The Kitchen: Queens of Crime

Drei Frauen übernehmen in den späten 70er-Jahren das organisierte Verbrechen in Hell’s Kitchen, während ihre Männer im Knast sind. Das ist die Prämisse eines DC-Comics, der unter dem Titel THE KITCHEN: QUEENS OF CRIME nun für die große Leinwand verfilmt wurde. Was folgt, ist austauschbar. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

New York City 1978. Die 20 Häuserblocks zwischen 8th Avenue und dem Hudson, genannt Hell’s Kitchen –, eine Ansammlung von Pfandhäusern, Pornopalästen und Spelunken im Besitz der irischen Mafia – waren noch nie der einfachste oder sicherste Ort zum Leben. Dann nehmen die Dinge für die Mafioso-Ehefrauen Kathy (Melissa McCarthy), Ruby (Tiffany Haddish) und Claire (Elisabeth Moss) eine radikale und dramatische Wendung. Nachdem das FBI ihre Ehemänner inhaftiert hat, nehmen die Frauen die Sache selbst in die Hand: Ab sofort führen sie die kriminellen Geschäfte und schalten die Konkurrenz aus … im wahrsten Sinne des Wortes. Jetzt gehört ihnen das Viertel.

Kritik

Unter dem Label ‚Vertigo Comics‘ (das mittlerweile in ‚DC Vertigo‘ umbenannt wurde) veröffentlicht der Comicriese DC Comicreihen, Comic-Miniserien und Graphic Novels, die sich nicht mit dem DC-Alltag vereinen lassen. Nicht wenige dieser Reihen sind grafisch-brutale Dramen wie der gesellschaftskritische „V wie Vendetta“, die Special-Forces-Geschichte „The Losers“ und eben auch das Kriminaldrama „The Kitchen“, das in Anlehnung an frühe Martin-Scorsese-Filme vom organisierten Verbrechen im New York der 70er-Jahre erzählt – nur mit Frauen in der Hauptrolle. Mit der Verfilmung des Stoffes wurde Andrea Berloff betraut, die Drehbuchautorin hinter dem packenden, aussagekräftigen Hip-Hop-Biopic „Straight Outta Compton“. Zunächst wurde Berloff allein fürs Drehbuch angeheuert, schlussendlich entschied man sich aber, ihr auch die Regie anzuvertrauen. In ihrem Regiedebüt zeigt sich Berloff auch szenenweise als Regisseurin, die mit wachsender Erfahrung noch Größeres leisten wird.

Die Ladys spielen nach ihren eigenen Regeln…

Denn aus dem (für heutige Hollywood-Verhältnisse) schmalem Budget von 38 Millionen Dollar holt Berloff eine detaillierte 70er-Kulisse heraus und eine atmosphärisch-abgegriffene Filmästhetik. Zumindest über weite Strecken – gegen Ende des Films scheint es fast so, als wäre „The Kitchen“ die Luft (respektive: das Geld) ausgegangen und die authentischen 70er-Kleider und die verwinkelten, ausgiebig ausgestatteten Schauplätze weichen alltäglichen Anblicken, genauso wie der bräunlich-gilbliche Stich aus Maryse Albertis Bildern entfleucht. Berloff weiß auch szenenweise, Gewaltspitzen pointiert zu inszenieren, genauso wie sie es versteht, aus einem trocken-dramatischen „Wie entsorge ich eine Leiche?“-Lehrkurs nach und nach einen pervertiert-amüsanten Flirt zwischen Elisabeth Moss („The Square“) und Domhnall Gleeson („Star Wars – Die letzten Jedi“) zu formen, ohne dass dieser tonale Wechsel lächerlich wird. Dennoch mangelt es Berloff in „The Kitchen“ noch am Händchen dafür, so etwas wie Konstanz zu erreichen – denn abseits seiner gelegentlichen Höhepunkte plätschert „The Kitchen“ einfach nur trivial vor sich her.

Das hat sowohl erzählerische als auch filmische Gründe. Die im New York des Jahres 1978 beginnende Geschichte zeigt, wie Kathy Brennan, Ruby O’Carrollund Claire Walsh, die Ehefrauen dreier irischer Gangster, das Geschäft ihrer Gatten übernehmen, als diese in den Knast wandern. Eingangs wird das Trio angepflaumt, es solle sich aus der Sache raus halten, doch mit einer Mischung aus List, Tücke, Vehemenz und Einfühlungsvermögen gegenüber den richtigen Leuten mausern sie sich zügig zu Gangster-Chefinnen. Die Unterstützung von Vietnamveteran und Profi-Killer Gabriel O’Malley (Gleeson) kommt ihnen aber auch recht…

Claire (Elisabeth Moss) und ihr Ehemann Gabriel (Domhnall Gleeson).

Berloff scheint sich in dieser Extremsituation komfortabel zu fühlen: Wenn die Ladys ihren Verstand und ihr freundliches Äußeres nutzen, um Gangster-Konventionen gegen den Strich zu bürsten und so das zu bekommen, was sie wollen, gehen solche Szenen tonal auf. Berloff findet den richtigen Duktus, um diese Szenen beiläufig-amüsant zu gestalten, so dass sie nicht als Parodie mit der Aussage „Warum wird sonst so viel geschossen? Die Frauen schaffen das auch friedlich!“ wirken, und die Dialoge sind zwar nicht prägnant, aber kurzweilig-funktional. Moss‘, McCarthys und Haddishs in diesen Szenen zurückhaltend-süffisantes Spiel tut da sein Übriges. Ähnlich treffsicher sind die Gewaltspitzen und plötzlichen Wendungen ins Dramatische. Doch die Zwischentöne sind es, die in „The Kitchen“ nicht funktionieren – und davon hat der Film viele, weil Berloffs Drehbuch gleichzeitig hetzt (Figuren drehen sich charakterlich blitzschnell um 180°) wie es zäh ist (aufgrund der mangelnden Nuancen in der Charakterzeichnung trampeln figurenzentrische Filmpassagen auf der Stelle). Auch fehlt es „The Kitchen“ völlig an Perspektive über das Gangsterdasein: Weder wird der „Suchtfaktor Verbrechen“ greifbar vermittelt, wie es nicht nur ein „Scarface“ oder „Goodfellas“ vollbringen, sondern auch viele Nachahmer. Und ebenso wenig werden die Verstrickungen zwischen Geschäft und Familie minutiös beleuchtet, um so dramaturgische Fallstricke zu erzeugen und den Figuren moralische Dilemmata zu stellen.

Fazit: „The Kitchen“ ist trotz eines Retro-Hitsoundtracks und der engagierten Hauptdarstellerinnen letztlich nur unbedeutender Fluff, der aus seinem Gangsterdrama nichts schöpft, das von Belang wäre. Verdammt schade drum.

„The Kitchen“ ist ab sofort in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

Und was sagst Du dazu?