2017 – Die Plätze 40 bis 31

Es ist vorbei! Zwölf Monate voller verschiedener Filme – satte 318 an der Zahl – so viele wie noch nie zuvor! Die ärgerlichsten, nervigsten und anstrengendsten Vertreter habe ich bereits in meinen Flops abgefrühstückt. Doch ich kann den Jahreswechsel nicht guten Gewissens antreten, ehe nicht auch all jene Filme ausführlich gewürdigt wurden, die mir in diesem Jahr ganz besonders am Herzen lagen. Entsprechend folgen an dieser Stelle und in den kommenden Tagen meine 40 Lieblingsfilme des Jahres 2017, die ich auch diesmal um einen weiteren Vertreter ergänzen musste, da ich mich einfach nicht entscheiden konnte. Und weil das in den letzten Jahren ja immer schon so gut geklappt hat, weise ich nun noch einmal auf Folgendes hin: Hierbei handelt es sich nicht um die aus objektiver Sicht besten Filme des Jahres, sondern ausschließlich um meine ganz persönlichen, vollkommen subjektiv ausgewählten Lieblingsfilme! Doch genug der Theorie! Hier kommen also meine ersten elf Lieblingsfilme aus über 300 gesichteten Produktionen, die zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember hierzulande in Deutschland erschienen sind. Und erstmals habe ich nicht bloß Kinofilme, sondern auch Direct-to-DVD-Produktionen und solche berücksichtigt, die auf Streamingplattformen erschienen sind. Viel Spaß!
40 – Doppelplatzierung
Als wäre es ein Fluch, vergebe ich auch 2017 zweimal den Platz Nummer 40 in meinen Jahrescharts, da ich mich partout von keinem der beiden trennen konnte – und die hier vorzufindenden Filme könnten dann auch noch unterschiedlicher nicht sein. Als erstes geht es um die Kino-Neuauflage meiner liebsten Sketch-Show aus den frühen Nullerjahren: BULLYPARADE – DER FILM. Hierbei handelt es sich wirklich ausschließlich um eine reine Herzensangelegenheit, denn selbst ich als Fan musste mir eingestehen, dass die episodisch erzählte Komödie beim zweiten Mal Schauen nur noch halb so lustig ist. Trotzdem habe ich nicht nur beim ersten Sehen sehr viel gelacht, ich verbinde mit dem Film auch das tollste Interview, das ich je geführt habe und bin nach wie vor sprachlos darüber, wen Regisseur Michael „Bully“ Herbig für sein Leinwand-Comeback alles für große und kleine Gastauftritte gewinnen konnte. Das muss ich einfach würdigen, auch wenn ich jetzt schon zu ahnen glaube, dass die Halbwertszeit von „Bullyparade – Der Film“ nicht allzu groß sein dürfte.
Auf herumblödelnde Comedians folgt in JOHN WICK: KAPITEL 2 ein knallharter Kämpfer in Gestalt von Keanu Reeves, der mir in der Fortsetzung des Action-Überraschungshits von 2014 sogar noch einmal deutlich besser gefallen hat. Ebenjenen Überraschungseffekt, mit dem der Auftakt daherkam, kann das Sequel zwangsläufig nicht mehr bieten. Nun weiß man einfach, was einen bei dem Namen „John Wick“ erwartet. Dafür bietet der zweite Teil noch mehr starke Charaktermomente, herausragend gefilmte Martial-Arts-Choreographien, unter anderem in einem Spiegelkabinett oder in einem finsteren Höhlensystem, und die geheimnisumwitterte Unterwelt erhält noch mehr Profil. Das Spannendste an „John Wick: Kapitel 2“ ist allerdings der fiese Cliffhanger gen Ende, der andeutet, dass uns die Ausmaße der Geschichte noch gar nicht recht bewusst sind. Was für ein Glück für alle Fans, dass ein dritter (und letzter) Teil bereits beschlossene Sache ist. Nach so viel Aufregung widmen wir uns mit dem nächsten Platz einer deutlich spaßigeren Angelegenheit…
39
Da hat sich die von Anfang an umstrittene Neuauflage des Abenteuerfilmhits von 1995 auf den letzten Metern des Jahres also doch noch in meine Jahrescharts gemogelt – herzlich willkommen an JUMANJI: WILLKOMMEN IM DSCHUNGEL, der mir in den vergangenen zwölf Monaten vielleicht nicht das tiefschürfendste, wohl aber eines der unterhaltsamsten Kinoerlebnisse beschert hat. Natürlich kann man über Dinge wie das simple (manche möchten sagen flache) Drehbuch, die oberflächlichen Figuren sowie die grenzwertigen Computereffekte stolpern und sich den Kinobesuch dadurch ordentlich vermiesen lassen. Man kann es aber auch machen wie ich und einfach mal Fünfe gerade sein lassen. Eine ausführliche, weitestgehend nüchterne Betrachtung findet Ihr an altbekannter Stelle. Hier geht es allerdings um meine persönlichen Vorlieben und ich muss mich outen: Ich finde „Jumanji“ witzig, kurzweilig, angenehm harmlos und liebe die Chemie innerhalb des Casts. Da dürften noch einige weitere Sichtungen folgen, auf die ich mich jetzt schon sehr freue!
38
Tatsächlich wusste ich zunächst nicht so recht, was ich mit dem hierzulande ausschließlich auf dem Fantasy Filmfest aufgeführten Teeniedrama SUPER DARK TIMES anfangen soll. Mir schien das Ganze auf den ersten Blick wie ein verzweifelt um Hintersinn bemühter Abklatsch von „Es“, „Stranger Things“ und Co., der ausschließlich auf der Erfolgswelle schauriger Coming-of-Age-Geschichten mitschwimmt. Doch dann habe ich das Regiedebüt (!) von Kevin Phillips ein zweites Mal gesehen und plötzlich sind mir inhaltliche Zusammenhänge bewusst geworden, über die ich zuvor schlicht nicht gestolpert bin. Spätestens die aller letzte Einstellung lässt einen nochmal alles vorher Gesehene rekapitulieren und prompt fühlt man sich so, als würde einen der Film auf einen Schlag verschlingen. Ein so großer Sprung von absoluter Gleichgültigkeit, hin zu purer Begeisterung, ist mir in diesem Ausmaß bislang selten passiert. Schade, dass der Film dem regulären Kinopublikum weitestgehend verwehrt blieb. Das gilt übrigens auch für den Kandidaten der nächsten Platzierung, doch da mittlerweile fast jeder Netflix hat, ist das wohl kein Problem…
37
Erstmals in der Geschichte meines Blogs wurden für die Top- und Floprankings dieses Jahres auch jene Filme berücksichtigt, die hierzulande keinen offiziellen Kinostart erhalten haben – also Direct-to-DVD-Produktionen sowie solche, die ihre Premiere bei Streaminganbietern feierten. Im Falle von Noah Baumbachs THE MEYEROWITZ STORIES (NEW AND SELECTED) ist das allerdings ein echtes Drama, denn auch, wenn die bemerkenswert genau beobachtete Tragikomödie rund um eine dysfunktionale Familie in Cannes noch gefeiert wurde, wanderte sie hier direkt zu Netflix. An der Qualität des Films ändert das natürlich nichts; der „kleine Bruder von Woody Allen“ liefert mit seiner auf dem schmalen Grat zwischen beißender Komik und zynischer Demaskierung balancierenden Momentaufnahme ein herzliches, liebevolles Porträt der gleichnamigen Meyerowitz-Familie ab, die versucht, trotz großer zwischenmenschlicher Defizite zusammenzuhalten. Garniert wird das Ganze mit einem phänomenalen Cast und präzise ausformulierten Dialogen.
35
Nach den ersten Trailern zu CAPTAIN UNDERPANTS – DER SUPERTOLLE ERSTE FILM hatte ich keine Lust auf die Animationskomödie. Und damit meine ich: überhaupt nicht! Null! Mir schien die Geschichte um einen Superheld in Unterhosen einfach nur wie nerviges Kleinkinderprogramm. Bekommen habe ich am Ende allerdings einen Film, der sich nicht einmal annähernd an ein junges Publikum richtet, sondern vor allem jene Zuschauer erfreutt, die in den vergangenen Jahren an solchen Formaten wie „Circus HalliGalli“ oder „Community“ Spaß hatten. „Captain Underpants“ ist nämlich ein Meta-Spektakel der Extraklasse und nimmt die unkonventionelle Heroengeschichte lediglich als Vorwand für allerlei hintersinnigen Schabernack. Es stimmt also: „Captain Underpants“ ist tatsächlich ein supertoller erster Film, von dem ich hoffe, dass er trotz eines durchwachsenden Boxoffice-Ergebnisses noch einige weitere folgen lassen wird. Aber wenn man sich diese und die kommenden Platzierungen so anschaut, merkt man, wie unwichtig mir bei meiner Wahl der Kassenerfolg ist…
35
Bei meinem Platz 35 haben wir es vermutlich mit einem der wichtigsten Filme dieses Jahres zu tun: VERLEUGNUNG. Darin geht es um einen so tatsächlich stattgefundenen Gerichtsprozess, in dessen Zusammenhang eine Buchautorin beweisen muss, dass es den Holocaust tatsächlich gegeben hat, um die Verleumdungsklage eines Holocaust-Leugners gegen sie abzuwenden. Das klingt zwar auf den ersten Blick total absurd (und ist auch nur dann möglich, wenn man in Großbritannien wohnt, wo das Rechtssystem anders funktioniert, als im Rest der Welt), aber ist so nicht bloß wirklich passiert, sondern offenbart angesichts aktueller weltpolitischer Ereignisse sowie dem Trend zu Fakenews und Co. auch eine schreckliche Aktualität. Darüber hinaus kombiniert Regisseur Mick Jackson die Brisanz des Themas mit einer enorm kurzweiligen Inszenierung, sodass sich „Verleugnung“ nicht so anfühlt, als würde er permanent mit dem Zeigefinger auf Missstände hinweisen, sondern die Botschaft ganz nebenbei an den Zuschauer herantragen. Damit wirkt sie doch direkt noch länger und intensiver nach.
34
Gleich mehrere Filme haben sich in diesem Jahr des Themas Tod und Trauerbewältigung angenommen – und zwei von ihnen kommen in meinem Topranking vor! Den Anfang mach David Lowerys A GHOST STORY, der nur auf den ersten Blick anmutet, wie ein Horrorfilm. Doch viel mehr ist er für mich das, was wohl dabei herausgekommen wäre, hätte sich Kinopoet Terrence Malick an einem Gruselfilm versucht. Lowery setzt auf assoziative Situationen, wenig Dialog und die Kraft seiner ausdrucksstarken Bilder, wenn das Publikum eineinhalb Stunden lang ein Gespenst dabei beobachtet, wie es wiederum seiner hinterlassenen Freundin dabei zuschaut, wie sie vor Kummer fast zerbricht. Doch Lowery schafft es gleichermaßen, vorsichtigen Humor in seinem Film unterzubringen, schildert außerdem die klassischen Haunted-House- und Poltergeist-Motive einmal aus einem anderen Blickwinkel und schafft es bei aller Melancholie, den Zuschauer am Ende mit einem positiven Gefühl aus dem Kino zu entlassen. Darauf muss man sich einlassen und das wird sicher nicht jedem zusagen – ich habe mich allerdings sehr in das Gespenst mit den großen Augen verliebt!
33
Anfang des Jahres dürfte kaum einer die französische Tragikomödie DER WEIN UND DER WIND auf dem Schirm gehabt haben – und angesichts der erwartungsgemäß schwachen Zuschauerzahlen am Ende wohl auch nicht. Aber immerhin hier soll die zurückhaltend erzählte, traumhaft bebilderte Geschichte um drei Geschwister, die nach dem Tod ihres Vaters über den Verbleib des gemeinsamen Weinguts nachdenken müssen, angemessen gewürdigt werden. Während andere Familiengeschichten dieser Art sonst nur zu gern auf große Gesten, viel Gekeife und unterschwellig angestaute Feindschaften setzen, geht Regisseur Cédric Klapisch hier deutlich subtiler vor. Nach dem Rhythmus der vier Jahreszeiten verfolgt er die Geschwister ein Jahr dabei, wie sie sich mit der neuen Situation arrangieren, den Weinanbau und sich selbst ganz neu entdecken und schließlich gereift aus diesem schwierigen Lebensabschnitt hervorgehen. Ein melancholischer, jedoch nicht minder wunderschöner Film, der ganz ohne Klischees auskommt und sich auf die leisen Töne verlässt.
32
Ich habe für die „Planet der Affen“-Reihe schon immer deutlich mehr nüchternen Respekt als Leidenschaft aufbringen können. Mit dem Trilogie-Abschluss PLANET DER AFFEN: SURVIVAL hat es Regisseur Matt Reeves allerdings geschafft, mich auch endlich emotional mit ins Boot zu holen – eben ganz ohne Effektspektakel und Kriegsgetöse. Ersteres stimmt nicht so ganz, denn die Motion-Capture-Technik, mit deren Hilfe menschliche Schauspieler via Computer zu leibhaftigen Affen umgewandelt werden, ist einer der besten Effekte des vergangenen Kinojahres. Doch das alles wäre ohne einen Andy Serkis nicht möglich, der den Anführer Ceasar auf seinem letzten Weg in Richtung Freiheit verkörpert. In einer tiefschürfenden Performance präsentiert uns der passionierte Motion-Performer die Leidensgeschichte eines Wesens, das sich nichts sehnlicher wünscht, als Frieden. Das Ergebnis ist ein an „Schindlers Liste“ erinnerndes Kriegsdrama, das existenzielle Fragen über unser aller Leben, den Wert von Krieg und die Wichtigkeit des Zusammenhalts stellt, bei denen es am Ende keinen Gewinner geben kann – außer den Zuschauer!
31
Die schwedische Kunstsatire THE SQUARE ist einer von mehreren Filmen aus dem vergangenen Jahr, von dem ich zu Beginn nicht erwartet hätte, dass er mir am Ende so zusagen würde. Immerhin dauert die Geschichte über die skurrilen Eskapaden eines Museumskurators nicht bloß satte zweieinhalb Stunden, sondern stammt obendrein von dem Regisseur des prätentiösen Familiendramas „Höhere Gewalt“. Wie gut, dass ich immer aufgeschlossen ins Kino gehe, denn sonst wäre mir dieser zum Brüllen komische Film noch entgangen, der genau meinen Geschmack trifft, wenn es darum geht, die Idiotie vermeintlich ach so kluger Menschen zu demaskieren. Viele Szenen in „The Square“ ließen sich sogar ohne die Geschichte drum herum als einzelne, ausdrucksstarke Sketche aufführen und würden trotzdem nichts an ihrer Wirkung einbüßen – und dann ist da ja noch Hauptdarsteller Claes Bang, der mir einfach so den Kopf verdreht hat. Ich würde sagen: Nach diesem starken Auftakt wird es umso spannender, zu sehen, was sich auf den Plätzen 30 bis 21 breit gemacht hat…
In den nächsten Tagen geht es hier weiter mit den Plätzen 30 bis 21…