The Toxic Avenger

Schlamm, Blut und Satire – Tromas Kultmonster ist zurück! Fast vier Jahrzehnte nach seinem trashigen Erstauftritt wagt sich THE TOXIC AVENGER in neuem Gewand auf die Leinwand. Doch statt bloß den Splatter-Kult der Achtziger aufzuwärmen, versucht Regisseur Macon Blair, den grotesken Mutantenhelden mit zeitgemäßem Anstrich, prominenter Besetzung und (zu) viel Herz neu zu erfinden.

OT: The Toxic Avenger (USA 2023)

Darum geht’s

Der unscheinbare Hausmeister Winston Gooze (Peter Dinklage) lebt in der heruntergekommenen Stadt Tromaville. Als er eine niederschmetternde Diagnose erhält und von seinem skrupellosen Arbeitgeber im Stich gelassen wird, scheint sein Leben am Ende. Doch nach einem Unfall mit giftigen Chemikalien verwandelt er sich in den monströsen, aber übermenschlich starken Toxic Avenger. Mit seinen grotesken Kräften und neuem Selbstbewusstsein stellt sich Winston den korrupten Mächten der Stadt entgegen. Angeführt von dem Chef der örtlichen Chemiefabrik (Kevin Bacon). Unbeholfen, aber voller Tatendrang versucht Toxie fortan, nicht nur in Tromaville für Recht und Ordnung zu sorgen, sondern auch seinen Sohn Wade (Jacob Tremblay) zu retten, auf den es die Schurken abgesehen haben…

Kritik

Das Filmstudio Troma galt seinerzeit als berühmt-berüchtigt. Gegründet 1974, stand die Schmiede eine ganze Zeitlang für extrem brutales, trashiges und vor allem provokatives Kino, aus dem längst nicht alle Filme den deutschen Jugendschutz überstanden. Manche von ihnen fristen bis heute ein Dasein auf der Liste jugendgefährdender Medien. Doch viele wurden von dieser mittlerweile gestrichen. So auch das Original von „The Toxic Avenger“, das 2013 nach 25 Jahren endlich in die Freiverkäuflichkeit entlassen wurde. Doch schon lange vorher schwirrten Ideen für eine Neuauflage umher. Noch bevor 2019 der Independent-Regisseur und -Autor Macon Blair für die Inszenierung verpflichtet wurde, befanden sich Namen wie Conrad Vernon und Steve Pink für die Regie im Gespräch. Als sich Legendary Pictures 2018 schließlich die Filmrechte sicherte, holte man auch die ursprünglichen Troma-Gesichter Lloyd Kaufman und Michael Herz mit an Bord. Das Ergebnis galt nach ersten Festivalvorführungen allerdings als derart gewalttätig, dass sich einfach kein Filmstudio finden ließ, das sich des Kultfilmremakes annehmen wollte. So viel sei vorweg gesagt: Dass der Film in Deutschland mittlerweile den Zusatztitel „Unrated“ trägt und trotzdem mit einer FSK-Freigabe ab 18 zugänglich ist, sagt nicht nur Einiges über den sich verändernden Zeitgeist in Sachen Gewaltkonsum aus, sondern auch über den Film an sich. Der ist nämlich nicht nur ungewöhnlich (und nicht immer passend) emotional, sondern auch gar nicht so hart, wie man es in der Post-„Terrifier“-Zeit erwartet hätte.

Winston (Peter Dinklage) sorgt allein für seinen Stiefsohn Wade (Jacob Tremblay).

Apropos „Terrifier“: Dass hinter der Veröffentlichung von „The Toxic Avenger“ hierzulande das gleiche Studio steckt, das auch den zweiten und dritten Film der (bislang) dreiteiligen Slasher-Clownsshow nach Deutschland brachte, spricht schon für sich. Natürlich wählt Macon Blair, getreu der Vorlage, einen Weg, der die Grenzen des guten Geschmacks mehrfach streift und hin und wieder auch darüber hinausgeht. In einer Szene etwa muss sich der mutierte Antiheld mithilfe seines toxischen Urins aus einer Gefangenschaft befreien; Was natürlich nur funktioniert, indem er sich selbst anpinkelt. Das steht in Sachen Absurdität klar in der Tradition des Originals und hat letztlich gar nicht so viel mit der durchaus vorhandenen Gewalt zu tun. Doch leider sind solche Szenen eher rar gesät. Es ist vielmehr das ganze Drumherum, an dem sich die Verantwortlichen ausgetobt zu haben scheinen. Das abgefuckte Städtchen Tromaville erinnert – wie auch vieles andere an „The Toxic Avenger“ – an Jason Eiseners B-Movie-Perle „Hobo with a Shotgun“. Weirde Charaktere, verquere Verschiebungen von Realität und Moral und natürlich ein hoher Gewaltgrad bilden das Umfeld für die hier erzählte Geschichte. In den besten Momenten weiß man nie, in was für eine Eskalation Toxie als nächstes schliddert. Wird er seinen Widersachern im Super-Close-Up die Gliedmaßen vom Körper reißen, oder begibt sich der aufopferungsvolle Vater auf die Suche nach seinem Sohn?

„Über eine halbe Stunde nimmt sich der auch für das Drehbuch verantwortliche Blair die Zeit, um ein intensives, wenngleich nicht komplett reibungsloses Vater-(Stief-)Sohn-Gespann zu etablieren. Doch was woanders wichtig wäre, um eine emotionale Basis zu schaffen, erweist sich hier als am Ziel vorbeigeschossen.“

Letzteres nimmt in „The Toxic Avenger“ einen überraschend großen Raum ein. Und zwar nicht erst ab dem Moment, wenn die Schurken den jungen Wade in ihre Gewalt gebracht haben. Über eine halbe Stunde nimmt sich der auch für das Drehbuch verantwortliche Blair die Zeit, um ein intensives, wenngleich nicht komplett reibungsloses Vater-(Stief-)Sohn-Gespann zu etablieren. Doch was woanders wichtig wäre, um eine emotionale Basis zu schaffen, erweist sich hier als am Ziel vorbeigeschossen. Zwar benötigt auch ein Film wie „The Toxic Avenger“ so etwas wie ein schlagendes Herz, doch so groß wie hier muss es dann doch nicht sein. Vor allem deshalb nicht, weil es ja eigentlich die abstrus-übertriebene Gewalt ist, für die man im Falle eines solchen Films ins Kino geht. Das alles bedeutet allerdings nicht, dass Hauptdarsteller Peter Dinklage („Unfrosted“) und sein Filmsohn Jacob Tremblay („The Life of Chuck“) nicht trotzdem gut miteinander harmonieren. Vermutlich würden sie auch gemeinsam ein Sozialdrama tragen, nur ist das hier eben nicht das Thema.

Szenendieb: In seiner Rolle als Fritz Garbinger könnte er glatt der Addams Family entsprungen sein.

Womit wir bei der Gewalt werden, die Macon Blair in einigen besonders eruptiven Szenen genüsslich zur Schau stellt. Insbesondere ein Gemetzel auf einem Musikfestival beweist, wie viel derb-boshafter Spaß in „The Toxic Avenger“ steckt, sofern die Verantwortlichen Toxie denn doch mal von der Leine lassen. Da werden Gedärme aus Körpern gerissen, Köpfe abgehackt und das Kunstblut spritzt in Fontänen durch die Gegend. Übrigens zu weiten Teilen handgemacht, was das Remake in Sachen Charme noch einmal näher an das Original heranrücken lässt. In den exzessiven Momenten sorgt Kameramann Dana Gonzales („Shot Caller“) für grobkörnige, mit Blut und Schmiere besudelte Kinobilder, in denen es sich auch die Nebencharaktere so richtig schön gemütlich machen. Insbesondere Elijah Wood („The Monkey“) hat einen diebischen Spaß an seiner kleinen Rolle, während Kevin Bacon („MaxXxine“) als selbstgefälliger Schurke dem Affen ordentlich Zucker gibt. Die Zutaten für ein abgefahrenes Erwachsenenspektakel sind also alle da. Doch anstatt der vollen Troma-Dröhnung auf den Spuren von „Hobo with a Shotgun“ bekommt man mit „The Toxic Avenger“ (erstmal) nur eine Probierportion.

„In den exzessiven Momenten sorgt Kameramann Dana Gonzales für grobkörnige, mit Blut und Schmiere besudelte Kinobilder, in denen es sich auch die Nebencharaktere so richtig schön gemütlich machen.“

Fazit: Das Remake von „The Toxic Avenger“ bleibt in seiner Mischung aus Trash, Splatter und Satire zwar der Tradition Tromas verpflichtet, sucht aber zugleich nach neuen Nuancen – insbesondere durch den starken Fokus auf emotionale Vater-Sohn-Momente. Diese erzählerische Ausweitung wirkt jedoch nicht immer stimmig, da sie den Kern des Franchise, nämlich den absurden und überdrehten Gewaltspaß, oftmals ausbremst.

„The Toxic Avenger“ ist ab dem 25. September 2025 in den deutschen Kinos zu sehen.

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