Maleficent: Mächte der Finsternis

Angelina Jolie setzt sich wieder die schwarzen Hörner auf: Der Disney-Fantasyfilm MALEFICENT: MÄCHTE DER FINSTERNIS führt die „Dornröschen“-Revision „Maleficent: Die dunkle Fee“ fort. Ob das Sequel besser ist als der anstrengende Vorläufer, verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Einige Jahre nach den Ereignissen aus „Maleficent – Die dunkle Fee“ haben viele Menschen aus den anliegenden Königreichen bereits wieder vergessen, was in Wirklichkeit passiert ist. Und so gilt die Fee Maleficent (Angelina Jolie) gemeinhin als biestige Schurkin, die unentwegt Unschuldige mit dunklen Flüchen belegt. Das ist eine Lüge – oder wenigstens nur eine Teilwahrheit. Doch als Prinz Philipp (Harris Dickonson) um die Hand von Aurora (Elle Fanning) anhält, bekommt die Prinzessin trotzdem zu sehen, wie schnell ihre Ziehmutter Maleficent ihre Geduld verliert. Die Beziehung zwischen den beiden Frauen wird auf eine noch härtere Probe gestellt, als die Königin von Ulstead, dem an die magischen Moore Maleficents angrenzenden Königreich, zu einem Essen lädt. Dort kocht der alte Groll zwischen den Menschen und den Feen wieder hoch und Maleficent und Aurora werden unweigerlich auf verschiedenen Seiten eines großen Konflikts gezerrt. So drohen die geknüpften Familienbande bereits wieder zu zerreißen und Maleficent scheint ihre dunklen Mächte wieder für sich zu entdecken…

Kritik

Im Mai 2014 brachte Disney mit „Maleficent: Die dunkle Fee“ sozusagen seine Antwort auf „Wicked“ heraus: Der Roman, der ein Erfolgsmusical inspirierte, erzählt die „Zauberer von Oz“-Geschichte aus der Sicht der Schurkin und enthüllt, dass diese gar keine Schurkin war, sondern eine missverstandene, hinterrücks gelinkte Heldin, deren Geschichte bisher einfach nur schlecht nacherzählt wurde. „Maleficent: Die dunkle Fee“ folgte diesem Konzept quasi Schritt für Schritt, und zeichnete die böse Fee aus „Dornröschen“ als Heldin, den guten König als wahnsinnigen Fiesling und die guten Feen als unfähige (und mies animierte) Volltrottel. So war es laut „Maleficent: Die dunkle Fee“ die dunkle Fee Maleficent, die die schlafende Schönheit mit einem Kuss weckte. Nun gut, es war dennoch weiterhin ihr Fluch, der Aurora in einen tiefen Schlaf versetzte, aber sie hat das nicht so gemeint, sie musste sich an jemandem rächen, der ihr Übel mitgespielt hat, Leute, das müssen wir verstehen. Zwar nahm „Maleficent: Die dunkle Fee“ global über 758 Millionen Dollar ein, jedoch war dem Film nur ein maues Presseecho beschert, was unter anderem an der konfusen Charakterzeichnung der Hauptfigur und Linda Woolvertons verkrampftem Storytelling lag.

Als dunkle Fee Maleficent dominiert Schauspielerin Angelina Jolie den Film.

Denn das Drehbuch der „Alice im Wunderland“-Autorin lässt jegliche Brillanz der inoffiziellen Inspiration „Wicked“ missen und eiert mühselig vor sich hin. Wie viel Gutes in Maleficent steckt, ob sie durch Auroras Vater böse gemacht wurde oder zu einer verbissenen Rächerin oder zu irgendwas dazwischen, das variiert in „Maleficent: Die dunkle Fee“ von Szene zu Szene, und wiederholt spielt Hauptdarstellerin Angelina Jolie es völlig anders als der Erzählduktus der Sequenz es gerade anbietet. Das Ergebnis: Was mit zugekniffenem Auge wie eine Familien-Fantasyfilm-Variante des Rape-and-Revenge-Kinos hätte anmuten können, spielte sich eher wie eine lustige Märchen-Slapstickkomödie über dumme Feen, tapsige Kinder und eine schlaue Heldin ab, die über ihr idiotisches Umfeld die Augen rollt. Atmosphäre, packende Figurenzeichnung und thematische Aussagekraft? Fehlanzeige.

Prinzessin Aurora (Elle Fanning) ist erwachsen geworden und befindet sich kurz vor ihrer Hochzeit.

Fünfeinhalb Jahre später setzt „Maleficent: Mächte der Finsternis“ genau da an, wo der erste Teil aufgehört hat. Nicht inhaltlich, sondern handwerklich – so ist auch dieses Mal das Drehbuch äußerst fahrig: Das Skript-Team Linda Woolverton, Noah Harpster & Micah Fitzerman-Blue eröffnet den Film mit einem Erzählerinnenkommentar, laut dem die Ereignisse aus dem ersten Teil von den Menschen vergessen wurden und die „wahre“ Geschichte von Maleficent und Aurora in der Öffentlichkeit der uns altbekannten Mär gewichen ist. Eine Fortsetzung sinngemäß mit „Jaja, Teil eins könnt ihr praktisch vergessen, haben die meisten Figuren in dem Film ja auch“ zu beginnen, ist ein mutiger Schritt, der sich für eine subversive Lord-und-Miller-Komödie eignet – nicht aber für „Maleficent: Mächte der Finsternis“, da es sich als eine halbseidene Ausrede entpuppt, einfach den Charakterbogen aus Teil eins zu wiederholen. Wie schon Robert Strombergs Vorgänger, handelt die Fortsetzung von Joachim Rønning (eine Hälfte des „Pirates of the Caribbean: Salazars Rache“-Regieduos) davon, dass Maleficent eingangs eine wohlmeinende, aber strenge und misstrauende Fee ist, die jedoch einschüchternd auftritt. Als ihr Übel mitgespielt wird, nimmt ihre zornige Seite Überhand – und der Rest des Films handelt von Maleficents äußerem Kampf gegen ihre Widersacher und ihrem inneren Kampf um den Rückerhalt ihrer Contenance. Und wie schon der erste „Maleficent“-Film versaubeutelt auch dieser seine Grundidee, da die Filmschaffenden keine glaubwürdige Charakterzeichnung ihrer Titelfigur erschaffen. Dadurch, dass wir nie (und sei es auch nur auf Popcornkinoniveau) in die Tiefe gehen, was Maleficent ausmacht, sondern sie nur als streng dreinblickende, kühl lachende Fee in Menschengröße und mit durchgedrücktem Rücken erleben, fehlt jegliche Grundlage, um ihre innere Zerrissenheit zu verstehen.

Jolie ergötzt sich sichtlich an ihren Gothic-Kostümen, doch ob Maleficent nun jemand ist, der völlig missverstanden ist und das Opfer von Vorurteilen, eine übermäßig stolze Persönlichkeit, die somit leichtsinnig Öl ins Feuer des Konflikts kippt, eine verletzte Seele mit aufgesetzt-rauer Schale oder eine Schurkin, die sich bekehren ließ und nun einen Rückfall erleidet, variiert von Szene zu Szene. Und da diese rapiden Persönlichkeitswechsel ohne jegliche narrative oder darstellerische Verbindung auskommen und es dem mageren Skript an Verständnis für komplexe Charaktere mangelt, lässt sich dies auch nicht damit entschulden, dass Maleficent einfach eine sehr facettenreiche, wankelmütige Figur sei. Und abseits der Titelheldin sind sämtliche Figuren in „Maleficent: Mächte der Finsternis“ ohnehin völlige Abziehbilder, bei denen mitunter selbst die Bezeichnung „eindimensional“ zu gönnerhaft ausfällt. Aurora streift naiv und mit großen Augen durchs Bild, ihr Göttergatte in spe hat keinerlei Persönlichkeit, Academy-Award-Anwärter Chiwetel Ejiofor („12 Years a Slave“) darf bedeutungsschwanger ein paar Sätze an Exposition dahin hauchen und Michelle Pfeiffer ist als gehässige Königin sträflich unterfordert.

Prince Phillip (Harris Dickonson) stellt Aurora seinen Eltern (Robert Lindsay und Michelle Pfeiffer) vor.

Am ehesten sticht Jenn Murray („Brooklyn“) positiv hervor, deren Rolle einer gewissenlosen Handlangerin zwar ebenfalls überzeichnet ist, aber Murray scheint als Einzige im Ensemble zu erahnen, in welcher Art Film sie sich befindet: Um dem drögen, Fantasygeschehen zumindest einen Hauch Energie einzuverleiben, trägt sie genüsslich dick auf – so zittert ihre Figur in einer Sequenz lustvoll am ganzen Leib, während sie unschuldige Wesen ins Verderben bringt. Das ist schräg, aber es ist wenigstens etwas. Murrays darstellerische Entscheidung in besagter Sequenz ist auch so ziemlich der einzige Funken Mumm in „Maleficent: Mächte der Finsternis“, denn sofern nicht das Skript dramatische Momente hastig revidiert, schneiden Rønning und die Cutter Laura Jennings & Craig Wood halt weg, bevor das Gezeigte emotional räsonieren könnte. Für einen Film, unter dessen Teflon-Inszenierung Spurenelemente der Themen Intoleranz und Hassverbrechen stecken, will es schon etwas heißen, wenn sich die Erinnerung an ihn schon wenige Stunden nach dem Kinobesuch ins Nichts auflöst. Da helfen auch ein paar stimmungsvolle Bilder (Kamera: Henry Braham, „Guardians of the Galaxy Vol. 2“) und die markanten Kostüme der Designerin Ellen Mirojnick („Greatest Showman“) nicht weiter: „Maleficent: Mächte der Finsternis“ ist ein lärmender Film, in dem streng genommen viel passiert, und letztlich doch überhaupt nichts haften bleibt. Wie hoch stehen wohl die Chancen, dass Teil drei damit beginnt, dass eine Erzählerin erklärt, dass in den Jahren nach den Ereignissen dieses Fantasy-Abenteuers, erneut alle vergessen haben, was passiert ist..?

Fazit: „Maleficent: Mächte der Finsternis“ ist nicht ganz so fahrig wie Teil eins, und Joachim Rønnings Bilderwelten sind nicht derart matschig wie die seines Vorgängers. Aber ein Film, der nicht ununterbrochen nervt, sondern primär langweilt, und nur ab und zu ätzt, ist noch immer ein mieser Film.

„Maleficent: Mächte der Finsternis“ ist ab dem 17. Oktober 2019 in den deutschen Kinos zu sehen.

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