Bone Lake

In ihrem vielversprechenden Genre-Mix BONE LAKE setzt Regisseurin Mercedes Bryce Morgan vor allem auf Splatter und Camp, weniger auf echte Spannung. Doch die vorhersehbaren Machtspiele treffen auf spielfreudige Darsteller:innen und handwerklich solide Effekte – genug, um kurzweilig zu unterhalten, aber zu wenig, um wirklich zu überraschen.

OT: Bone Lake (USA 2024)

Darum geht’s

Sage (Maddie Hasson) und Diego (Marco Pigossi), ein Paar aus der Großstadt, fahren zu einem romantischen Wochenende in ein abgelegenes Anwesen am namensgebenden „Bone Lake“. Als sie dort ankommen, treffen sie auf Will (Alex Roe) und Cin (Andra Nechita), ein weiteres Paar, das offenbar dieselbe Unterkunft gebucht hat. Nach anfänglicher Überwindung beschließen alle vier, gemeinsam im Ferienhaus zu bleiben. Doch bald wird klar: Die Doppelbuchung war kein Zufall. Will und Cin entpuppen sich als Manipulateure, die ein perfides Spiel mit Sage und Diego spielen – sie zerren an ihren Beziehungsfundamenten, setzen Versuchungen, Machtspiele und psychologischen Terror ein. Schließlich eskaliert das Ganze in einem blutigen Überlebenskampf, als sich dunkle Geheimnisse und brutale Motive offenbaren.

Kritik

Regisseurin Mercedes Bryce Morgan („Fixaction“) gab in Interviews zu Protokoll, direkt von der „horny quality“ des „Bone Lake“-Drehbuchs überzeugt gewesen zu sein, nachdem sie dieses zum ersten Mal gelesen hatte. Tatsächlich ist in Reviews zum Film immer wieder vom Terminus „Erotik“ zu lesen. Und davon, wie „Bone Lake“ die Genres des Thrillers, Horrors und eben auch der Erotik miteinander verknüpfe. Doch so richtig schlüpfrig respektive sexy wird es am Ende trotzdem nie. Und das, obwohl der Film mit einem splitterfasernackten Pärchen eröffnet. Aber dieses gibt sich eben nicht dem leidenschaftlichen Beischlaf hin, sondern wird stattdessen im Adams-Kostüm mit Pfeil und Bogen durch den Wald gejagt. Es wirkt, als wolle Morgan damit direkt die Marschrichtung vorgeben, die vor allem Nacktheit und Brutalität verspricht; inklusive Close Up auf einen von einem Pfeil durchbohrten Hodensack. Und tatsächlich ist „Bone Lake“ auch immer dann am stärksten, wenn sich Morgan den campy Charme ihrer Geschichte bewusst macht und so richtig schön aufdreht. Was für ein Glück, dass sämtliche Beteiligte vor der Kamera genau zu wissen scheinen, in was für einem Film sie da mitspielen.

Was führt Will (Alex Roe) im Schilde?

„Bone Lake“ bedient zahlreiche Tropes, die wir aus dem jüngeren Genrekino nur zu gut kennen. Vergleiche mit „Speak No Evil“ (oder dessen Remake) liegen natürlich auf der Hand. Auch Spurenelemente von „Barbarian“, „The Rental“, „Funny Games“ und „The Killing of a Sacred Deer“ lassen sich bei näherer Betrachtung finden. In all diesen Filmen geht es um psychologischen Terror, Manipulation und soziale Eskalation – oder um ein aus Versehen doppelt gebuchtes Airbnb. Da kommt nun unweigerlich die Frage auf, ob respektive wie Drehbuchautor Jushua Friedlander („Holly Slept Over“) der bekannten Prämisse neue Facetten hinzufügen kann. Die Antwort darauf lautet: eigentlich gar keine. Inhaltlich spult „Bone Lake“ die aus dieser Grundidee heraus resultierende Versuchsanordnung routiniert ab. Wenn die beiden Paare Sage und Diego sowie Will und Cin aufeinandertreffen, sind die Machtverhältnisse von Anfang an geklärt. Es kommt zu gezielten Manipulationen seitens Will und Cin, die an Sages und Diegos Grundfesten rütteln. Noch bevor es „Bone Lake“ ganz zum Schluss auch verbal noch einmal überdeutlich ausformuliert, ist von Anfang an klar, dass das Gezeigte vor allem auf die Frage abzielt, wie stark die Beziehungen aller vier Personen sind – und darum, woran sich ebendiese Stärke festmachen lässt.

„Es steht nie außer Frage, dass es zu einer Eskalation kommen wird. Insofern ist man von Anfang an empfänglicher dafür, unangenehme Zwischentöne bei Will und Cin zu registrieren. Überraschenderweise kommt ‚Bone Lake‘ trotzdem nie an einen Punkt, an dem sich die Geschehnisse in völliger Unglaubwürdigkeit verlieren.“

Im bereits erwähnten „Speak No Evil“ stellt man sich irgendwann unweigerlich die Frage, wie man wohl selbst in solch einer Situation reagieren würde. Autor Christian Tafdrup entwirft dafür unangenehme, aber nie vollends von der Realität entrückte Szenarien, die einen beim Zuschauen mit der eigenen Menschenkenntnis und dem Verständnis für zwischenmenschliche Grenzen konfrontieren. Wo die einen bereits ab Minute 20 sagen, dass sie die Situation verlassen würden, ist für andere die rote Linie erst nach 35 Minuten überschritten. Jushua Friedlander ist bei „Bone Lake“ nicht so subtil-uneindeutig. Schon allein, weil er ja im Prolog bereits sehr deutlich veranschaulicht hat, auf was für gewalttätige Spitzen man sich im weiteren Filmverlauf noch freuen darf. Es steht also nie außer Frage, dass es zu einer Eskalation kommen wird. Insofern ist man von Anfang an empfänglicher dafür, unangenehme Zwischentöne bei Will und Cin zu registrieren. Überraschenderweise kommt „Bone Lake“ trotzdem nie an einen Punkt, an dem sich die Geschehnisse in völliger Unglaubwürdigkeit verlieren. Alex Roe („Forever My Girl“) und Andra Nechita („The Sex Lives of College Girls“) können ihrem Leinwandpaar einen glaubhaften Charme abgewinnen, in dem Sage und Diego all das zu erkennen glauben, was ihnen in ihrer festgefahrenen Beziehung fehlt. Maddie Hasson („Malignant“) und Marco Pigossi („High Tide“) reagieren in den entscheidenden Momenten angenehm rational. Zumindest an Genremaßstäben gemessen, gab es in den vergangenen Jahren schon deutlich dämlicher agierende Figuren in Ausnahmesituationen.

Cin (Andra Nechita) lockt mit weiblichen Reizen…

Während Letztgenannte zunächst drohen, sich ein bisschen zu sehr auf die duckmäuserischen Aspekte ihrer Charaktere zu konzentrieren, können sich Hasson und Pigossi im weiteren Verlauf aus diesen freischwimmen. Alle vier eint derweil, dass sie alles andere als zurückhaltend aufspielen. Vor allem Wills und Cins Verführungsversuche könnten direkt aus einem Erotikthriller der späten Neunzigerjahre stammen; da fehlt dann nur noch die Schlafzimmermusik im Hintergrund. Doch wie eingangs bereits erwähnt: Abgesehen von einem kurzen Abstecher in ein Erwachsenen-Spielzimmer, eine alles andere als explizite Masturbationsszene in einer Badewanne sowie einer eher träumerisch, denn realistisch dargestellten Sex-Sequenz zwischen Will und Cin steht in „Bone Lake“ dann doch eher die Lust an der Gewalt und weniger an sexuellen Spielereien im Zentrum. Dahingehend löst der Film auf der Zielgeraden genau das ein, was der Prolog eineinhalb Stunden zuvor versprochen hat. All das geht ohne allzu kunstvolle, inszenatorische Sperenzchen vonstatten. Bei einem Budget von gerade mal einer Million US-Dollar ist die Reduktion auf das Wesentliche vollkommen verschmerzbar. „Bone Lake“ sieht trotzdem immer wertig aus, vor allem die haptischen Splatter-Effekte überzeugen. Das genügt, um dem Film insgesamt das Prädikat „unterhaltsam“ zu attestieren. Auch wenn er gern schon etwas früher hätte zum Punkt kommen dürfen.

„Abgesehen von einem kurzen Abstecher in ein Erwachsenen-Spielzimmer, eine alles andere als explizite Masturbationsszene in einer Badewanne sowie einer eher träumerisch, denn realistisch dargestellten Sex-Sequenz zwischen Will und Cin steht in ‚Bone Lake‘ dann doch eher die Lust an der Gewalt im Zentrum.“

Fazit: „Bone Lake“ erfindet das Genre zwar nicht neu, präsentiert seine bekannten Thriller- und Horror-Versatzstücke aber mit sichtbarer Lust am Spiel. Mercedes Bryce Morgan inszeniert routiniert und punktet vor allem dann, wenn sie den campy Ton des Films voll auskostet. Die Darsteller:innen agieren überzeugend und verleihen den Figuren trotz Klischees Glaubwürdigkeit. Inhaltlich bleibt alles vorhersehbar, doch die stimmige Optik und handgemachten Effekte sorgen für solide Unterhaltung. Insgesamt ein kurzweiliger, wenn auch unspektakulärer Genrebeitrag.

„Bone Lake“ ist ab dem 6. November 2025 in den deutschen Kinos zu sehen.

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