Just Say Yes

Die niederländische Romantikkomödie JUST SAY YES wurde in ihrem Heimatland von der Kritik verrissen – auf Netflix avanciert sie jedoch zum globalen Erfolg. Woher dieser Trend kommt und was der Film (nicht) zu bieten hat, das verraten wir in unserer Kritik.

OT: Just Say Yes (NED 2021)

Der Plot

Lotte (Yolanthe Cabau) ist eine unverbesserliche Romantikerin und plant schon seit Jahren ihre Traumhochzeit. All dies völlig vergebens: Denn ihr Traummann Alex (Juvat Westendorp) bläst die aufwändige Märchenhochzeit auf dem letzten Drücker ab. Und das vor einem Millionenpublikum! Währenddessen fängt Lottes selbstverliebte – und angeblich ach-so-schwer-vermittelbare – Schwester Estelle (Noortje Herlaar) was mit ihrem Chef an. Also muss sich Lotte mit ihren Freundinnen zusammensetzen und besprechen, wie es mit ihrem Leben weitergeht – und dann ist da ja noch der schmucke Chris (Jim Bakkum) …

Kritik

Ursprünglich sollte die romantische Komödie „Just Say Yes“ des Regieteams Appie Boudellah &  Aram of the Rest ihre Premiere in den niederländischen Kinos feiern. Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie beschloss das verantwortliche Studio jedoch, die Komödie über eine Romantikerin, deren Weltbild kurz vor der großen Hochzeit zerstört wird, und die sich daraufhin während einiger Eskapaden aufrappelt, an Netflix zu verkaufen. Kneift man die Augen ordentlich zusammen, lassen sich bei dieser niederländischen Produktion also gewisse Ähnlichkeiten zu „Berlin, Berlin – Der Film“ feststellen, eine deutsche Romantikkomödie, die schon 2020 den Wechsel von den großen Leinwandplänen hin zum roten N mit dem „Ba-damm“-Sound durchmachte. Leider enden die Erinnerungen an „Berlin, Berlin – Der Film“ nicht bereits hier. Denn auch auf qualitativer Ebene sind die filmische Serienfortsetzung aus Deutschland und der Netflix-Klickzahlengenerator aus den Niederlanden aus demselben Holz geschnitzt: „Just Say Yes“ ist eine witzlose Veranstaltung, die viel stärker daran krankt, was sie alles nicht ist, als daran, was sie überhaupt ist. Und somit ist sie eine mittelgroße Herausforderung für jene, die Filmkritik betreiben. Ein wiederkehrender Ratschlag für alle, die sich in diesem Fach betätigen, lautet nämlich: „Bespreche nicht, was ein Film nicht ist, sondern das, was er ist.“ Im Regelfall ein vernünftiger Gedanke – es ist absurd, einem Actionfilm den Mangel an Musicaleinlagen anzukreiden, einer Komödie vorzuwerfen, sie sei nicht traurig genug, oder einem Erotikfilm, dass es ihm an lehrreichen Lektionen über das deutsche Steuerwesen mangle. Viel mehr sollte man über das energetische Spektakel, die Komik oder die Sinnlichkeit des Films achten. Aber was lässt sich schon groß über einen Film schreiben, den halt nichts ausmacht? Da lässt es sich nicht vermeiden, darüber zu referieren, was der Film alles nicht ist!

Am Tag der Tage dürfen auch die Brautjungfern nicht fehlen.

So ist „Just Say Yes“ einfach partout nicht charmant. Und das ist ein Kardinalsfehler für eine typische RomCom, ist dies doch das Genre, das sich Wohlfühlausstrahlung auf die Fahnen geschrieben hat. In „Just Say Yes“ dagegen mangelt es sämtlichen Figuren an Charisma. Lotte ist eine hohle, begriffsstutzige Nuss, deren Gejammer über das Nichterreichen ihrer romantischen Ziele aufgesetzt und weinerlich rüber kommt. Da Lotte allerdings selbst an Genremaßstäben gemessen sehr dünn skizziert ist, lässt sich dies nicht einmal mit einer verträumten Naivität erklären, geschweige denn dramatisch untermauern, weshalb dass all dies keine liebenswerten Fehler sind, sondern Gründe, sich zu fragen, weshalb man etwa 90 Minuten lang mit ihr mitleidern sollte. Lottes Schwester Estelle und deren Brautjungfern sind allesamt noch unangenehmer: Eitel, selbstsüchtig und unkollegial machen sie andauernd einander das Leben zur Hölle – zumeist ohne erkenntlichen Grund. „Just Say Yes“ ist aber nicht nur nicht charmant, sondern auch folgendes nicht: Gewieft. Denn all diese Kritikpunkte an der unsympathischen Art der Figuren wären dann null und nichtig, würde der von Appie Boudellah, Mustapha Boudellah und Marie Kiebert geschriebene Filme bewusst an den Genremaßstäben der RomCom drehen.

„‚Just Say Yes‘ ist eine witzlose Veranstaltung, die viel stärker daran krankt, was sie alles nicht ist, als daran, was sie überhaupt ist.“

„Bride Wars“, ein weiterer vom Pressekonsens zerrissener Film, lässt auch zwei Freundinnen gegeneinander antreten und sich das Leben versauen. Doch anders als in „Just Say Yes“, wo die Frage offenbleibt, warum diese Frauen überhaupt freiwillig miteinander Zeit verbringen, entwirft „Bride Wars“ eine – für einen Sonntagnachmittagskuscheldeckenfilm – plausible, herzliche Freundschaft, um die dann durch zahlreiche Tücken auf die Probe zu stellen. Daraus entwächst der titelgebende Brautkrieg, der dadurch seinen Reiz gewinnt, zwei sich in eine irre Idee rein steigernde Frauen zu sehen, die einander mit Denkzettel übertrumpfen wollen, aber unausgesprochen auch davor zurückscheuen, einen zu harten Tiefschlag zu vollziehen. „Wie weit können sie gehen, ohne zu weit zu gehen?“, ist der amüsante Reiz an „Bride Wars“. Und im Genrekleinod „Die Hochzeit unserer dicksten Freundin“ zeigt Regisseurin Leslye Headland ganz bewusst drei Freundinnen, die so von Neid und Missgunst zerfressen sind, dass sie die Hochzeit ihrer besten Freundin gefährden, bloß weil sie nicht glauben können, dass sie mit mehr Kilos am Leib mehr Liebesglück erfahren kann.

Am Hochzeitstag sitzengelassen werden – kaum eine Schmach dürfte für die Braut größer sein.

Diese Unsympathieattacke spielt Headland auf eine Art aus, die ätzende Wettbewerbsmechanismen und Aggressionen innerhalb von Freundeskreisen spitz und beißend komisch kommentiert, ehe sie die Dynamiken in ihrem Film komplexer ausbreitet und Wege findet, das oberflächlich oberflächliche Handeln ihrer Protagonistinnen zu erörtern. So, dass wir letztlich sogar mit den Unsympathinnen wieder mitfiebern. Das ist aussagekräftig, mitreißend und emotional komplex – sowie voller beißender, empathischer sowie bittersüßer Komik. All dies geht „Just Say Yes“ ab. Der Film hat keinen kritischen Knochen im Leib, bringt keinerlei den Genremaßstab aufrüttelnden Duktus über die Lippen. Überbelichtet gefilmt und routiniert runtergedreht, ahmt er stattdessen Tempo und Rhythmus einer alltäglichen, leicht frechen RomCom nach, nur dass nichts dahinter steckt. Nicht einmal die Love Interests geben dem Film irgendeinen Reiz, denn die Herren in „Just Say Yes“ sind noch platter und uncharismatischer als die Frauen – wieso also mit irgendeiner potentiellen Paarung mitfiebern? Dass „Just Say Yes“ bei all dem noch etwas nicht ist, nämlich unanguckbar, liegt daran, dass der Film so wenig Humor hat, dass er gar nicht mit miesen oder geschmacklosen Gags nerven könnte. Es gibt zwar einen Subplot über einen TV-Sender mit niedrigem Niveau, doch Witze über eine viel Ausschnitt zeigende Wetterfee und eine Abnehmsendung, in der schlecht über die Kandidat:innen gesprochen wird, sind erstens nicht neu. Und zweitens weiß der Film wenigstens, dass solche Formate eine Zielscheibe der Kritik sein sollten. Aber drittens ist die Kritik, die er an ihnen übt, so zahnlos wie ein Neugeborenes. Ein Neugeborenes, das nicht knuffig ist, nicht schläft, aber auch nicht mit voller Windel rumheult und nervt. Es ist halt einfach da. Oh, haben wir also doch noch was gefunden, das „Just Say Yes“ ist!

„Der Film hat keinen kritischen Knochen im Leib, bringt keinerlei den Genremaßstab aufrüttelnden Duktus über die Lippen. Überbelichtet gefilmt und routiniert runtergedreht, ahmt er stattdessen Tempo und Rhythmus einer alltäglichen, leicht frechen RomCom nach, nur dass nichts dahinter steckt.“

Fazit: „Just Say Yes“ ist ein niederländischer Film, der auf Netflix abrufbar ist, und weniger als 100 Minuten lang ist. Mehr kann man über ihn kaum sagen, ohne aufzuzählen, was er alles nicht ist.

„Just Say Yes“ ist ab sofort bei Netflix streambar.

Und was sagst Du dazu?