The Interview

Fast wäre sie uns allen verwährt geblieben: THE INTERVIEW, die neue Komödie mit Seth Rogen und James Franco. Die Politgroteske erzählt von zwei Journalisten, die die Möglichkeit bekommen, ein Interview mit dem koreanischen Diktator Kim Jong-un zu führen und von der CIA schließlich beauftragt werden, ihr Stelldichein dort zu nutzen, um den Tyrann um die Ecke zu bringen. Das alles hat wenig mit politischer Satire zu tun, ist aber durchaus gelungen. Denn wer den Humor der Komiker und besten Freunde kennt, der weiß, worauf er sich einlässt. Allen anderen sei ein großer Bogen um die Brachialcomedy ans Herz gelegt. Mehr zum Film in meiner Kritik.

The Interview

Der Plot

Dave Skylark (James Franco) ist der König der Star-Interviewer und der Moderator der erfolgreichen Late Night Talk Show „Skylark Tonight“. Der kluge Kopf hinter Daves Imperium ist sein Produzent und bester Freund Aaron Rapoport (Seth Rogen). Doch Aaron fühlt sich mit seiner Arbeit unterfordert und sehnt sich danach, etwas Bedeutsames zu tun. Er bekommt die Chance seines Lebens, als es ihm gelingt, für Dave ein Interview mit Kim Jong-un zu vereinbaren, dem mysteriösen und rücksichtslosen Diktator des nuklearbewaffneten Nordkorea. Kurz vor ihrer Abreise nach Nordkorea, nimmt die CIA Kontakt zu Dave und Aaron auf und bittet sie, Kim zu ermorden. Sie nehmen die Mission an und werden zu den zwei am schlechtesten qualifizierten Männern aller Zeiten, die je den Auftrag hatten, den gefährlichsten Mann der Welt zu töten – oder zu interviewen…

Kritik

Das Filmjahr 2014 endete mit einem Medienskandal, der noch lange bis in die nächsten Dekaden seinesgleichen suchen wird. Hollywoodriese Sony Pictures wurde im Dezember des vergangenen Jahres Opfer einer beispiellosen Cyberattacke. Die sich als Politsatire verkaufende Brachialcomedy „The Interview“ verärgerte den im Film zur Zielscheibe auserkorenen Nordkorea-Diktator Kim Jong-un wohl so sehr, dass dieser die besten Hacker seines Landes beauftragte, um die Veröffentlichung des kontroversen Streifens mit allen Mitteln zu verhindern. Die Folge: Wenige Tage vor dem anvisierten Starttermin erhielt Sony eine Drohung, welche den geplanten Kinostart auf Eis legen und eine noch lange nachhallende, kontroverse Diskussion um künstlerische Freiheit und Zensurbedingungen lostreten würde. Selbst der US-amerikanische Präsident Barack Obama schaltete sich ein und äußerte sich kritisch zu den Taten Sonys, sich auf die Forderungen der Erpresser eingelassen zu haben, die Anschläge auf alle Kinos androhten, in denen „The Interview“ aufgeführt werden sollte. Denn denkt man einmal über die weitreichenden Folgen einer solchen Entscheidung nach, so kommt man doch ins Grübeln: Kann man Terroristen wirklich eine solche Macht einverleiben, darüber zu entscheiden, wie weit Meinungsfreiheit und künstlerischer Wert in der westlichen Welt gehen dürfen? Oder aber steht vielleicht tatsächlich das Persönlichkeitsrecht des machtgierigen Diktators im Mittelpunkt, sodass die Macher Evan Goldberg und Seth Rogen an manchen Stellen einfach ein wenig über die Strenge geschlagen sind?

The Interview

So ganz lassen sich derartige Fragen zum jetzigen Zeitpunkt wohl vor allem deshalb nicht beantworten, weil die schuldhaften Cyberkriminellen bislang nicht dingfest gemacht werden konnten. Zwar gab die CIA zu, die Attacken seien tatsächlich aus Nordkorea gekommen, doch eine direkte Bestätigung gab es bislang noch nicht. Immerhin: Die Sache mit der geplatzten Veröffentlichung wurde in den USA schnell auf Eis gelegt. Nachdem „The Interview“ in Übersee zunächst nur als Video on Demand zugänglich gemacht wurde, entschied man sich kurz vor dem Jahreswechsel dazu, den Streifen wenigstens limitiert in die dort ansässigen Lichtspielhäuser zu bringen. Dieser Umweg in der Veröffentlichungspolitik hatte leider zur Folge, dass Evan Goldbergs und Seth Rogens zweite Regiearbeit mit einem Verlust von ganzen 30 Millionen Dollar zu rechnen haben wird. Es sei denn, „The Interview“ erweist sich – wenig überraschend – als Kassengold im Heimkinosegment, was angesichts der nervenaufreibenden Vorgeschichte durchaus möglich ist. Nun können die Macher zeitgleich zur US-amerikanischen DVD- und Blu-ray-Auswertung Ende Februar aber auch immer noch auf die Europäer hoffen, denn nach kurzzeitiger Unsicherheit, ob die rigorose Streichung aus dem Kinokalender auch Auswirkungen auf das Ausland haben würde, steht nun fest: „The Interview“ kommt! Und damit ein Film, für den der ganze Veröffentlichungs-Hickhack kaum bessere Werbung sein könnte, denn wie schon „Das ist das Ende“, ebenjene Komödie, mit welcher Goldberg und Rogen 2013 ihr Regiedebüt gaben, ist auch ihr neuester Streich zwar durchaus ambitioniert, kreativ und schlicht urkomisch. Doch mit tiefsinnigen Pointen, geschweige denn ernst zu nehmender Politsatire hat man es in diesem Fall nicht zu tun.

Gewiss: „The Interview“ geht mit der Thematik des Mordanschlags wahrlich nicht zimperlich um und gibt den nordkoreanischen Diktator mit Genuss der Lächerlichkeit preis. Stein des skandalösen Anstoßes stellt indes wohl eine Szene, in welcher Kim Jong-un im Rahmen einer Explosion – im wahrsten Sinne des Wortes – sein Gesicht verliert. Noch ist nicht klar, inwiefern hierzulande die Schere angesetzt werden muss, um dieses Filmhighlight zu entschärfen. Doch mit diesem finalen Kniff geht man in Sachen Brachialität bereits in die Vollen. Ansonsten konzentrieren sich die Macher nämlich vornehmlich auf ihren Einfallsreichtum, wenn es darum geht, den Haudraufhumor der Blödelbarden Franco und Rogen mit den politisch sehr fragwürdigen Regierungsmethoden Kim Jong-uns zu kombinieren. Dabei nehmen die befreundeten Komiker kein Blatt vor den Mund. Mal ist der Anus des Diktators ihr fragwürdiges Objekt der Begierde, dann zeichnen sie Kim Jong-un als verweichlichtes Vaterkind mit Ödipus-Komplex, das Katy Perry hört und es wild mit Prostituierten und Nackttänzerinnen treibt. Das ist alles reichlich „unsatirisch“, aber komisch ist diese kompromisslose Farce allemal. Auch deshalb, weil Rogen und Franco in jeder Szene so weit gehen, wie es ihnen gerade beliebt. Da darf im Anbetracht einer Szene, in der Rogen ein dildoförmiges Etwas dort versteckt, wohin die Sonne niemals scheint, schon gern einmal die Nase gerümpft werden – um über die Grenzen des guten Geschmacks zu streiten, ist ein Kinobesuch von „The Interview“ vielleicht nicht unbedingt der richtige Schauplatz.

The Interview

Doch es sind eben nun mal die beiden besten Freunde Seth Rogen und James Franco, dank derer „The Interview“ keine vollends geschmacklose Kalauerparade wird, sondern ein darüber hinaus sehr herzliches Vergnügen, bei dem auch die Interaktion der beiden Vorzeigekomiker im Mittelpunkt steht. Diese außen vor gelassen, hat die Komödie besonders in den treffsicher pointierten Cameo-Auftritten diverser Hollywoodstars und Musiker ein besonders sensibles Händchen und lässt den einen oder anderen A-Promi gewitzt mit ihrem Image kokettieren. Unter den Hauptfiguren beeindrucken derweil besonders zwei Leute: Da wäre zum einen Lizzy Caplan („Die Hochzeit unserer dicksten Freundin“), die als sexy CIA-Agentin mit ihrem Image als süßes Mädchen spielt. Zum anderen begeistert Randall Park („Sex Tape“), der den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un genau so gibt, wie ihn sich jeder Außenstehende wohl vorstellt. Das trifft sowohl auf die Darstellung zu, die den Mann als öffentliche Person zeigt, doch auch hinter den Kulissen wähnt man sich in einer ziemlich realistischen Szenerie, und seien die Taten Jong-uns noch so kurios.

Fazit: „The Interview“ ist keine Politsatire, sondern eine mutige Goldberg-Rogen-Komödie ohne Kompromisse, die mit der absurden Szenerie spielt und nie den Anspruch hat, ernsthaft zum Nachdenken anzuregen. Das macht einerseits Spaß. Andererseits offenbart gerade die gewiefte Eröffnungsszene (Stichwort: Gesangsdarbietung), dass hier weitaus mehr Potenzial drin gewesen wäre.

„The Interview“ ist ab dem 5. Februar bundesweit in den Kinos zu sehen.

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