F1 – Der Film

Mit Anfang 60 (!) steigt Hollywoodstar Brad Pitt ins Formel-1-Cockpit und mimt in F1 – DER FILM einen alternden Rennstar, der zu später Stunde nochmal die Chance auf den großen Triumph bekommt. Das klingt schon sehr zurechtgebogen, funktioniert als Grundlage für einen mitreißenden Blockbuster aber überraschend gut. Vor allem, weil das technische Drumherum so überragend ausfällt.

OT: F1: The Movie (USA 2025)

Darum geht’s

Sonny Hayes (Brad Pitt) galt in den Neunzigerjahren als aufstrebendes Formel-1-Talent. Doch zu einem Sieg in der höchsten Motorsportrennklasse hat er es nie gebracht. Mittlerweile hält er sich als Gelegenheitsfahrer für diverse Rennsportevents über Wasser. Doch er könnte noch eine späte Chance auf einen Sieg bekommen, als eines Tages sein ehemaliger Kollege Ruben Cervantes (Javier Bardem) an ihn herantritt. Sein eigenes Formel-1-Team APXGP ist angeschlagen und steht dadurch kurz vor der Pleite. Sonny soll’s richten und trainiert fortan mit und gegen seinen jungen Teamkollegen Joshua (Damson Idris), der ein mindestens genauso großes Ego hat wie sein mehrere Jahrzehnte älterer Mitstreiter. Doch aus den Rivalen werden schnell Verbündete und für die Charakterköpfe zählen einzig und allein die Siege für das Team – auch wenn das einfacher ist, als gesagt…

Kritik

Der Preis für den Film mit dem größten Produktionsaufwand geht in diesem Jahr an Regisseur Joseph Konsinski („Oblivion“), seinen Produzenten Jerry Bruckheimer und deren gemeinsames Projekt „F1 – Der Film“. Die Dreharbeiten für den Blockbuster fanden über zwei Jahre hinweg auf echten Formel-eins-Grand-Prix-Kursen statt, noch dazu während der tatsächlichen Rennwochen. Das fiktive APXGP-Team begleitete den Rennzirkus auf insgesamt 14 Stationen, darunter Silverstone, Las Vegas und Abu Dhabi. In den kurzen Zeitfenstern zwischen Training und Qualifying wurden die Rennszenen gedreht.  Für die Aufnahmen kamen optisch an die F1-Autos angelehnte Mercedes-Rennwagen zum Einsatz, die in der Spitze bis zu 250 Stundenkilometer schnell sind. 6000 Meilen davon fuhren die Hauptdarsteller Brad Pitt („Once Upon a Time in Hollywood“) und Damson Idris („Black Mirror“) selbst, nachdem sie sich eines dreimonatigen Intensivkurses unterzogen. Für die authentischen Abläufe des Ganzen sorgte derweil Formel-Eins-Legende Lewis Hamilton in seiner Position als Co-Producer, der darüber hinaus das Skript-Coaching übernahm und maßgeblich an den richtigen Kamera-Positionen beteiligt war. Nur zur Unterstützung, zum Beispiel für das Einfügen zusätzlicher Vehikel auf den Strecken oder historische Rekonstruktion kam CGI zum Einsatz. Aber vom Regisseur des Megahits „Top Gun: Maverick“ hätte man eigentlich auch nichts Anderes erwartet.

Zunächst Rivalen, später Verbündete: Joshua (Damson Idris) und sein Kollege Sonny Hayes (Brad Pitt).

In Sachen „Technische Perfektion“ scheint „F1“ somit schon mal über jeden Zweifel erhaben, noch bevor man den fertigen Film überhaupt gesehen hat. Und man ahnt auch, wo das Budget (er wurde im Vorfeld als „einer der teuersten Filme aller Zeiten“ angekündigt!) hingeflossen ist, wenngleich es zu den tatsächlichen Ausmaßen nur widersprüchliche Aussagen gibt. Während die offiziell kolportierten Kosten mit 200 Millionen US-Dollar beziffert werden, gehen von Branchenblättern und Insidern Schätzungen um, die auf diese Zahl noch rund 100 Millionen drauf setzen. Doch egal ob nun 200 oder 300 Millionen Dollar: Für den Aufwand hat es sich zweifelsohne gelohnt. „F1 – Der Film“ ist nicht nur einer der bestaussehenden, wie für das Produktionshaus Apple typisch aber auch sehr digital anmutende Blockbuster der letzten Jahre. Er fühlt sich in seiner Haptik auch ungemein wuchtig und somit authentisch an. Wenn die Fahrer hier mit über 125 Meilen pro Stunde über die Pisten brettern, wird man als Zuschauer:in regelrecht dazu verleitet, sich krampfhaft an den Kinosesseln festzuhalten. Das von Apple extra für diesen Film entwickelte Kamerasystem aus kleinen, motorisierten 6K-Cams sorgt für atemberaubende Echtzeitaufnahmen aus der Ego-Perspektive. Man spürt einfach diesen ungemeinen Druck auf dem Kessel, der die erzählerische Dringlichkeit eines Sieges (oder wenigstens einer guten Platzierung) zu Gunsten eines Happy Ends zusätzlich unterstreicht. Egal was Brad Pitts Figur hier macht, man drückt ihm unweigerlich die Daumen…

„Anstatt den ziemlich von sich selbst überzeugten Sonny Hayes nämlich zum über alles erhabenen Einzelkämpfer zu machen, etabliert ihn das Skript als überraschenden Teamplayer.“

… auch wenn das gar nicht immer zwingend auf seinen kühnen Rennkünsten fußt. Das von Joseph Kosinski und Ehren Kruger („Top Gun: Maverick“) verfasste Skript setzt nämlich von Anfang an auf einen überraschenden, da nicht ausschließlich von Brad Pitt angeführten Schwerpunkt. Würde man den mit Mitte Fünfzig noch einmal ins Formel-Eins-Cockpit steigenden Rennfahrer nämlich anhand des Marketings charakterisieren müssen, würde wohl kaum jemand eine korrekte Mutmaßung abgeben. Anstatt den ziemlich von sich selbst überzeugten Sonny Hayes nämlich zum über alles erhabenen Einzelkämpfer zu machen, etabliert ihn das Skript als überraschenden Teamplayer, der mit seinem Ego zwar nicht hinterm Berg hält und in seinem hohen Alter schon gern noch einen Sieg in der Rennsaison einfahren würde. Den das Drehbuch aber vor allem im Sinne des Teams handeln lässt, sodass seine ersten „Hoffentlich schafft er das!“-Gedanken provozierenden Aktionen nicht unbedingt erwartbar sind. Setzt Hayes doch während einiger früher Rennen für seinen Teampartner Joshua alle Hebel in Bewegung, um mit haarscharf an der Grenze zur Disqualifikation angesiedelten Fahr- und Crashmanövern sogenannte Safetycar-Phasen zu provozieren. Neutralisierte Abschnitte eines Autorennens, um das Feld nach solchen Vorkommnissen zu verlangsamen und zu kontrollieren. Manöver, die es in der Formel eins übrigens tatsächlich gibt.

Ein Wehrmutstropfen: Der antiquiert wirkende Umgang mit der Frauenfigur Kate (Kerry Condon).

Trotzdem umgibt Brad Pitt seinen Sonny Hayes mit der Aura eines echten Sportsmannes. Das hat zur Folge, dass man allen Beteiligten in den entsprechenden Momenten so sehr die Daumen für ihr Vorhaben drückt, dass man fast vergisst, dass „F1 – Der Film“ in (fast) jeder Sekunde vorhersehbar ist. Obwohl es vor allem eine Szene gibt, die einen durchaus unvorbereitet treffen kann, die rückblickend betrachtet aber dann doch auch einfach kommen muss, damit die für das Genre vorgeschriebene Dramaturgie weiter am Laufen gehalten wird. Man weiß einfach ab der aller ersten Sekunde, mit welchem Motiv die Geschichte wohl enden wird. Und genau so kommt es dann auch. An dieser Stelle ist „F1“ nicht mehr als erzählerischer Durchschnitt, genauso wie es schon „Top Gun: Maverick“ war. Ärgerlich ist das nicht, da das Drumherum so hervorragend funktioniert. Lediglich der Umgang mit der einzigen relevanten Frauenfigur im Film stößt bei näherer Betrachtung sauer auf. Zwar gönnt man der von Kerry Condon („The Banshees of Inisherin“) gespielten Kate einen spannenden Hintergrund, indem man aus ihr die erste weibliche Technikchefin der Formel-1-Geschichte macht. Das spielt ab dem Moment von Sonnys Auftauchen allerdings kaum noch eine Rolle, denn fortan erfüllt sie hauptsächlich den Zweck des von ihm begehrten Love Interests. Dass die Szenen zwischen den beiden nicht vollends im Fremdschammodus ablaufen, ist einzig und allein der tollen Chemie zwischen ihnen zu verdanken.

„‚F1‘ ist nicht mehr als erzählerischer Durchschnitt, genauso wie es schon ‚Top Gun: Maverick‘ war. Ärgerlich ist das nicht, da das Drumherum so hervorragend funktioniert.“

Nicht nur deshalb wirkt „F1 – Der Film“ wie aus der Zeit gefallen. Zwar folgen auch deutlich moderner gedachte Sportfilme bis heute den nahezu ewig gleichen Erzählmustern vom Aufstieg, Fall und Wiederaufstieg. Doch mancherlei Motive haben sich heutzutage einfach überlebt. Das können bestimmte Close-Up-Einstellungen auf ach so überraschte Teamkollegen sein, die klischeehafte Abbildung aufdringlicher Presseleute oder eben das Motiv der über alle Zweifel erhabenen Heldenfigur. Doch hin und wieder setzen die Autoren hübsche Akzente, die ihre Geschichte ein Mü von allzu bekannten Materialien wegbewegen. Der Heroe in „F1“ wird zwar schon ziemlich aufdringlich als Frauenschwarm inszeniert, bei dem die Mischung aus Rückennarben und -Tattoos diesen Eindruck auch visuell untermauert (als ob Brad Pitts Sixpack allein nicht schon ausreichen würde). Doch die Interaktion mit seinen Mitmenschen erweist sich vor allem deshalb als so angenehm, weil in „F1“ eine entscheidende Sache getan wird: nämlich miteinander gesprochen, um Konfliktsituationen aus dem Weg zu schaffen. Insofern wird zu einer Highlightszene dann auch das sich Aussprechen der beiden, zunächst als Rivalen aufgebauten Rennfahrer Sonny und Joshua, die fortan an einem Strang ziehen. Denn schon wieder einen Generationenclash zu fokussieren, an dessen Ende die Message „Die Alten können’s doch am besten!“ steht, braucht es nicht – obwohl einem ja der bisweilen antiquiert erzählte Film genau das zu verstehen gibt.

Brad Pitt gefällt sich sichtbar in seiner Rolle als optischer Leckerbissen.

Fazit: „F1 – Der Film“ ist Blockbusterkino, wie es besser kaum geht. Technisch über jeden Zweifel erhaben, gibt es Schwachstellen einzig und allein auf der allzu bekannten Inhaltsebene auszumachen. Vorausgesetzt, man erwartet von einem Sportfilm tatsächlich mehr als eine Schema-F-Erzählung, an dessen Ende – natürlich – der Richtige gewinnt.

„F1 – Der Film“ ist ab dem 26. Juni 2025 in den deutschen Kinos zu sehen.

One comment

Und was sagst Du dazu?