Uncle Drew

In der Basketball-Komödie UNCLE DREW schlüpfen angesagte NBA-Stars in die Rollen von ehemaligen Athleten und zeigen ihren jungen Konkurrenten, wie es richtig geht. Das Problem: Abgesehen vom vollständig auf den US-Markt zugeschnittenen Thema ist die alberne Comedy einfach überhaupt nicht witzig. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Dax (Lil Rel Howery), klein, untersetzt und stark kurzsichtig, hat seine Ersparnisse bis zum letzten Dollar aufgebraucht, um eine Mannschaft beim Rucker Classic Streetball Wettbewerb in Harlem zu melden. Leider muss er einige Rückschläge einstecken, besonders hart für ihn: er verliert sein Team an seinen langjährigen Rivalen (Nick Kroll). Dax ist am Boden zerstört. Er muss das Turnier und das Preisgeld gewinnen! Zufällig trifft er auf den Mann, den Mythos die Legende: Uncle Drew (NBA All-Star Kyrie Irving). Dax überzeugt ihn, noch einmal auf das Spielfeld zurückzukehren. Die beiden Männer brechen zu einem Roadtrip auf, um Drews altes Basketballteam (Shaquille O’Neal, Chris Webber, Reggie Miller, Nate Robinson und Lisa Leslie) zusammenzutrommeln und zu beweisen, dass einer Gruppe Senioren immer noch der ganz große Wurf gelingen kann.

Kritik

In den USA hat Basketball einen Stellenwert, wie ihn hierzulande wohl nur Fußball besitzt. Eine Komödie zu diesem Thema zu drehen, richtet sich daher zwangsläufig an ein Publikum in Übersee, wo der mit 18 Millionen US-Doller sehr schmal budgetierte „Uncle Drew“ von Charles Stone III sogar ein kleiner Überraschungserfolg war. Sicherlich auch dank der Verpflichtung von NBA-Legenden wie Kyrie Irving, spielte der Film über 40 Millionen und damit mehr als das Doppelte seiner Produktionskosten wieder ein; und der Erfolg setzt sich auf diversen Video-on-Demand-Plattformen fort. Dass „Uncle Drew“ auch einen deutschen Kinostart bekommt, ist überraschend, aber sicherlich gibt es auch hierzulande einige Basketball-Fans, die es sich nicht entgehen lassen wollen, die mithilfe von sehr überzeugendem Alters-Make-Up zu Greisen geschminkten Sportstars einmal auf der großen Leinwand zu sehen. Wenn diese nämlich ihr ganzes Können auf dem Spielfeld zeigen, kommt zeitweise richtig Schwung in die Sache. Als Film ist „Uncle Drew“ dagegen einfach nicht gut, denn in die einfältige Story kommt von Anfang an überhaupt kein Drive und die herkömmlichen Schauspieler (mit Ausnahme des durch „Get Out“ der breiten Masse bekannt gewordenen Hauptdarstellers Lil Rel Howery) overacten sich über die Grenze zur Lächerlichkeit hinaus, bis es irgendwann kaum noch erträglich ist.

Lil Rel Howery mimte in „Get Out“ den besten Freund der entführten Hauptfigur und erwies sich damit als Szenendieb.

Das Erste, was einem inszenatorisch an „Uncle Drew“ auffällt, ist die bemerkenswerte Hemmungs- und Maßlosigkeit, die sich nicht zuletzt auch auf die Schauspielleistungen überträgt. Subtilität hat hier keinen Platz und so käme uns als Genrebezeichnung zu allererst die Wortschöpfung „Basketballsploitation“ in den Sinn; mit spektakulären Korbwürfen und Basketballskills, anstatt hemmungsloser Gewaltorgien versteht sich. Doch schon beim Blick auf die Story relativiert sich dieser Eindruck. Drehbuchautor Jay Longino („Skiptrace“) geht nämlich die langweiligsten Wege, die man bei einer thematisch ohnehin ausgelutschten Storyidee gehen kann. Die Prämisse: Eine Gruppe von sportlichen Außenseitern muss es in einer Art David-gegen-Goliath-Kampf mit den angesagten Stars ihrer Szene aufnehmen und wird auf dem beschwerlichen Weg dorthin schließlich zu einer freundschaftlichen Einheit. Dass jeder zweite Sportfilm nach einem ähnlichen Muster funktioniert: geschenkt. Doch im Falle von „Uncle Drew“ beißt sich diese erzählerische Gleichförmigkeit mit der durchaus selbstbewussten Inszenierung und am Ende kollidieren diese so unterschiedlichen Ansätze, bis weder der eine, noch der andere so richtig funktioniert.

Besonders deutlich wird das von Anfang an bei den Haupt- und Nebendarstellern. Während Lil Rel Howery als verzweifelt um seine Existenz kämpfender Sportcoach das Team zusammentrommelt und alles gibt, um sie nach und nach zu einem Team zu formen (welches die Sportlersenioren früher übrigens schon einmal waren), dann gibt der demnächst hoffentlich in weitaus größeren Rollen zu sehende Schauspieler alles, um das Geschehen mit seiner Figur zu erden. Sein Charakter erhält sogar ein rudimentäres Profil und taugt als Identifikationsfigur taugt somit definitiv. Im Kontrast zu den Nebendarstellerinnen und -darstellern wirkt er hingegen fast unscheinbar. Neben der unausstehlich affektiert aufspielenden Lisa Leslie („Denk wie ein Mann“) als Dax‘ hysterische Freundin Betty Lou kommt Howery dann kaum noch zum Spielen und agiert wie in einem völlig anderen Film. Auch die Basketball-Stars, allesamt weitestgehend ohne größere Schauspielerfahrung, machen zwar auf dem Platz eine formidable Figur und zeigen, weshalb der größte Pluspunkt von „Uncle Drew“ der ist, dass hier mit echten Cracks gedreht wurde. Doch darstellerisch sind ihnen die Bemühungen, all das nicht wie Laientheater aussehen zu lassen, jederzeit anzumerken – und so sieht es eben doch über weite Strecken nach Laientheater aus, was die miserable, viele der Gags im Keim erstickende Synchronisation zusätzlich verstärkt.

Die ehemaligen Basketball-Cracks kommen noch einmal für ein großes Spiel zusammen.

Letztlich bleiben die sportlichen Extravaganzen der NBA-Stars das Herzstück von „Uncle Drew“. Liebhabern des Ballsports dürften zeitweise gar Tränen in die Augen steigen; nicht zuletzt, weil die Verantwortlichen darauf verzichten, mithilfe schneller Schnitte und spektakulärer Perspektiven (Karsten Gopinath, „Midnight Sun – Alles für Dich“) zusätzlich Schwung in die Sache zu bringen. Die meiste Zeit über hält die Kamera einfach nur drauf. Und was die den Basketball beherrschenden Hauptdarsteller auf dem Feld so alles anstellen, ist von ganz allein atemberaubend genug. Darüber hinaus gelingt die Täuschung, man habe es hier tatsächlich mit sich längst aus dem Sport verabschiedeten Senioren zu tun, hervorragend. Ein Behind-the-Scenes-Video im Abspann des Films gewährt dem Zuschauer außerdem einen Blick in die Maske, wo die Bildner vor jedem Dreh ganze Arbeit geleistet haben. Es ist schade, dass Regisseur Charles Stone III („Step Sisters“) und Drehbuchautor Jay Longino für die eigentlich sympathische Idee kein ansprechenderes Umfeld geschaffen haben. So hangelt man sich eben sehnsüchtig von Spielszene zu Spielszene, während man alles dazwischen nur schwer erträgt.

Fazit: Der US-Überraschungserfolg „Uncle Drew“ kann mit einigen spektakulären Basketball-Szenen punkten. Doch abgesehen davon sind das anstrengende Overacting der Darsteller und die erschreckend langweilige Story auf unterschiedliche Weise nur schwer erträglich. Die für deutsche Verhältnisse ungewohnt miese Synchro gibt dem Film den Rest.

„Uncle Drew“ ist ab dem 20. September in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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