Ein Lied in Gottes Ohr

In seinem Produktionsland Frankreich war EIN LIED IN GOTTES OHR ein Megahit. Jetzt erscheint die thematisch durchaus streitbare Komödie auch in Deutschland und ist auf vielen Ebenen deutlich gelungener, als es die Vorzeichen ankündigen. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Dafür wurde es höchste Zeit: ein Rabbi, ein Pfarrer und ein Imam gründen eine Band. Der beruflich unter Hochdruck stehende Musikproduzent Nicolas soll diese neue Band ganz nach oben bringen. Gemeinsam mit seiner flinken Assistentin Sabrina gelingt es ihm, aus den drei Himmelsdienern die virtuose Band Koexistenz zu formen, die sogar dem lieben Gott einen deftigen Ohrwurm verpassen könnte. Womit Nicolas und Sabrina nicht gerechnet haben, sind die kleinen und größeren Abgründe, die die Geistlichen heutzutage so mit sich herumtragen. Und so groß die Nachfrage nach göttlichen Harmonien auch sein mag – die dafür zu zähmenden Unterschiede haben sie sich etwas friedfertiger vorgestellt. Doch die drei Bandkollegen beherrschen den religiösen Beleidigungskanon perfekt und treffen bei der Arie der kulturellen Vorurteile ohne Probleme den fiesesten Ton. Als die Dinge außer Kontrolle geraten und sich die Gottesdiener an die Gurgel gehen, schmeißt Nicolas hin. Aus diesen Streithähnen kann auch er keine Friedenssinger machen. Doch die heiligen drei Tonträger haben mittlerweile ihre Koexistenz ins Herz geschlossen und nehmen die Dinge nun selbst in die Hand…

Kritik

Seit „Ziemlich beste Freunde“ erscheint hierzulande ja nicht bloß im Akkord eine französische (Tragik-)Komödie nach der anderen, auch die Themen darin ähneln sich oft. „Monsieur Claude und seine Töchter“ hat es vorgemacht: Was zieht, ist vor allem die humoristische Aufbereitung der Weltpolitik und im Speziellen die Verständigung zwischen verschiedenen Kulturen. Das geht allerdings auch mal gehörig nach hinten los. Wir erinnern uns: Im vergangenen Jahr kam mit „Hereinspaziert!“ eine der unerträglichsten und in seinem komödiantischen Fehlverständnis bisweilen sogar gefährlichsten Filme in die französischen wie deutschen Kinos. Philippe de Chauveron wollte darin vielleicht schon irgendwo Vorurteile unterwandern, doch das ebenfalls von ihm mitverfasste Skript beinhaltete derart ungenau konzipierte Pointen, dass genau das Gegenteil eintrat und „Hereinspaziert!“ die Ansichten rechtsgesinnter Politiker und Wähler befeuerte. Und auch „Monsieur Claude“ kann sich nicht völlig davon freimachen, hier und da ordentlich danebenzugreifen und damit Gefahr zu laufen, Applaus von der falschen Seite zu ernten. Mit seiner Prämisse um drei Geistliche – einem Rabbi, einem Pfarrer und einem Imam – die gemeinsam als Musikercombo auftreten um damit für die gegenseitige Anerkennung zu werben, fasst Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Fabrice Éboué („Fastlife“) also ein durchaus heißes Eisen an. Doch in seinen Händen wird daraus eine die Koexistenz verschiedener Religionen sehr süffisant beobachtende und alles in allem nur selten danebengreifende Komödie. Schade ist nur, dass Éboué sein Ding nicht völlig konsequent durchzieht.

Wo die religiösen Überzeugungen aufeinanderprallen, sind Konflikte vorprogrammiert.

Fangen wir direkt an jenem Punkt an, an dem man erst einmal über das Gesamtkonzept von „Ein Lied in Gottes Ohr“ stolpert: Es wir zwar lautstark damit geworben (sowohl in der Werbung für den Film, als auch vom Musikproduzenten im Film selbst), dass wir es hier mit drei Geistlichen zu tun haben, in Wirklichkeit sind allerdings nur zwei davon wirklich Mitglieder der Kirche. Und das sind ausgerechnet der katholische Priester Benoît (Guillaume de Tonquédec) und der bei seiner Gemeinde in Ungnade gefallene Rabbi Samuel (Jonathan Coen). Ausgerechnet der vermeintliche Imam Moncef (Ramzy Bedia) ist gar keiner, sondern in Wahrheit nur ein muslimischer Sänger, der so gar nichts darauf gibt, was sich in seiner Religion gehört und was nicht. Stattdessen säuft er wie ein Loch und steigt den Frauen hinterher. Ob sich Éboué dieses Hintertürchen offenließ, um einen Affront muslimischer Zuschauer vorzubeugen, lässt sich zwar lediglich vermuten. Es sorgt allerdings für einen leicht faden Beigeschmack und wäre obendrein noch nicht einmal nötig gewesen. Éboué lässt all seine Figuren zwar ordentlich austeilen und mitunter gegen die jeweils anderen Glaubensrichtungen wettern, allzu weit unter die Gürtellinie geht es dabei jedoch nicht. Am Ende ist der Filmemacher ohnehin vielmehr an der Vermittlung interessiert, anstatt die Differenzen untereinander besonders zu betonen.

Der Weg von der Zusammenstellung der Band hin zu ausverkauften Sälen ist gespickt mit verschiedenen Stationen, die in „Ein Lied in Gottes Ohr“ fast sketchartig aufbereitet werden. Einige davon sind mehr, andere weniger geglückt. Weshalb ein klärendes Gespräch zwischen Musikproduzent Nicolas (Fabrice Éboué selbst) und seinem göttlichen Trio ausgerechnet in einem Striplokal stattfinden muss, obwohl dieser Ort erzählerisch nicht unbedingt im Geschehen verwurzelt ist, ist eine von jenen Entscheidungen, die den Film oberflächlicher und alberner wirken lassen, als er es wirklich ist. Dasselbe gilt für die wiederholten Anspielungen darauf, dass der falsche Imam sich ja nur zu gern Prostituierte auf sein Zimmer bestellt; Pointen, weit unter dem Niveau dessen, was die Komödie eigentlich zu bieten hat. Als es dann allerdings bei einem gemeinsamen Videodreh um die Frage geht, welche Person nun an welcher Stelle steht und weshalb der Text wie formuliert werden muss, damit auch bloß keine Religion der anderen gegenüber bevorzugt oder benachteiligt wird, beziehungsweise nicht unüberlegt Vorurteile geschürt werden, fördert das Skript zutage, wie durchdacht und smart Éboué an vielerlei Stellen mit dem Thema umgegangen ist. „Ein Lied in Gottes Ohr“ versteht sich nämlich nicht als platte Aneinanderreihung naheliegender Gags, sondern als ein sich behutsam einer durchaus kritischen Thematik annehmender Film, der zu jeder Zeit sämtliche Positionen ernst nimmt und es sich genau deshalb auch erlauben kann, im Namen aller auch mal den einen oder anderen derberen Witz abzuliefern. Und da von diesen nur ein Bruchteil wie ebenjene Stripclub-Nummer auch so richtig platt gerät, gibt es auch immer wieder ordentlich was zu lachen.

In himmlischen Höhen: Nicolas (Fabrice Éboué) und Sabrina (Audrey Lamy) sind mächtig stolz auf ihren göttlichen Einfall.

Fabrice Éboué und seine drei Kollegen Guillaume de Tonquédec („Frühstück bei Monsieur Henri“), Jonathan Coen („Nur wir drei gemeinsam“) und Ramzy Bedia („Stirb nicht zu langsam“) bringen das stete Zusammenwachsen der zunächst recht reserviert miteinander umgehenden Truppe glaubhaft rüber und funktionieren gerade in dieser Konstellation so hervorragend. Niemand spielt sich in den Vordergrund; auch der Musikproduzent zieht sich irgendwann zurück und überlässt die Bühne – im wahrsten Sinne des Wortes – ausschließlich seinen drei Sängerknaben. Den Subplot rund um Nicolas‘ private Verwicklungen hätte es da auch gar nicht zwingend gebraucht. Gleichzeitig tut Éboué gut daran, seine Figur nicht bloß auf ihr Dasein als Produzent zu beschränken, sondern ihr wenigstens einen kleinen Background zu verleihen. Auch der musikalische Aspekt kommt in „Ein Lied in Gottes Ohr“ nicht zu kurz. Es mag sicherlich anspruchsvollere Musikstücke geben, als der hier zum Megahit avancierende Popsong „Coexister“. Doch die Kombination aus eingängigen Rhythmen und einem nicht bemüht um die Ecke gedachten Text, der auf den Punkt bringt, was man eigentlich gar nicht auf den Punkt bringen sollte, ist genau der Ohrwurm, den ein solcher Film benötigt, um am Ende hoffentlich lang im Gedächtnis zu bleiben.

Fazit: Fabrice Éboué wagt sich mit seiner musikalischen Komödie „Ein Lied in Gottes Ohr“ an die Vermittlung drei verschiedener Weltreligionen. Die meisten Gags zünden dabei und hätten sich die Macher sogar noch ein klein wenig mehr getraut, dann wäre das hier mit Sicherheit der nächste große Franzosenhit geworden.

„Ein Lied in Gottes Ohr“ ist ab de 26. Juli in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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