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Life

Es hätte eine moderne Variation von „Alien“ werden können doch Daniel Espinosas starbesetztes Science-Fiction-Abenteuer LIFE ist in erster Linie eine vielfältige Demonstration menschlicher Dummheit. Mehr dazu in meiner Kritik.

Der Plot

Die Forschungsmission einer Gruppe Wissenschaftlern auf einer internationalen Raumstation hat es sich zur Aufgabe gemacht, nach unentdecktem Leben zu suchen. Zum Team gehören unter anderem der charismatische Draufgänger David Jordan (Jake Gyllenhaal), der sympathische Scherzbold Roy Adams (Ryan Reynolds) sowie die gewissenhafte Miranda North (Rebecca Ferguson). Gemeinsam mit dem Rest der Belegschaft werde die Forscher eines Tages fündig: In ihrem Labor erweckt ein außerirdischer Organismus zum Leben. Dieses sich rapide entwickelnde Wesen wird für das sechsköpfige Team jedoch schon bald zur ernsten Bedrohung, denn nachdem das krakenförmige Alien schon alles Leben auf dem Mars ausgelöscht hat, steht nun der Planet Erde vor dem Aus. Darauf war die Crew nicht vorbereitet…

Kritik

Daniel Espinosa gehört zu jenen Regisseuren, die in ihren bisherigen Arbeiten noch keine eigene Handschrift erkennen ließen. Nach dem geradlinigen Actionreißer „Safe House“ und dem um Anspruch bemühten Thrillerdrama „Kind 44“ widmet sich der gebürtige Schwede nun seiner bisher wohl mainstreamigsten Arbeit. „Life“ heißt sie und ließ nach einem ersten geheimnisumwitterten Teaser immer mehr die Befürchtung aufkommen, lediglich ein billiger „Alien“-Abklatsch zu sein. Diese von allerhand vielsagendem Promomaterial angetriebene Befürchtung soll sich nun auch tatsächlich bewahrheiten. Doch trotz der darüber hinaus immer noch gegebenen Zutaten für einen soliden Sci-Fi-Blockbuster ist „Life“ nach „Kong: Skull Island“ die nächste (und vielleicht sogar noch größere) Enttäuschung des diesjährigen Eventkinos. Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: Das mit Jake Gyllenhaal („Nightcrawler“), Ryan Reynolds („Deadpool“) und Rebecca Ferguson („Mission Impossible: Rogue Nation“) hochkarätig besetzte Weltraumabenteuer ist trotz vereinzelter Stärken in seiner visuellen Aufmachung ganz schön grausig geworden. Denn wenn die Prämisse darin besteht, dass sämtliche Figuren in „Life“ dümmer handeln, als in einem unterdurchschnittlichen Teenie-Slasher, dann braucht sich am Ende keiner zu wundern, dass das intellektuell scheinbar allen überlegene Alien diesem Ausmaße menschlicher Dämlichkeit ein für allemal ein Ende setzen will.

Ryan Reynolds bekleckert sich in „Life“ genauso wenig mit Ruhm wie der Rest des Casts.

Um es direkt zu Beginn einmal klarzustellen: Ein Mangel an Intelligenz lässt sich in erster Linie im Anbetracht der Verhaltensweisen ausmachen, mit welchen die „Life“ tragenden Figuren im Film gesegnet sind und nicht zwingend im Blick auf die Macher hinter den Kulissen, geschweige denn auf die Schauspieler an sich. Das Drehbuchautorenduo aus Rhett Reese und Paul Wernick (schrieben gemeinsam auch schon Skripte zu „Deadpool“ oder „Zombieland“) setzt auf Charaktere, die sich nicht bloß selbst in die brenzlige Situation hineinmanövrieren, sondern die darüber hinaus kontinuierlich dazu beitragen, dass sich bis zum Ende des Films auch definitiv nichts an dieser Lage ändern wird. Mitunter stellt man beim Betrachten der Ereignisse nicht nur das Fachwissen der ausgebildeten Forscher und Wissenschaftler infrage, sondern auch ganz banale Dinge wie Allgemeinwissen und Menschenkenntnis. Die Lage in „Life“ kann nur deshalb eskalieren, weil man die eingangs als absolut souverän und intelligent etablierten Charaktere von jetzt auf gleich zu absoluten Idioten macht. Das mag in Filmen, die nach dem Prinzip des sukzessiven Abmurksens sämtlicher Filmfiguren funktionieren, gerade noch okay sein; schließlich handelt es sich bei einem Großteil ebenjener Genrevertreter häufig eher um morbide Komödien denn um suspenselastige Horrorfilme, bei denen der Spaß am schrittweise Dahinscheiden der Protagonisten im Vordergrund steht. „Life“ hingegen soll über Spannung, das Gefühl der wachsenden Bedrohung sowie die wissenschaftliche Komponente der hier dargebotenen Thematik funktionieren und macht sich somit erst recht lächerlich.

Die Ausgangslage vom Menschen, der mit einer außerweltlichen (und offenbar hochgefährlichen) Spezies konfrontiert wird – das Ganze auch noch auf dem beengten Raum einer Station im Weltall – ist seit „Alien“ bekannt und wird in „Life“ nur marginal abgeändert. Die Konzentration auf eine alleinige Hauptfigur fällt hier weg, stattdessen versteht sich Espinosas Film primär als Ensemblestück, bei welchem sich die Charaktere gegenseitig ergänzen. Auch die Optik des fremden Wesens unterscheidet sich zumindest zu Beginn noch stark von der titelgebenden Kreatur aus Ridley Scotts Kultfilm von 1979, was sich im fortschreitenden Verlauf von „Life“ jedoch ändert. Angefangen als eine Art Mini-Seestern wird das Alien hier mit der Zeit immer größer, bis es schließlich an eine Mischform aus Oktopus, Rochen und dem Facehugger erinnert. Je größer das Wesen, desto mehr sieht man ihm allerdings die Herkunft aus dem Computer an. Am spannendsten geraten für den Zuschauer immerhin die Phasen, in welchen wir dem Alien dabei zusehen können, wie es sich in rasender Geschwindigkeit von der winzigen Bedrohung hin zum ausgewachsenen Supermonster entwickelt. Dass auch dieser Vorgang die innerfilmische Logik ein ums andere Mal sprengt, sei einmal dahingestellt. Immerhin ist über die Fähigkeiten dieses Wesens kaum etwas bekannt. So wird die mehrarmige Kreatur zum Übergegner, dem im entscheidenden Moment immer genau das gelingt, was für die Handlung gerade von Nöten ist. Mal lässt es eine der Hauptfiguren auf sehr kreative Art und Weise von innen heraus verbluten (es ist visuell tatsächlich sehr beeindruckend, jemanden in der Schwerelosigkeit sterben zu lassen), ein anderes Mal wickelt es sein Opfer ein, um ihm den Garaus zu machen. Was das Alien alles kann und was nicht, dafür entwickelt man im Laufe der Zeit kein Gespür. Schließlich kann es irgendwie alles. Es bleibt ein uneinschätzbarer Gegner und wäre damit eigentlich von unermesslichem Wert für einen Genrefilm dieser Art – wenn einem denn die Figuren in irgendeiner Art und Weise so sehr am Herzen liegen würden, dass man gern mit ihnen mitfiebert.

Das Alien könnte überall sein…

Der Cast in „Life“ kann sich auf dem Papier wahrlich sehen lassen. Kombiniert er doch die Qualität starker Charakterdarsteller mit blockbustertauglichen Gesichtern. Doch wie es sich kürzlich schon mit „Kong: Skull Island“ verhielt, sind die Schauspieler und Schauspielerinnen hier lediglich Staffage – und ob nun ein Jake Gyllenhaal, oder jemand Unbekanntes bedeutungsschwangere Sätze in Richtung Kamera sagt, spielt zu keinem Zeitpunkt irgendeine Rolle. Gyllenhaal, Reynolds, Ferguson, aber auch Aryion Bakare („Rogue One: A Star Wars Story“), Hiroyuki Sanada („The Last Ship“) und Olga Dihovichnaya („Porträt der Dämmerung“) geben optisch zwar ein angenehmes, gemischt ethnisches, jedoch zu keinem Zeitpunkt motiviertes Bild ab. Bevor das Alien die Crew heimsucht, gibt’s für den Zuschauer einiges an Theorie und klischeehaft aufgebaute Background-Stories der Protagonisten zu durchstehen, eh das optisch mal recht ansehnliche, dann jedoch wieder reichlich billig animierte Wesen zur Menschenjagd ansetzt. „Life“ ist inhaltlich so schwach aufgestellt, verläuft in solch banalen Bahnen und präsentiert sich bisweilen in einer derart fragwürdigen Optik, dass einmal mehr der Vergleich zu „Kong“ naheliegt. Auch hier wurde die Prämisse eines Trashfilms mithilfe von Hollywoodbudget zum opulenten Massenspektakel aufgeblasen. Wieder geben große Namen ihre Gesichter dafür her. Gen Ende kündigt auch „Life“ den Willen zu einer Fortsetzung an. Doch wenn man nach einer Weile nicht den eigentlich Hauptfiguren, sondern dem bösen Alien die Daumen drückt, diese Katastrophe doch bitte endlich zu beenden, dann schürt Daniel Espinosa Spannung auf der falschen Seite. Was für ein Desaster!

Fazit: Seit „Alien“ sollte die Prämisse von „Life“ ein Selbstläufer sein. Doch Regisseur Daniel Espinosa erstickt jegliche Spannung im Keim, indem er seine Geschichte auf absolut dämlichen Figuren aufbaut. Auch optisch dringt der Film irgendwann in Trash-Gefilde vor – vielleicht tut das Alien ja wirklich ganz gut daran, die Menschheit unter diesen Bedingungen einfach auszulöschen.

„Life“ ist ab dem 23. März in den deutschen Kinos zu sehen.

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