Action Point

Mit seiner Actionkomödie ACTION POINT meldet sich Johnny Knoxville zurück in seinem beliebten Metier der Stunt-Comedy. Doch das Konzept ist mittlerweile nicht bloß überholt, die Macher wissen mit dem Anarchiepotenzial auch überhaupt nichts mehr anzufangen. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
D.C. (Johnny Knoxville) ist der abgedrehte Besitzer von Action Point, einem heruntergekommen und außer Kontrolle geratem Freizeitpark, der dadurch glänzt, dass Sicherheitsstandards minimiert und Spaßfaktoren maximiert werden. Ausgerechnet als D.C.s Tochter Boogie (Eleanor Worthington-Cox) in den Sommerferien zu ihrem Vater zu Besuch kommt, eröffnet direkt nebenan ein Mega-Freizeitpark, der die Zukunft von Action Point gefährdet. Um sowohl Action Point als auch die Beziehung zu seiner Tochter Boggie zu retten, lassen D.C. und seine durchgeknallte und zudem selten nüchterne Belegschaft nichts unversucht … Sie ziehen sämtliche Register und „Stunts“ und scheuen sich nicht, alles auf eine Karte zu setzen für weitere wilde Fahrten in den Gefilden von Action Point…
Kritik
Dass Ex-„Jackass“-Star Johnny Knoxville bei den Dreharbeiten zu seiner neuen Komödie „Action Point“ die Augen aus den Höhlen ploppten, ist nur eine von diversen Randnotizen, die spannender sind, als der Film selbst. Der Schauspieler und Stuntman ist mit seinen 46 Jahren nämlich einmal mehr in die Vollen gegangen und trägt damit im Wesentlichen dazu bei, dass der hierzulande nur in sehr begrenzter Stückzahl ins Kino kommende Mix aus zahmer Familienkomödie und anarchischem Stunt-Spaß nicht völlig an seinen Ambitionen scheitert. Interessant ist dabei vor allem, dass man anhand der Krankenakte Knoxvilles davon ausgehen würde, dass es sich bei „Action Point“ um den nächsten „Jackass“-Ableger nach „Bad Grandpa“ handeln müsste. Denn so oft und so vielseitig wie sich Knoxville verletzt hat, erwartet man auch eine entsprechende Anzahl an halsbrecherischen Stunts. Doch am Ende fragt man sich, wie die gebrochene Hand, der zerrissene Meniskus, und diverse Gehirnerschütterungen eigentlich zustande kommen konnten. „Action Point“ ist von den ursprünglichen Stunt-Tiraden der „Jackass“-Jungs nämlich ziemlich weit entfernt und konzentriert sich vornehmlich auf seine laue Vater-Tochter-Geschichte. Hin und wieder kommen zwar die bekannten Anarcho-Vibes durch, das allerdings so selten und auch nicht annähernd in ihren wahnwitzigen Ausformungen, dass „Action Point“ im Großen und Ganzen nicht bloß unwitzig, sondern auch wirklich lahm ist.
Es ist vor allem interessant, dass die Prämisse des Films auf so etwas wie wahren Ereignissen basiert. Es wird zwar nicht explizit darauf verwiesen, aber einen „Action Park“ gab es im US-amerikanischen Vernon, New Jersey, wirklich, der im Laufe seiner 17 Jahre umfassenden Existenz mindestens sechs Leben forderte, da den Betreibern der Spaß für die Gäste wichtiger war, als das Beachten der Sicherheitsvorschriften. Heute gibt es diesen Park immer noch. Seit zwei Jahren bemüht man sich mit neuem Namen und neuem Konzept darum, sein Image aufzupolieren und die wenig rühmliche Vorgeschichte vergessend zu machen. Johnny Knoxvilles Film dürfte es den dafür Verantwortlichen allerdings schwerer machen, denn das, was er hier in noch nicht einmal 80 Minuten alles an Unfällen präsentiert, spricht nicht unbedingt für den Park. Es mag paradox klingen, aber trotz der überdurchschnittlichen Unfallrate ist „Action Point“ immer noch viel zu harmlos; kurzum: es fallen zwar viele, aber längst nicht genug Menschen auf die Fresse, damit der Film als „Jackass“-Nachzügler funktionieren kann und für eine harmlose Familienkomödie, als die sich der Film eben einen Großteil der Zeit ausgibt, wirken die halsbrecherischen Manöver einfach eine Spur zu krass. „Action Point“ ist dadurch weder Fisch noch Fleisch und dürfte weder die eine, noch die andere Besuchersparte zufrieden stellen, die der Film aber gerne beide ansprechen würde.
Mit ein Grund dafür ist vermutlich auch, dass hinter „Action Point“ nur noch wenige Mitglieder der einstigen „Jackass“-Kombo stehen. Neben Johnny Knoxville als Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Produzent bloß noch sein Kollege Chris Pontius in einer Nebenrolle zu sehen und hinter den Kulissen ist weiterhin Derek Freda als Produzent tätig. Vornehmlich für den Film verantwortlich zeichnet dagegen Regisseur Tim Kirkby. Und das Anarchischste was dieser bisher gemacht hat, waren nun mal die Regiearbeiten zu Serien wie „Veep“. Dass hinter dem Drehbuch wiederum ganze fünf Leute standen, ist im Anbetracht dessen, was der Film inhaltlich liefert, fast schon wieder unfreiwillig komisch. Ganz nach dem Motto „Viele Köche verderben den Brei“ meint man bei „Action Point“ nämlich ganz genau zu erkennen, wie unterschiedlich hier einzelne Szenen aufbereitet wurden, sodass kaum ein einzelner Schreiber für all das zuständig gewesen sein kann. Eine erzählerische Klammer rund um Hauptfigur D.C. (Johnny Knoxville mit Rentner-Maske, wie man sie bereits aus „Bad Grandpa“ kennt) und seine kranke Enkelin umspannt die komplette Erzählung auf weitestgehend bodenständige Weise (mit dem wohl ekeligsten Fuß der Filmgeschichte kommt hier lediglich einmal der „Jackass“-Drang zum Ekelhumor durch). Ansonsten wechseln sich in den Rückblenden rund um D.C.s Zeit im „Action Point“-Freizeitpark eine Geschichte über die Annäherung zwischen Vater und Tochter sowie der Versuch ab, mithilfe eines neuen Konzepts wieder Leben in den Park zu bringen. Eines davon lautet etwa: Weg mit den Bremsen! Doch wer nun hofft, dass das auch für den Film gilt, der irrt leider gewaltig.
Vielleicht mag es daran liegen, dass das, was die „Jackass“-Jungs früher am laufenden Band an Tabubrüchen durchgezogen haben, heute rund um die Uhr im Internet zu finden ist. Vielleicht daran, dass Hauptdarsteller Johnny Knoxville mit 46 Jahren einfach nicht mehr das ganz große Risiko eingehen möchte. Vielleicht spielt aber auch zu einem nicht ganz unerheblichen Teil die Tatsache eine Rolle, dass es „Jackass: Bad Grandpa“ genau mit dieser Mischung aus liebenswürdiger Comedy und Anarcho-Quatsch gelungen ist, ein überholtes Konzept in die Gegenwart hinüberzuretten. Doch auch wenn Knoxville in „Action Point“ erneut in Großvater-Montur durch die Gegend laufen darf, funktioniert der inszenatorische Spagat aus „liebenswürdig“ und „Quatsch“ hier überhaupt nicht. Während sich im Vordergrund die erzählerisch relevanten Szenen abspielen, findet die Action häufig wie beiläufig im Hintergrund ab. Dieses Understatement ist zwar hin und wieder ganz amüsant, aber es wirkt sich auch auf jene Szenen aus, in denen die Stunts eben doch im Mittelpunkt stehen sollen. Da wird dann allenfalls besonders schnell die Wasserbahn heruntergerutscht, ein beleibtes Kind fällt von einem Baum auf eine Rutsche und durchbricht dabei das Plastik und Knoxville schießt mit seinem Gefährt unkontrolliert über das Ziel der Sommerrodelbahn hinaus. So richtig derbe geht es dabei nie zu. Mit dem Einbezug einiger Tiere (ein Eichhörnchen darf in den Hosen eines Mannes nach Nüssen suchen, ein Krokodil schnappt um sich und ein Bär gerät außer Kontrolle) versuchen die Macher außerdem einen weiteren Stunt-Zweig der „Jackass“-Leute zu bedienen, doch all das ist weder provokant, noch ekelig oder gar tabubrechend.
Fazit: Für eine Familienkomödie ist „Action Point“ einfach nicht lustig genug und für einen weiteren Krawall-Film der Marke „Jackass“ steckt hinter den Stunts nicht genügend Wumms. Lediglich vor Johnny Knoxville und seiner Aufopferungsbereitschaft muss man einmal mehr den Hut ziehen.
„Jackass“ ist ab dem 23. August in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.