Stromberg – Wieder alles wie immer

Wenn Bernd STROMBERG zurück ins Rampenlicht stolpert, ist WIEDER ALLES WIE IMMER zugleich Versprechen und Warnung. Der Film liefert schmerzhaft ehrliche Bürowahrheiten – und zeigt, dass die wahren Überraschungen längst nicht mehr vom Chef kommen. Ein Comeback, das mehr trifft, als dass man lachen möchte.

OT: Stromberg – Wieder alles wie immer (DE 2025)

Darum geht’s

Viele Jahre nachdem die alten Bürokolleg:innenen auseinandergegangen sind, soll ein luxuriös inszeniertes TV-Wiedersehen aller ehemaligen Mitarbeitenden — darunter Berthold „Ernie“ Heisterkamp (Bjarne Mädel), Ulf Steinke (Oliver Wnuk), Tanja Steinke (Diana Staehly) sowie Jennifer Schirrmann (Milena Dreißig) — vor laufenden Kameras stattfinden. Was zunächst wie ein nostalgisches Klassentreffen mit Erinnerungen an alte Zeiten wirkt, entwickelt sich schnell zu einem explosiven Aufeinandertreffen von alten Verletzungen und unausgesprochenen Konflikten. Während Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst) sich kaum verändert hat, bemühen sich die anderen um ein „möglichst normales Leben“. Doch mit den Menschenmassen vor dem Fernsehstudio, die wahlweise für oder gegen Bernd Stromberg protestieren, fangen die Probleme erst richtig an…

Kritik

„Wieder alles wie immer“ klingt eigentlich nach dem fairsten Deal, den man an der Kinokasse derzeit abschließen kann. Die Kultfigur Bernd Stromberg, ihres Zeichens der schlimmste Chef der Welt (und doch eigentlich nur Projektionsfläche für zahlreiche Menschen da draußen, die mit dem Mann vielleicht doch mehr gemeinsam haben, als es ihnen lieb ist), ist zwar schon satte 21 Serien- und Filmjahre alt. Doch die bewusst überspitzte Karikatur eines unfähigen, selbstgefälligen und sozial inkompetenten Bürochefs hat sich bereits in politisch inkorrekte Nesseln gesetzt, da war die Gesellschaft längst noch nicht so dafür sensibilisiert, was eigentlich alles darunter fällt. So eine sexistische, rassistische und häufig auch einfach nur geschmacklose Figur noch ein (letztes?) Mal in die Gegenwart zu transportieren, wirkt regelrecht wie eine Einladung. Zumal „Stromberg“ längst auch die „Generation TikTok“ und somit die Nachfolge-Generation abgeholt hat, die die Serie nicht mehr als Quotengarant von und auf ProSieben kennt.

Ernie (Bjarne Mädel), Stromberg (Christoph Maria Herbst) und Jennifer (Milena Dreißig) treffen sich nach vielen Jahren wieder.

Ein bisschen erinnert die Idee für den filmischen Aufhänger an das 2012 erschienene Sequel „American Pie – Das Klassentreffen“ der beliebt-frivolen College-Comedyserie, die Anfang der Zweitausenderjahre für zahlreiche zitatwürdige Szenen und Sprüche sorgte. Der Reiz liegt darin, zu ergründen, was aus den mehr oder weniger lieb gewonnenen Charakteren eigentlich geworden ist. Und zumindest an der Front löst der neue „Stromberg“-Film seinen Beititel vollends ein. Was die Hauptfigur angeht, ist tatsächlich wieder alles wie immer. Und genau das ist auch der größte Schwachpunkt, denn ausgerechnet diese wird in der Geschichte zur am wenigsten spannenden Figur. Einfach, weil man mit ihr bereits so viele Höhen und Tiefen erlebt hat, dass einen keinerlei Worte und Taten noch wirklich schockieren können. Bernd Stromberg reißt weiterhin seine Mobbing- und Sexismus-Jokes mit nach wie vor hoher Trefferquote. Vor allem in Sachen detaillierter Alltagsbeobachtung hat Regisseur Arne Feldhusen („Magical Mystery“) seine ohnehin bereits vorhandenen Kompetenzen noch einmal ein gutes Stück erweitert. Immer wieder fängt die Kamera nahezu beiläufig das Verhalten der Figuren ein, wenn die gerade nicht davon ausgehen, beobachtet zu werden. Da zwickt mal eine Leder-Leggins oder es juckt zwischen den Pobacken – die Kamera hält beiläufig drauf, selbst mit dem Risiko, dass solche Szenen im Hintergrund eher untergehen.

„Die Ehe zwischen Ulf und Tanja hängt nur noch an einem seidenen Faden, sodass die beiden selbst für ihren Adoptivsohn Marvin keinen Blick mehr haben. Und dass ausgerechnet Berthold „Ernie“ Heisterkamp endlich eine gewisse Würde zugesprochen bekommt, ohne ihn zu einer in Gänze neuen Figur zu machen, fühlt sicher verdammt richtig an.“

Ganz im Gegensatz zu Bernd Stromberg selbst ist bei den zahlreichen Nebenfiguren eben nicht alles wie immer. Und genau das ist es auch, woraus der Film seine großen Stärken zieht. Aus Jennifer „Schirmchen“ Schirrmann ist eine zutiefst tragische Figur mit dauerhaft gebrochenem Herzen und Alkoholikerinnentendenzen geworden. Die Ehe zwischen Ulf und Tanja hängt nur noch an einem seidenen Faden, sodass die beiden selbst für ihren Adoptivsohn Marvin keinen Blick mehr haben. Und dass ausgerechnet Berthold „Ernie“ Heisterkamp endlich eine gewisse Würde zugesprochen bekommt, ohne ihn zu einer in Gänze neuen Figur zu machen, fühlt sich nicht nur Dank der Sensibilisierung für das Thema Mobbing und Ausgrenzung verdammt richtig an. Mit all diesen Charakteren leidet man in „Stromberg – Wieder alles wie immer“ buchstäblich mit. Denn deutlich mehr als in der Serie sowie im ersten Kinofilm fühlt sich all das Gezeigte hier häufig ziemlich niederschmetternd an. Zum einen im Hinblick auf die Schicksale der Figuren. Es fällt einmal der Satz: „Es fühlt sich an, wie ein Klassentreffen. Nur dass alle sitzen geblieben sind.“ – Besser könnte man die Situation nicht zusammenfassen.

Auch wenn er es nicht zugeben möchte, hat Ulf den Humor seines Ex-Chefs schon ein bisschen vermisst.

Zum anderen ist aber auch der Blick auf das aktuelle Zeitgeschehen schmerzhaft, real und schmerzhaft real. Der von László Branko Breiding („Trauzeugen“) wunderbar ätzend gespielte Influencer Julian wirkt im ersten Moment wie ein nerviges Anhängsel der nach wie vor Pech in der Liebe habenden Schirmchen. Die sich unrund und bisweilen unangenehm anfühlende Beziehung zwischen den beiden trägt darüber hinaus maßgeblich zu ihrer fortwährenden Charakterisierung bei. Vor allem aber zeigt Julian dem Publikum, dass jede Generation ihre Bernd Strombergs hat. Nur dass diese heute nicht mehr in Anzug und Krawatte herumlaufen und in Büros ihr Unwesen treiben müssen. Ein Narzisst kann jeder sein. Hier ist es eben ein mittelpunktsüchtiger Influencer ohne Taktgefühl  Dass man diesen Menschen wohl einfach nicht entkommen kann – egal, wie sehr man sich um sein eigenes Wohlbefinden bemüht und klare Grenzen zieht – ist wohl einer der frustrierendsten Gedanken, mit denen uns der zweite „Stromberg“-Film aus dem Kinosaal entlässt. Und eben nicht mit dem Mantra: „Heutzutage darf man aber auch wirklich gar nichts mehr sagen!“.

„Doch einen großen Wehmutstropfen gibt es im finalen Drittel schließlich doch noch. Dann nämlich, wenn man den Eindruck gewinnt, Husman hätte Bernd Stromberg im Eilverfahren noch einen Sinneswandel andichten wollen. Vollidiot bleibt Vollidiot – doch im Finale überschreitet das Skript mit großem Fuß die Grenze hin zum Mitleid.“

Dass dem natürlich nicht so ist, zeigt sich allein schon daran, dass Autor Ralf Husman („Stromberg – Der Film“) seinem aus der Serie bekannten Humor vollends treu bleibt. Wieder einmal hat er seinem Ensemble die One-Liner auf den Leib geschrieben, den meisten von ihnen charakterliche Weiterentwicklungen ermöglicht und die zwischenmenschlichen Dynamiken eines solchen Wiedersehens famos eingefangen. Doch einen großen Wermutstropfen gibt es im finalen Drittel schließlich doch noch. Dann nämlich, wenn man den Eindruck gewinnt, Husman hätte Bernd Stromberg im Eilverfahren noch einen Sinneswandel andichten wollen. Vollidiot bleibt Vollidiot – doch im Finale überschreitet das Skript mit großem Fuß die Grenze hin zum Mitleid. Etwas, was der Serie nie passiert ist. Hier entstanden die Anflüge von Mitgefühl mit Bernd Stromberg beiläufig und waren frei auslegbar. In „Stromberg – Wieder alles wie immer“ fühlt sich das, was sich ansonsten so organisch ergeben hat, fokussiert und konstruiert an. Dabei fasst es Tanja in einem Moment doch so schön zusammen: „Finden wir Stromberg jetzt gut, oder finden wir ihn schlecht?“. Dass Ralf Husmann und Arne Feldhusen diese Frage nach wie vor nicht vollends beantworten wollen, steht immerhin ganz im Zeichen dessen, wie mit Bernd Stromberg einst alles begann.

Auf einmal ist „der Papa“ weg…

Fazit: Trotz seiner humorvollen Spitzen und treffsicheren Alltagsbeobachtungen wirkt der neue „Stromberg“-Film vor allem dann stark, wenn er den Nebenfiguren Raum für echte Entwicklung gibt, während die Hauptfigur selbst überraschend statisch bleibt. Gerade dieser Kontrast verleiht dem Wiedersehen eine unerwartete Schwere. Doch auch wenn das Finale nicht wirklich geglückt ist, überzeugt der Film insgesamt als bitterkomische Momentaufnahme unserer Zeit.

„Stromberg – Wieder alles wie immer“ ist ab dem 4. Dezember 2025 in den deutschen Kinos zu sehen.

2 comments

  • Hallo liebe Antje, ich bin vor über 2 Jahren über diese Website gestolpert und verfolge sie seitdem mit großer Begeisterung. Mein innerer Monk zwingt mich zu sagen, dass es eigentlich Wermutstropfen heißt (so der kleine Tropfen Bitterkeit, der das Gesamterlebnis unerfreulich macht und nicht Wehmutstropfen), aber ich möchte das als Anlass nehmen mich zu bedanken für deine tollen Rezensionen hier und die schönen Filmabende im Kino, die ich dir verdanke.
    Und ich wünsche dir eine fantastische Advents/Weihnachtszeit.

    • Hallo zurück! Ganz lieben Dank für deine sehr netten Worte und die Anmerkung zu diesem fiesen Wort, bei dem ich immer wieder ins Schwimmen gerate. Ist auch der Tagesform geschuldet, ob ich es richtig oder falsch schreibe. Aber ich glaube, ab sofort werde ich es mir merken können. 🙂 Dir auch eine schöne Weihnachts- und Adventszeit!

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