitzt ist.

Natürlich dürfen neben Halbgott Maui auch Hei Hei und Pua nicht fehlen.

Als buchstäblich Letzter im Bunde stößt ausgerechnet Maui erst in der zweiten Filmhälfte zur Truppe – und wie nötig das ist, merkt man dem ab hier plötzlich rasant ansteigenden Tempo an. Während insbesondere die erste halbe Stunde von „Vaiana 2“ gleichförmig vor sich hin mäandert, bringt der gleichermaßen von sich selbst wie von Vaiana überzeugte Halbgott endlich Schwung in die Bude. Zwar durchbricht er ein paar Mal zu häufig den ein oder anderen ernsten Moment mit einem kessen Spruch, gleichzeitig sei dies seiner Figur vergönnt. Die Stille nicht aushalten können und immer das Positive in der Situation finden, ist im Falle von Maui nun mal voll und ganz in Character. Trotzdem nimmt es manch einem emotionalen Moment die Tragweite. „Vaiana 2“ ist dadurch – vor allem ab der zweiten Hälfte – zwar kurzweilig und insbesondere im Finale spannend und actionreich, doch das ganz große Drama bleibt hier eher Behauptung. Das können übrigens auch die (vermeintlichen?) Schurkenfiguren nicht in den Film bringen. Während eine von ihnen zwar einen hervorragenden Song vorträgt, aber letztlich kaum etwas zu tun bekommt (immerhin bleibt ihr Charakter angenehm ambivalent), wirkt Vaianas eigentlicher Widersacher wie eine im Finale wie aus dem Hut gezauberte Notwendigkeit.

„Als buchstäblich Letzter im Bunde stößt ausgerechnet Maui erst in der zweiten Filmhälfte zur Truppe – und wie nötig das ist, merkt man dem ab hier plötzlich rasant ansteigenden Tempo an.“

Fazit: „Vaiana 2“ sieht hervorragend aus, hat mindestens zwei Ohrwürmer in petto und bietet vor allem den tierischen Sidekicks deutlich mehr Screentime. Inhaltlich hat die Fortsetzung des Animationshits von 2016 allerdings nicht viel Neues zu bieten, auch wenn die zweite Hälfte deutlich gewitzter und temporeicher ist als die eher langweilige erste.

„Vaiana 2“ ist ab dem 28. November 2024 in den deutschen Kinos zu sehen.

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