2018 – Die Plätze 40 bis 31

Es ist vorbei! Zwölf Monate voller verschiedener Filme – satte 328 an der Zahl – so viele wie noch nie zuvor! Die ärgerlichsten, nervigsten und anstrengendsten Vertreter habe ich bereits in meinen Flops abgefrühstückt. Doch ich kann den Jahreswechsel nicht guten Gewissens antreten, ehe nicht auch all jene Filme ausführlich gewürdigt wurden, die mir in diesem Jahr ganz besonders am Herzen lagen. Entsprechend folgen an dieser Stelle und in den kommenden Tagen meine 40 Lieblingsfilme des Jahres 2018. Und weil das in den letzten Jahren ja immer schon so gut geklappt hat, weise ich nun noch einmal auf Folgendes hin: Hierbei handelt es sich nicht um die aus Kritikersicht besten Filme des Jahres, sondern ausschließlich um meine ganz persönlichen, vollkommen subjektiv ausgewählten Lieblingsfilme! Doch genug der Theorie! Hier kommen also meine ersten zehn Lieblingsfilme aus über 300, die zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember hierzulande in Deutschland erschienen sind. Und auch diesmal habe ich nicht bloß Kinofilme, sondern auch Direct-to-DVD-Produktionen und solche berücksichtigt, die auf Streamingplattformen erschienen sind. Viel Spaß!

40

Ich habe kurzzeitig überlegt, ob ich Steven Spielbergs READY PLAYER ONE sowohl in meiner Top-, als auch in meiner Flopliste platzieren soll, denn ich habe zu dieser knallbunten Popkulturparade ein sehr gespaltenes Verhältnis. Das auf dem gleichnamigen Roman basierende CGI-Abenteuer hat mir im Kino genauso viel Spaß wie Stirnrunzeln beschert. Ich denke an viele Dinge aus diesem Film nur ungern zurück, weil er letztlich nicht mehr zu bieten hat, als ziemlich aggressives Name-Dropping. Gleichzeitig lässt es sich in „Ready Player One“ aber auch hervorragend verlieren. Die vielen Referenzen und Anspielungen, von denen es von Mal zu Mal mehr werden, zu entdecken, macht unheimlich viel Spaß. Und die vielzitierte „Shining“-Szene gehört zu den besten, die ich dieses Jahr überhaupt gesehen habe. Seit ich den Film zuhause habe, hab ich schon mehrmals zu ihm gegriffen – und mich trotzdem im Nachhinein wieder über viel geärgert. Trotzdem wäre meine Topliste ohne ihn einfach nicht komplett. Und auch, wenn das keiner außer mir verstehen muss, gestehe ich ihm hiermit meinen Platz 40 zu.

39

Ich habe Peter Bergs MILE 22 nicht umsonst in meinem Weihnachts-Countdown als eine der größten Überraschungen gelistet. Obwohl ich ein großer Fan der Berg-Wahlberg-Kollaboration „Boston“ bin, haben mich ihre anderen Kooperationen „Deepwater Horizon“ und „Lone Survivor“ nicht einfach nur kalt gelassen, sondern mich wahlweise genervt oder durch ihren übertriebenen Patriotismus abgeschreckt. Zu sagen, „Mile 22“ wäre nun völlig frei von Letzterem, wäre falsch. Denn natürlich geht es auch in diesem Actionthriller wieder einmal um den Kampf zwischen den USA und Russland. Doch diesmal traut sich Berg etwas, was er bislang nicht getan hat: Er verzichtet nicht bloß auf einen klar erkennbaren Protagonisten als Weltenretter, er stellt auch das Verständnis davon, wer hier gut und wer böse ist, auf den Kopf, sodass der Zuschauer am Ende vor allem mit seinen eigenen Erwartungen und Vorurteilen konfrontiert wird. Das hat mir sehr imponiert – ganz im Gegensatz zur äußerst anstrengenden Wackelkamera, die dafür sorgt, dass „Mile 22“ nicht noch höher in meinen Jahrescharts platziert ist.

38

Der Vermisstenthriller SEARCHING war nicht der erste Film, der sich ausschließlich auf verschiedenen Desktops und Screens abgespielt hat, aber der erste, bei dem genau das einwandfrei funktionierte. Im Kern erzählt der Film nur die Geschichte eines Vaters, dessen Tochter von einem Tag auf den anderen spurlos verschwindet. Die Suche nach ihr konzentriert sich allerdings ausschließlich auf digitale Spuren, auf Online-Aktivitäten und Kontakte in sozialen Netzwerken. Das funktioniert nicht nur deshalb so gut, weil die Macher genau verinnerlicht haben, wie sich Menschen im Internet verhalten, sondern auch, weil sie trotz des sehr begrenzten Settings filmisch denken. Anders als beispielsweise im ersten Teil von „Unknown User“ zeigt die Leinwand nicht einfach nur einen verpixelten Bildschirm. Stattdessen wandert die Kamera wie die Augen des Zuschauers über die Programme, springt zwischen Video- und Nachrichtenstreams hin und her, verwendet Videotelefonie, um gleichzeitig andere Darsteller in die Szenerie einzubeziehen und lässt durch all das eine bemerkenswerte Kurzweil entstehen. Toll!

37

Vielleicht ärgere ich mich im nächsten Jahr, weil EIGHTH GRADE dann auch in Deutschland einen Kinostart bekommt. Da die für den Golden Globe nominiert Coming-of-Age-Tragikomödie aktuell aber noch nicht einmal einen Verleih hat und ich nicht möchte, dass dieser tolle Film unter den Tisch fällt, habe ich mich entschieden, ihn auch ohne eine deutsche Leinwandauswertung in dieses Ranking aufzunehmen. In „Eighth Grade“ geht es um ein junges Mädchen, das erwachsen wird. Doch anders als beispielsweise in „Lady Bird“, einem Film, der bei mir in den letzten Monaten stark nachgelassen hat, fühlt sich hier nichts inszeniert an. Elsie Fisher spielt die Hauptfigur Kayla Day auf derart umwerfende, natürliche Weise, dass es keine bemühten Weisheiten benötigt, um zu begreifen, dass das hier das authentische Abbild eines US-amerikanischen Teenielebens darstellt. Die Dialoge fühlen sich genauso echt an, wie das Umfeld, in dem Kayla interagiert, was dazu führt, dass alles, was sie erlebt, umso näher an uns als Zuschauer herangetragen wird. Das macht „Eighth Grade“ zu einer Perle des Independent-Kinos, die hoffentlich auch hierzulande bald jenen großen Auftritt verdient, der diesem unscheinbaren Mädchen vergönnt ist.

36

Zwei Damen, die eine fühlt nichts, die andere fühlt zu viel, und ein Mordkomplott: Dass VOLLBLÜTER ein Debüt darstellt, mag man bei diesem Stilwillen, den Regisseur Cory Finley an den Tag legt, kaum glauben. Doch er schmeichelt mit seinen durchdesignten Bildern nicht bloß den Augen, sondern auch allen anderen Sinnen. Seine Thrillersatire mit Olivia Cooke und Anya Taylor-Joy, sowie Anton Yelchin in einer seiner letzten Nebenrollen seziert kaum greifbar das Leben der oberen Zehntausend, indem der Regisseur und Drehbuchautor erst einmal die Langeweile der beiden Grazien hervorhebt, bis sich aus dieser Langeweile und den Gegensätzen der beiden jungen Frauen ein Strudel aus falsch verstandener Selbstgerechtigkeit hervortut, wodurch sich die beiden immer mehr in einer kruden Fantasie verlieren. Abgesehen von den Dialogen und der technischen Aufmachung waren es hier vor allem die vielfältigen Deutungsmöglichkeiten, durch die sich „Vollblüter“ bei jedem Schauen anders guckt. Ein Film, auf den man sich einlassen muss, der einen aber weghauen kann, wenn er einen auf dem richtigen Fuß erwischt.

35

Der Spionagethriller RED SPARROW widerspricht als wortkarges Machtspiel zwischen zwei Nationen eigentlich meinem persönlichen Filmgeschmack. Nicht dass ich sowas generell schlecht fände, aber in der Regel gibt’s von mir dafür eher Respekt als einen Platz in meinem Herzen. Und trotzdem gab es zwei Dinge, die dafür gesorgt haben, dass er nun auch nach der dritten Sichtung einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen hat. Da ist zum einen Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence, die hier in einer Rolle auftritt, wie man es von ihr vorher noch nicht gesehen hat. Ihre Performance der unnahbaren Manipulatorin ist sexy und eiskalt, die von ihr angewendete Gewalt ist skrupellos und ihre Verführungskünste sind einzigartig. Damit trägt sie einen Film, der zum anderen eine spannende Story aufweist und in den richtigen Momenten mit Gewalt und Blut nicht geizt. Der Cast um sie herum aus Joel Edgerton, Matthias Schoenaerts und Charlotte Rampling veredelt den sich trotz seiner üppigen Lauflänge von 140 Minuten angenehm kurzweilig anfühlenden Film zusätzlich.

34

… und irgendwie hab ich das Gefühl, dass sich in diesem Moment einige Leser von diesem Ranking verabschieden. Aber lasst mich erklären: JURASSIC WORLD: DAS GEFALLENE KÖNIGREICH ist kein überragender Film (steht ja auch obendrüber: hier geht es nicht um die besten, sondern um meine Lieblingsfilme!). Im Gegenteil: Wenn man dem Sequel der wiederbelebten Dinoreihe etwas ankreiden kann, dann ein zum Teil hanebüchenes Drehbuch und einige alberne Dialoge. Aber gleichzeitig bin ich vollkommen fasziniert davon, wie einige ein schwaches Skript auf Biegen und Brechen noch viel schlechter gemacht haben, als es eigentlich ist. Es mag an einigen Stellen dumm sein, aber nicht so dumm. Und jetzt kommen wir zum eigentlich wichtigen Teil: „Jurassic World: Das gefallene Königreich“ hat eine überragende Regieführung, die es geschafft hat, aus dem Abenteuerfilm bisweilen einen Horrormonsterfilm mit spektakulären, atmosphärischen Bildern zu kreieren. Und genau deshalb gehört „Jurassic World 2“ als einer meiner liebsten Blockbuster in diese Liste. Punkt.

33

„It Follows“ war toll, UNDER THE SILVER LAKE ist… anders. Der dritte Film von David Robert Mitchell wurde von der Allgemeinheit nicht allzu positiv aufgenommen. Ich dagegen konnte mich in diesem „‚Mulholland Drive‘ für eine neue Generation ganz hervorragend verlieren. Er ist beileibe nicht so stringent erzählt wie Mitchells letzter Film, mit seinen knapp zweieinhalb Stunden sehr, sehr lang und mit obskuren Verschwörungstheorien regelrecht vollgestopft. Doch genau das macht diesen Film zu dem, der er ist. Andrew Garfield stolpert tapsig von einer skurrilen Situation in die nächste, während er es mit nackten Eulenfrauen (!), bellenden Blondinen (!!) und einer Band namens Jesus and the Brides of Dracula (!!!) zu tun bekommt. All das eingetaucht in eine Stimmung wie zu besten Lynch-Zeiten; und wer auf so etwas derart anspringt wie ich, der gruselt sich zweieinhalb Stunden zu Tode, obwohl es abseits der Stimmung eigentlich keinen Grund dafür gibt. In „Under the Silver Lake“ ist der Weg das Ziel und die Stimmung entscheidend. Beides hat mich auf ganzer Linie abgeholt.

32

Ein Film mit einem sprechenden Hasen? Ernsthaft? Aber auf jeden Fall, wenn das Ergebnis so aussieht wie im Falle von PETER HASE, eine Art Mischung aus „Deadpool“ und „Paddington“ mit Christoph Maria Herbst als titelgebendes Langohr. Außerdem in (menschlichen) Hauptrollen dabei: Rose Byrne und Domhnall Gleeson als bemerkenswert unkonventionelles Liebespaar. Natürlich erzählt „Peter Hase“ in erste Linie ein klassisches Familienabenteuer über Freundschaft, Zusammenhalt und darüber, dass man zu seinen Missetaten stehen sollte. Doch darüber hinaus ist der Film auch eine fantastische Meta-Komödie die sich selbst immer wieder demontiert und mit der Erwartungshaltung des Publikums spielt. Dabei ist nicht nur die 3D-Animation der Hasen auf einem Niveau mit dem bereits zitierten „Paddington“, auch die Gag-Trefferquote ist enorm und wenn man sich erst einmal durch die mit austauschbaren Popsongs vollgemüllte erste halbe Stunde gekämpft hat, bekommt man anschließend ein sehr reizvolles Action-Abenteuer mit Hasen spendiert, das am Ende sogar noch richtig rührend wird.

31

Ich möchte die Top 40 mit einem Film abschließen, der in meiner Gunst zwar ein wenig nachgelassen hat (was in erster Linie daran liegt, dass die Trickeffekte die aus Margot Robbie eine Weltklasse-Eisläuferin gemacht haben, leider nicht die aller besten sind), der aber dennoch zu meinen Lieblingen 2018 gehört. Die Rede ist von dem smarten Biopic I, TONYA über die skandalumwitterte Eisläuferin Tonya Harding, die einst eine Konkurrentin ausschalten ließ, um einen wichtigen Wettkampf für sich zu entscheiden. Die Macher gehen mit der Hauptfigur hart ins Gericht und nehmen sich das Ereignis auf genau so multidimensionale Weise vor, wie es die Geschichte verdient. Dafür stellen sie Szenen 1:1 nach, um sie anschließend von den Hauptfiguren selbst kommentieren zu lassen, bis man irgendwann den Eindruck bekommt, dass das hier alles zwar ganz schön abgefuckt ist, aber vermutlich doch irgendwie genau so passiert. Und Margot Robbie mimt die White-Trash-Göre mit dem Mördertalent einfach derart grandios, dass es damals schon schade war, dass nur die nicht minder großartige Allison Janney einen Oscar gewonnen hat.

 

In den nächsten Tagen geht es hier weiter mit den Plätzen 30 bis 21…

Und was sagst Du dazu?