Alles ist Liebe

Der deutsche Regisseur Christian Goller versucht sich mit seiner Ensemblekomödie ALLES IST LIEBE an einer Neuninterpretation des holländischen Filmes „Alles is liefde“, während das Marketing vermittelt, man hätte es hier mit einem indirekten Nachfolger von „Tatsächlich… Liebe“ zu tun. Alles nicht ganz richtig. Denn das hier macht weder Spaß, noch lädt es zum Mitfühlen ein. Meine Kritik zum misslungenen Weihnachts-Episodenfilm lest Ihr hier.
Der Plot
Weihnachten steht vor der Tür, und alle haben Ärger mit der Liebe: Kiki (Nora Tschirner) sehnt sich nach dem Mann fürs Leben, und als er endlich vor ihr steht, kann sie ihn nicht leiden. Klaus (Friedrich Mücke) weiß nicht, ob er seinen Viktor (Christian Ulmen) heiraten soll, Kerem (Fahri Yardim) versucht seine Familie vor dem finanziellen Ruin zu retten, Hannes (Wotan Wilke Möhring) will seine Clara (Heike Makatsch) zurück, die ihm die Affäre mit der Grundschullehrerin aber einfach nicht verzeihen kann, und Martin (Elmar Wepper) sucht nach der Frau, die er einst verlassen hat. Und dann sind da noch die Sache mit dem Weihnachtsmann, ein verschwundenes Kaninchen, verzweifelte Kinder und der ganz normale Wahnsinn der Vorweihnachtszeit. Über all dem schönen Chaos schweben große Fragen: Wir alle wollen Liebe, aber wie liebt man wirklich? Was passiert dann? Und ist dieses Weihnachten überhaupt noch zu retten?
Kritik
Um einen Film für sich allein stehend zu bewerten, nutzt ein Kritiker gern ähnlich gelagerten Stoff, um diesen mit dem zu rezensierenden Projekt in Qualität und Ausführung zu vergleichen. Das ist manchmal angebracht. Etwa dann, wenn es sich bei dem jeweiligen Streifen um eine Fortsetzung, ein Remake oder jedwede andere Form der Neuinterpretation handelt, die sich dem Vergleich mit der Urfassung respektive dem Vorgänger zwangsläufig stellen muss, um in vollem Umfang bewertet werden zu können. Dann wiederum sind es allenfalls inszenatorische Ähnlichkeiten oder einzelne Storyfragmente, die den professionellen Betrachter an einen bereits gesehenen Film erinnern und es ihm so nahelegen, beide Filme miteinander konkurrieren zu lassen. Die Verfasserin dieser Zeilen lehnt derartige Film-Battles ab, sofern diese denn aus dem Nichts kommen. Im Falle des komödiantischen Ensemblestücks „Alles ist Liebe“ erhebt Regisseur Christian Goller („Frau Ella“) allerdings nahezu den Anspruch darauf, dass sein Weihnachts-Episodenfilm Erinnerungen an den immerwährenden Klassiker „Tatsächlich… Liebe“ wach werden lässt. In einzelnen Punkten ist ihm dies sogar gelungen. Goller besetzte nicht bloß eine Schlüsselrolle seines Films mit Heike Makatsch, die in „Tatsächlich… Liebe“ bereits eine solche spielte, auch sämtliche Werbemittel wie Trailer oder Plakate erinnern von der Gestaltung, Farbe und Schriftart (!) an Richard Curtis‘ Variation vom weihnachtlichen Liebeschaos. Eine Gegenüberstellung aus qualitativer Sicht sollte Goller hingegen meiden. „Alles ist Liebe“ versprüht nicht etwa winterwunderliche Wärme, dafür allerhand aufgesetzte Fröhlichkeit.
Das Hintergrundwissen, das Christian Goller seinen mutmaßlichen Weihnachtsfilm nicht etwa im tiefsten Winter, sondern in den Frühlingsmonaten 2014 gedreht hat, braucht man als Zuschauer gar nicht, um „Alles ist Liebe“ zu jedem Zeitpunkt anzusehen, dass diese als romantische Komödie getarnte Moralkeule durch und durch ausstaffiert ist. So mag man Goller zwar zugutehalten, dass er für seinen Film nicht die In-Städte Berlin oder München zum Spielort seiner Geschichten auserkoren hat, doch Frankfurt am Main auf Biegen und Brechen in eine hippen Weltmetropole zu verwandeln, hat ebenso wenig Charme wie die x-te Kamerafahrt über die ewig gleichen Skylines. Es gilt also, darüber hinwegzusehen. Und ist man erst einmal dabei, kann man auch gleich beide Augen zudrücken, um nicht zu erkennen, dass im Hintergrund diverser Kulissen bereits die Blütenknospen an den Bäumen sprießen, während im Vordergrund die Schneekanone auf Hochtouren läuft. Bei welchem Film ließe es sich denn wohlgesonnener urteilen, als bei einem waschechten Weihnachtsfilm?
Doch selbst im Anbetracht der nahenden Feiertage hat „Alles ist Liebe“ so wenig Reize, dass das Lösen eines Kinotickets lieber in Geschenke für die Lieben investiert werden sollte. Insgesamt umfasst Christian Gollers Streifen fünf Geschichten, die er mal mehr, vorzugsweise jedoch eher weniger geschickt miteinander verwebt. Zwar haben sämtliche Handlungsstränge durchaus ihren Reiz: Fahri Yardim („Irre sind männlich“) mimt angenehm chaotisch den von Existenzängsten bedrohten Dreifach-Papi, Wotan Wilke Möhring („Besser als nix“) schlüpft als hoffnungsvoll an seiner zerbrochenen Ehe festhaltender Familienvater ein weiteres Mal in seine Rolle aus „Männerherzen“ und Nora Tschirner („Liebe und andere Turbulenzen“) darf einmal mehr drollig in die Kamera schauen, während sich sie und ihr On-Off-Boyfriend Jan (herrlich selbstverliebt: Tom Beck), laut Skript mittlerweile Weltstar, ordentlich necken dürfen – immerhin liebt man sich ja auch. Doch insbesondere die Episode um Kiki und Jan beweist, wo in „Alles ist Liebe“ die Schwierigkeiten stecken. Auch den allzu gestellten Szenenbildern ist es zu verdanken, dass bis auf eine Ausnahme alle Handlungsstränge den Eindruck machen, als säße man gerade in einem wenig inspirierten Theaterstück; oder passend zur Jahreszeit: Weihnachtsmärchen. Dass Jan zum millionenschweren Hollywoodstar aufgestiegen ist, bekommt der Zuschauer zwar immer wieder von außen erklärt, doch der Aufbau der sämtliche Ereignisse umspannenden Weihnachtsparade erinnert allenfalls an einen Weihnachtsbasar an einer beliebigen Grundschule. Und ist diese Szenerie erst einmal Geschichte, muss sich der Plot auch noch in Gänze auf sein Storytelling verlassen, was komplett misslingt.
Einem Film dieses Kalibers den Stempel „vorhersagbar“ aufzudrücken, darf im Anbetracht der eigenen Ansprüche eigentlich kein Todesurteil mehr sein. So weiß man schon bei der Wahl eines solchen Streifens, dass die Happy-End-Garantie überdurchschnittlich hoch ist und auch auf allzu brachiale Kalauer sollte man sich familienfilmkonform nicht einstellen. Doch Autorin Jane Ainscough (dichtete das niederländische Original „Alles is liefde“ auf deutsche Gefilde um), die mit „Wo ist Fred?“ und zuletzt „Coming In“ schon wesentlich gelungenere Deutschkomödien mit einem Drehbuch ausgestattet hat, macht sich nicht einmal die Mühe, die Schicksale ihrer Charaktere annähernd spannend zu verpacken. Während die Verwicklungen entweder durch naive Dummheit ins Kuriose abdriften oder durch vermeintlich schwerwiegende Schicksalsschläge bis ins ach so Unzumutbare ausufern, werden die hieraus entstehenden Konflikte anschließend durch pure Zufälle beseitigt, oder mithilfe von Floskeln zu Brei geredet. Nahe mögen dem Publikum die Figuren dadurch nicht gehen und auch zur lockeren Unterhaltung lädt „Alles ist Liebe“ nicht ein, da die Pointen- und Slapstickdichte überraschend niedrig ist. So erweist sich schlussendlich die Episode um Viktor als rettender Strohhalm: Christian Ulmen und seinem Filmpartner Friedrich Mücke bei den anstehenden Hochzeitsplanungen und den damit einhergehenden Nervenzusammenbrüchen zuzusehen, hat in diesem Wust aus missglückten Erzählsträngen noch den größten Unterhaltungswert.
Fazit: Trotz eines namhaften Ensembles funktioniert „Alles ist Liebe“ nicht auf der Ebene des Unterhaltungsfilmes und hat damit jede Daseinsberechtigung verloren. Verwicklungen darum, dass man sich aus Rechtegründen wenige Wochen vor Start noch von Whams Evergreen „Last Christmas“ als Abspannsong verabschieden musste, verleihen Christian Gollers allenfalls fernsehtauglicher Komödie zudem einen merkwürdig lieblosen Beigeschmack.
„Alles ist Liebe“ ist ab dem 04. Dezember bundesweit in den Kinos zu sehen!
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