2018 – Die Plätze 10 bis 1

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge werde ich mit den Top 10 meiner Lieblingsfilme 2018 nun endgültig mit dem vergangenen Jahr abschließen. Ein kurzes Abschlussfazit: Erneut habe ich – vor allem berufsbedingt – die Anzahl der von mir in einem Jahr gesehenen Filme noch einmal gesteigert. Dabei hatte ich im Großen und Ganzen das Gefühl, dass das Jahr eher durchschnittlich war. Meine Lieblingsfilme habe ich daher lieber einmal mehr geschaut (mit „Mission: Impossible – Fallout“ einen sogar ganze sechsmal im Kino), als mich ein zweites Mal durch Filme zu quälen, die (wie die meisten) noch eine zweite Chance bekommen, wenn ich unsicher bin. Ich war dieses Jahr mit Herzblut beim Fantasy Filmfest anwesend – dafür, dass ich Filmfestivals eigentlich nicht ausstehen kann, hat es mir auch bemerkenswert gut gefallen. Und mein anfänglicher Missmut gegenüber des deutschen Kinos hat sich spätestens in der zweiten Jahreshälfte wieder in Luft aufgelöst.

Nachdem ich vor den Plätzen 20 bis 11 auf die Arthouse-Filme einging, die den Sprung in die Tops knapp verpassten, hier nochmal die Mainstream-Produktionen, die ich aus unterschiedlichen Gründen in mein Herz geschlossen habe: Die aus den Kinos geklaute Romanverfilmung AUSLÖSCHUNG (Platz 42) wäre mit Sicherheit in meinen Tops gelandet, wenn man sich nicht dazu entschlossen hätte, ihm die große Leinwand zu verwehren um ihn stattdessen auf Netflix zu verheizen. Hierzulande blieb auch UPGRADE (Platz 44) der Sprung ins Kino verwehrt, einem sehr kreativ inszenierten Actionfilm von Leigh Whannell. Ich mochte auch das Gruselsequel GÄNSEHAUT 2: GRUSELIGES HALLOWEEN (Platz 49) sehr, mehr noch als den ebenfalls charmanten ersten Teil. Trotz des Skandals um die Neubesetzung in Ridley Scotts ALLES GELD DER WELT (Platz 54) fand ich den starbesetzten Thriller ebenso spannend wie emotional, während andere ihn leider vorwiegend als langweilig empfunden haben. Und zu guter Letzt möchte ich noch CATCH ME! nennen, eine sehr sympathische, alberne Komödie, basierend auf einer wahren Geschichte, die man in ihrer Absurdität kaum glauben kann. Kommen wir nun aber zu meinen absoluten Lieblingsfilmen der vergangenen 365 Tage und freuen und auf ein neues, aufregendes Kinojahr 2019!

10

Eine US-Comedy mit einem so feinen visuellen Konzept wie es GAME NIGHT besitzt – das muss man erst einmal hinbekommen. Dass der Film mit Jason Bateman und Rachel McAdams, der davon handelt, dass ein Spieleabend vollkommen aus dem Ruder läuft, dann aber auch noch mit Slapstick, Pointen und Twists gespickt ist, sodass man diese Komödie immer wieder schauen kann, ohne dass sie auch nur zu einem Bruchteil an Witz und Charme verliert, ist das zweite Kunststück, das die Regisseure John Francis Daley und Jonathan Goldstein mit ihrem Film hinbekommen haben. So kurzweilig, kreativ und witzig war in diesem Jahr keine andere Komödie, ja, ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass überhaupt kein anderer Film 2018 den Zuschauer mit einer derart guten Laune aus dem Kinosaal entlassen hat. Das alles funktioniert natürlich nur, wenn man einen Cast hat, der so richtig bei der Sache ist und weiß, worin er da gerade mitspielt. Und das trifft hier eben nicht bloß auf die beiden Hauptdarsteller zu, sondern vor allem auf Jesse Plemons in der abgefahrenen Nebenrolle eines Psychopathen-Nachbarn, den man nur zu gerne wiedersehen würde…

9

Apropos gute Laune: Zwischen all den angsteinflößenden, terrorisierenden und sich in ihrem Schockvalue gegenseitig zu überbieten versuchenden Horrorfilmen der letzten Jahre hat sich GHOST STORIES vor allem deshalb so angenehm hervorgetan, weil er all das eben nicht tut. Die Verfilmung eines Jumpscare-Theaterstücks macht Spaß, ist zur selben Zeit aber auch einfach verdammt gruselig, was in der Kombination selten zündet. Die meisten Horrorkomödien beschränken sich dann doch auf ihr Dasein als Comedy, während sie hin und wieder ein aus dem Horrorgenre bekanntes Element in ihrer Inszenierung unterbringen. Hier ist es anders. Hier sind tiefschwarzer Humor und Hochspannung derart fein ausbalanciert, dass man sich für eineinhalb Stunden mächtig gruseln kann und am Ende trotzdem mit einem guten Gefühl aus dem Film entlassen wird. Dadurch beinhaltet „Ghost Stories“ sowohl eine der witzigsten Szenen (die im Auto), als auch eine der gruseligsten (Martin Freeman allein zuhaus) des Kinojahres. Da ihn ohnehin viel zu wenig Leute kennen: Bitte schaut euch „Ghost Stories“ an!

8

Eigentlich wäre THE RIDER prädestiniert dafür, der Kritikerliebling des Jahres zu sein, doch trotz ausnahmslos positiver Besprechungen spielt er bei den großen Preisverleihungen des Jahres kaum eine Rolle. Dabei ist Chloé Zhaos Cowboydrama mehr als bloß die obligatorische Pferdefilmnennung meiner Jahrescharts, sondern ein selten feinfühlig inszeniertes Charakterporträt, basierend auf wahren Ereignissen, in dem sich die Protagonisten aus der Realität allesamt selbst spielen. Im Mittelpunkt steht ein Rodeoreiter, der sich nach einem schweren Unfall damit auseinandersetzen muss, was er vom Leben eigentlich noch erwarten kann, wenn ihm seine naturgegebene Bestimmung – das Zureiten wilder Pferde – fortan verwährt bleibt. Das ist harter, bisweilen tieftrauriger Stoff, dem gleichzeitig so eine Kraft und Anmut innewohnt, dass man 104 Minuten gebannt an diesen wundervollen Bildern klebt, in denen ein Mann mit sich selbst ringt und die Frage zu beantworten versucht, ob es sich lohnt, für seine Lebensaufgabe ebenjenes Leben zu riskieren.

7

Es ist mir unbegreiflich, wie ein derart herausragender Film so spalten kann, wo sich doch zumindest inszenatorisch schon mal alle darauf einigen können sollten, was Regiedebütant Ari Aster mit HEREDITARY für ein perfekt designtes Brett von einem Horrorfilm abgeliefert hat. Anschließend komme ich zur Story – und ich habe den Film sowohl mit einem für derartig experimentelles Kino aufgeschlossenen Publikum gesehen, als auch mit Zuschauern, von denen ein Großteil sichtlich nicht wusste, was das alles soll. Halten wir fest: Mit dem obligatorischen Jumpscare-Horror der Marke „Conjuring“ (den ich an dieser Stelle auf keinen Fall verteufeln, sondern nur für einen Vergleich heranziehen möchte!) hat „Hereditary“ nichts zu tun. Hier entfaltet sich das Genre auf eine ganz neue Art und Weise, zieht sich die tief in die Magengegend treffende Atmosphäre aus der mitunter eher dramatischen als gruseligen Situation heraus, sodass sich auf der Leinwand der ganz große Terror entfaltet. Und Toni Collette performt hier auf einem Niveau, wie ich es in diesem Jahr von keiner anderen weiblichen Schauspielerin erlebt habe.

6

Irgendwo zwischen verträumtem Märchen und bemerkenswert realistischem Coming-of-Age-Drama findet sich LOVE, SIMON – eine Buchverfilmung, die die Tagline nicht besser beschreiben könnte: „Jeder verdient eine große Liebe!“. Nach „Call Me By Your Name“ ist das hier bereits der zweite Film in diesem Jahr, in dem die Homosexualität an sich nicht zu einem Problem gemacht wird; im Gegenteil: Einige störten sich sogar daran, dass in Simons Welt alles eine Spur zu harmonisch, ein bisschen zu perfekt ist. Doch genau das ist es, worum es hier geht: Trotz der idealen Umstände, in die Protagonist Simon hineingeboren wird, stellt das Coming Out für ihn eine riesige Überwindung dar. Und genau damit trifft der selbst schwule Regisseur Greg Berlanti den Nagel auf den Kopf: Probleme sind nicht erst dann Probleme, wenn sie von unserer Umgebung als solche wahrgenommen werden, sondern dann, wenn wir sie als solche empfinden. Und genau das hat in diesem Jahr kein Film so berührend und nachempfindbar aufgezeigt, wie „Love, Simon“.

5

(K)ein Biopic über Freddie Mercury – meine Jahrescharts sind in diesem Jahr voll mit Filmen, die sowohl eine große Fan- als auch eine große Hatebase haben, so wie BOHEMIAN RHAPSODY, ein sich mal eng, mal lose an der Karriere der Band Queen orientierendes Musikdrama, das mit einer der beeindruckendsten Szenen des gesamten Filmjahres endet: Queens nachgedrehtem Live-Aid-Konzertauftritt 1985. Damit schließt dieser Film nicht nur mit einem buchstäblichen Höhepunkt, auch der Weg dorthin ist gespickt mit impulsiv-mitreißenden Musik- und Konzertszenen, die sich wie ein verfilmtes Best-Of-Album der Band anschauen. Natürlich kann man daran jetzt bemängeln, dass der Film seinen Ansprüchen, das Leben einer realen Person akkurat nachzuzeichnen, nicht gerecht wird. Das tut er auch nicht. Nur werfe ich jetzt die Frage in den Raum, ob das überhaupt gewollt war? Meiner Ansicht nach nämlich nicht. „Bohemian Rhapsody“ ist ein Wohlfühl-Musikfilm, ein Geschenk an die Fans. Und wenn in drei Jahren jemand das dramatische Leben Mercurys eins zu eins filmisch aufbereiten will, steht ihm das genauso frei.

4

Für viele ist er der Film des Jahres – und für mich gehört er auch dazu, nur dass ich drei Filme halt einfach noch toller fand als THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI, ein Drama, mit dem es Regisseur und Drehbuchautor Martin McDonagh gelungen ist, über knappe zwei Stunden sämtliche Emotionen auf einmal anzusprechen, indem er immer wieder Moralitäten verschiebt und Menschen von all ihren angenehmen und unangenehmen Seiten zeigt, sodass sie sich zu keinem Zeitpunkt in eine Schublade stecken lassen. Hier gibt es kein Gut und Böse, kein Schwarz und Weiß – hier dürfen unsympathische Menschen Heldentaten begehen und augenscheinliche Helden im letzten Moment scheitern. Getragen wird all das von einem herausragenden Cast, der sich zu keinem Zeitpunkt in die Karten schauen lässt; genauso wie das Skript, das ganz ohne brachiale Twists in der Lage ist, dem Zuschauer mehrmals den Boden unter den Füßen wegzuziehen, indem McDonagh einfach nur geschehen lässt, was ohnehin unausweichlich ist. Phänomenal!

3

Über die mies animierten Pferde in der Eröffnungssequenz bin ich zwar immer noch nicht hinweg, aber hey: GREATEST SHOWMAN war in diesem Jahr einfach einer meiner meistgeliebten Filme überhaupt, auch wenn ich weiß, dass er Schwächen hat und (ähnlich „Bohemian Rhapsody“) zu Entertainmentzwecken nicht die ganze Wahrheit über seinen streitbaren Protagonisten auf den Tisch packt. Für ein Hollywood-Popmusical geht der Film mit seiner Hauptfigur aber doch einigermaßen ehrlich ins Gericht, auch wenn das für den Gesamteindruck letztlich eh nur zweitrangig ist. Viermal habe ich „Greatest Showman“ im Kino gesehen, bis heute läuft der Soundtrack bei mir rauf und runter, in den Bildern und Choreographien habe ich mich verloren und geweint, weil es so schön, und eben nicht, weil es so traurig ist. Regisseur Michael Gracey hat es geschafft und das Kino für ein paar Stunden zu einem Spektakel, zu einer Zirkusmanege gemacht, wodurch sich selbst gestandene Musical-Nichtfans an meiner Seite zu Lobeshymnen hinreißen ließen. Daher auch hier mein Tipp an jeden: Gebt „Greatest Showman“ eine Chance!

2

Er klebte viele, viele Monate fest ganz oben auf dem Treppchen meiner Jahrescharts 2018 und musste sich letztlich doch geschlagen geben, weil MISSION: IMPOSSIBLE – FALLOUT auf den letzten Metern dann eben nur massig Action, eine verschwurbelte Story und insgesamt einen Tick zu wenig Herz hat. Aber das ist Meckern auf ganz hohem Niveau, denn das, was Regisseur Christopher McQuarrie und sein Hauptdarsteller Tom Cruise hier abgeliefert haben, ist pures Adrenalin, das mich ganze sechsmal ins Kino lockte. Verfolgungsjagden mit Hubschraubern, Faustkämpfe in der beengten Kulisse einer Klokabine, halsbrecherische Motorradstunts und ein Tom Cruise, der selbst mit gebrochenem Fuß noch so lange weiterläuft, bis der Take im Kasten ist – ein Film wie „Mission: Impossible – Fallout“, der im Anbetracht dessen, was im Kino heutzutage möglich ist, trotzdem mehrmals die Frage aufwirft, wie die Verantwortlichen das alles hinbekommen haben, gibt es so kaum noch. Und wenn ich wieder drei Jahre auf den nächsten Film dieser Art warten muss: Ich warte gern!

1

Aber wer hat denn da nun den sicher geglaubten Anwärter auf meinen Lieblingsfilm 2018 in letzter Minute vom Thron gestoßen? Die Antwort lautet: ein deutscher Film – und damit nach „SMS für Dich“ der zweite in fünf Jahren. WAS UNS NICHT UMBRINGT heißt das gute Stück, das vermutlich viel zu wenig Leute gesehen haben. Darin geht es um einen Psychotherapeuten, der zum Dreh- und Angelpunkt verschiedener Menschen und ihrer Geschichten wird, die allesamt von tragischen Lebensabschnitten handeln. „Was uns nicht umbringt, macht uns stärker!“ heißt es und wird hier zum Programm. Gebrochene Herzen, Krankheit, Tod – all diese Schicksale verwebt Regisseurin Sandra Nettelbeck zu einem Kaleidoskop der Melancholie, streut immer mal wieder leisen Situationshumor ein und hat mit ihren lebensechten Dialogen zu jeder Sekunde in mein Herz getroffen. „Was uns nicht umbringt“ ist einer dieser Filme, von denen man auf den ersten Blick weiß, dass sie wie für einen selbst gemacht sind. Und daher mag die Wahl meines Lieblingsfilms 2018 unspektakulär sein, aber ich bin nach diesem Film um Einiges weiser als vorher.

 

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit und ein frohes neues Jahr 2019!

Ein Kommentar

  • Einfach schade, dass Filme wie „The Rider“ oder „Was uns nicht umbringt“ nirgends in meiner Nähe gezeigt werden. Muss ich halt auf Disc nachholen.

    Dir auch ein Frohes Neues Jahr!

    PS: Unten steht Frohes Neues Jahr 2018 😉

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