We can be Heroes

Kultregisseur Robert Rodriguez kehrt zurück in die Welt seines Misserfolges „Die Abenteuer von Sharkboy und Lavagirl“. Ob die Fortsetzung WE CAN BE HEROES seinen Vorläufer schlägt, das verraten wir in unserer Kritik zum Film.

OT: We can be Heroes (USA 2020)

Der Plot

Seit dem Tod ihrer Mutter macht sich Missy Moreno (Yaya Gosselin) große Sorgen um ihren Vater, den Superhelden Marcus Moreno (Pedro Pascal). Zum Glück hat er das aktive Superheldendasein aufgegeben und ist nun bei der Heldenvereinigung Heroics im logistischen Apparat tätig. Doch als eines Tages mysteriöse, gefährliche Aliens die Erde angreifen, muss Marcus doch noch einmal ins Heldenkostüm schlüpfen. Missy ist ungehalten, hat riesige Angst um ihren Dad und will nun selbst in Aktion treten – bloß hat sie keine Superkräfte. Zu ihrem Glück hat sie allerdings gerade erst eine ganze Schulklasse an Supersprößlingen mit Superkräften kennengelernt…

Kritik

Robert Rodriguez mag den meisten erwachsenen Filmfans vornehmlich als der Regisseur solch blutiger Actionvergnügen wie „From Dusk Till Dawn“ und „Planet Terror“ sowie der „Sin City“-Comicverfilmungen bekannt sein. Doch es ist mittlerweile eine ganze Generation mit seinen Kinderfilmen groß geworden – von der „Spy Kids“-Tetralogie bis „Das Geheimnis des Regenbogensteins“. Darüber hinaus verbrach Rodriguez den 3D-Superheldenfilm „Die Abenteuer von Sharkboy und Lavagirl“, der trotz selbst für das Jahr 2005 grottiger Effekte und eines Kaugummi-Produktionsdesigns 50 Millionen Dollar Budget verschlang und bloß 69,4 Millionen Dollar weltweit einnahm – und somit abzüglich der Vermarktungskosten und sonstigen Faktoren Verlust gemacht hat. Darüber hinaus wurde der Film von der Kritik in der Luft zerrissen.

Pedro Pascal spielt die Hauptrolle des Marcus Moreno in „We can be Heroes“.

„Die Abenteuer von Sharkboy und Lavagirl“ fiel im Vergleich zu den ersten beiden „Spy Kids“-Filmen und „Das Geheimnis des Regenbogensteins“ negativ aus Rodriguez‘ Kinderfilmschaffen heraus, als dass die flippig-aufgedrehte Attitüde dieser Filme hier zu unkontrollierter Hibbeligkeit verkam. Hinzu kamen ätzende, eindimensionale Figuren und unkreativ choreografierte, ellenlange Actionszenen ohne Witz. Entsprechend groß war die Überraschung, als bekannt wurde, dass Robert Rodriguez diesen Winter auf Netflix ohne große Vorabankündigung einen neuen Film veröffentlicht, und dass es sich dabei ausgerechnet um eine Fortsetzung von „Die Abenteuer von Sharkboy und Lavagirl“ handelt. Doch überraschenderweise ist „We Can Be Heroes“ wesentlich besser als sein Vorgänger – was unter anderem daran liegen dürfte, dass Rodriguez hier gar nicht erst künstlich versucht, seine zumeist quietschig-anspornende Kinderfilmattitüde erneut im „Sharkboy und Lavagirl“-Stil durch unangenehme Hauptfiguren „kantiger“ zu gestalten. Stattdessen beruht sich Rodriguez auf die Stärken, die seinen Kinderfilmen eine kleine, eingeschworene Fangemeinde eingebracht hat.

„Doch überraschenderweise ist „We Can Be Heroes“ wesentlich besser als sein Vorgänger – was unter anderem daran liegen dürfte, dass Rodriguez hier gar nicht erst künstlich versucht, seine zumeist quietschig-anspornende Kinderfilmattitüde erneut „kantiger“ zu gestalten.“

Die „Spy Kids“-Filme waren stolz auf ihre große Latin-Repräseentation, lange bevor das Thema der Diversität in Hollywood-Mainstreamfilmen zu einer prominent geführten kulturellen Diskussion wurde. „We Can Be Heroes“ zelebriert nun mit großer Selbstverständlichkeit und sympathisch-positiver Energie einen Cast, der hauptsächlich lateinamerikanischer Herkunft ist, zeigt außerdem eine positive Darstellung eines Single-Dad-Haushalts, und gibt Kindern im Rollstuhl, die sich diesen Film anschauen, eine großartige Retourkutsche, sollten sie mal doof angemacht werden: „Meine Muskeln sind so stark, dass meine Knochen das nicht aushalten würden!“ Da „We Can Be Heroes“ mit seiner sehr simplen Dramaturgie (dazu gleich mehr) und seiner kindlichen Grundstimmung in allererster Linie jedoch für ein Grundschulpublikum gemacht ist, ist die Fülle an Positivität dieses Films zwar nicht gerade kunstvolles Geschichtenerzählen. Aber als Film, in dem sich sketchhafte Szene an sketchhafte Szene reiht und zwischendurch ein bisschen (halbgar am Computer animierte, aber wenigstens gewitzt erzählte) Action das Geschehen auflockert, ist „We Can Be Heroes“ auch gar nicht darauf aus. Es ist ein simpler Unterhaltungsfilm – und will durch seine Figurenkonstellation inspirierend wirken: Er gibt Kindern, die aus verschiedenen Gründen in den Massenmedien weiterhin unterrepräsentiert sind, eine heroische Truppe zur Identifikation – und hat dann schmissig erzählten Spaß mit diesen Figuren.

Boyd Holbrook ist Miracle Guy.

Dieser Spaß ist, wie schon angedeutet, sehr läppisch strukturiert. So endet der erste Akt mit zwei direkt aufeinander folgenden Passagen, in denen eine Figur nach der anderen einen kurzen Moment im Rampenlicht hat: Erst lernt Missy ihre neue Klasse kennen und ein Kind nach dem anderen wird mit Namen und Superkraft vorgestellt. Danach sehen sich die Kinder einen Nachrichtenbericht über ihre Superheldeneltern an – wo ein Elternteil nach dem anderen namentlich vorgestellt wird und seine Kraft einsetzt. Und schon ist ein beachtlicher Teil der Laufzeit bestritten. Raffiniertes Drehbuchschreiben sieht anders aus, und doch ist dieses Doppel an „Und hier ist das Ensemble!“-Szenen die beste Stelle im ganzen Film, da Rodriguez sich einige sehr spaßige Kräfte ausgedacht hat und sie mit kindlich-staunenden Augen vorstellt – und der Kinder-Cast hat richtig schön ansteckende Spielfreude daran, diese Fähigkeiten zur Schau zu stellen. Der Nachrichtenbericht wiederum ist voll mit gut sitzendem, beiläufig vermitteltem Sarkasmus, mit dem sich „We Can Be Heroes“ über Superheldenfilm-Genrekonventionen lustig macht – so jubelt die Nachrichtensprecherin während eines ebenso spektakulären wie destruktiven Heldenauftritts: „Diese Helden sind so kostenintensiv für den Steuerzahler – aber sie sehen dabei so gut aus!“ Einige Minuten später seufzt’s in den Nachrichten dagegen: „Uuuund jetzt … kämpfen unsere Helden wieder untereinander.“

„Da „We Can Be Heroes“ mit seiner sehr simplen Dramaturgie und seiner kindlichen Grundstimmung in allererster Linie jedoch für ein Grundschulpublikum gemacht ist, ist die Fülle an Positivität dieses Films zwar nicht gerade kunstvolles Geschichtenerzählen.“

Solche Boni für das ältere, die Genrekonventionen kennende Publikum, sind insgesamt aber eher sporadisch verteilt, stattdessen streut Rodriguez Cameos von Leuten wie Christian Slater oder Referenzen auf Leinwandgrößen wie Rita Moreno als kleine Schmankerl ein, um die Erwachsenen bei der Stange zu halten. Dennoch: Wie alle kindertauglichen Rodriguez-Filme nach „Spy Kids 2“ ist auch „We Can Be Heroes“ zweifelsohne nicht als Familien– sondern als Kinderfilm gedacht. Der Film will Kindern Identifikationsfiguren geben, Vorbilder, Bestätigung (ein wiederkehrendes Thema des Films ist, dass die nächste Generation stets die bessere ist) und 100 Minuten an zügigem Filmspaß. Und während sich die schwächeren Rodriguez-Kinderfilme irgendwann in Gewusel, Geschrei und Geplapper verrennen, erreicht „We Can Be Heroes“ seine Ziele mit einer zwar simplen Story (Erwachsene werden sie im Regelfall rasch durchschauen), jedoch wählt er einen kurzweiligen Weg voller kleiner kreativer Augenblicke, um zu seinem vorhersehbaren Ziel zu gelangen: Wie Missys Schulklasse zusammenarbeitet, um den Tag zu retten, und wie die Kinder ihre Kräfte einsetzen, ist das pfiffiger geschrieben und als in so manchem „echten“ Superhelden- oder Actionfilm, der glaubt, von Teamwork zu erzählen. Der Gemeinschaftssinn der Kids und wie sie alle ihre Kräfte wiederentdecken oder neu erkennen, ist nicht nur eine schöne Botschaft, sondern ist auch spaßig umgesetzt.

Fazit: Anspruch aufgeben und sich von den Superheldenkindern mitnehmen lassen! „We Can Be Heroes“ ist ein bunter, schlichter Kinderfilm, der jedoch große Freude daran hat, ein großes Ensemble aufzubauen und positiv in Szene zu setzen.

„We can be Heroes“ ist ab dem 25. Dezember bei Netflix streambar.

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