Paris kann warten

Eleanor Coppola gibt im hohen Alter ihr Debüt als Langfilmregisseurin und stellt sich mit ihrer locker-leichten Romanze PARIS KANN WARTEN auf eine Ebene mit Woody Allen. Mehr zum Film, der auch als cineastischer Frankreichurlaub durchgehen würde, erfahrt ihr in meiner Kritik.

Der Plot

Eigentlich wollten sich der vielbeschäftigte Hollywood-Produzent Michael Lockwood (Alec Baldwin) und seine Frau Anne (Diane Lane) ein paar gemeinsame freie Tage im Süden Frankreichs gönnen. Doch dann muss Michael dringend geschäftlich von Cannes nach Budapest reisen. Anne kann ihn nicht begleiten und findet sich unverhofft im Cabrio von Michaels französischem Geschäftspartner Jacques (Arnaud Viard) wieder. Der bietet nur allzu gern seine Chauffeurdienste an, schließlich sind es nur ein paar Stunden Fahrt nach Paris, wo sich Anne und Michael in ein paar Tagen wiedertreffen wollen. Doch Jacques, ein typischer Franzose und Bonvivant, hat es alles andere als eilig und lässt keine Gelegenheit aus, der attraktiven Amerikanerin die Vorzüge Südfrankreichs nahe zu bringen – und hemmungslos mit ihr zu flirten. Anne bleibt zunächst auf Distanz, fühlt sich von den Avancen ihres lebenslustigen Begleiters aber durchaus geschmeichelt. Bald schon muss sie sich auch eingestehen, dass sie es genießt, wenn Jacques sie an die denkbar schönsten Orte der Welt führt und versucht, sie mittels feinster kulinarischer Köstlichkeiten zu verführen. Aus dem kurzen Trip werden schließlich zwei ganze Tage, in denen sich die beiden immer näher kommen…

Kritik

In der Coppola-Familie macht jeder irgendwas mit Film. Angeführt von Regielegende Francis Ford Coppola („Apocalypse Now“) über seine nicht minder begabte Tochter Sofia („Die Verführten“), Sohn Roman Coppola (Co-Autor von „Moonrise Kingdom“) bis hin zu seinem Neffen Nicolas Cage („Snowden“) haben sämtliche Mitglieder des Clans ihre Stellung im Business gefunden. Nur Francis‘ Ehefrau Eleanor hielt sich bislang eher im Hintergrund. Für einige Dokumentar- und Kurzfilmprojekte begab sie sich kurzzeitig hinter die Kamera, doch mit „Paris kann warten“ liefert die bereits 81-Jährige (!) tatsächlich ihr Debüt als Regisseurin ab. Nun möchte man denken, nach so einer langen Zeit hätte Eleanor Coppola ja genügend Möglichkeiten gehabt, sich ein wenig was vom Können ihrer Familienmitglieder abzuschauen, doch wenn man sich „Paris kann warten“ so ansieht, entsteht vielmehr der Eindruck, die gebürtige Kalifornierin sei nicht bei einem von ihnen, sondern eher bei Woody Allen in die Lehre gegangen. Ihre wunderschön bebilderte Sommerromanze erzählt von einem subtil erotischen Roadtrip zweier Menschen, die den Zuschauer mit auf eine Reise durch die schönsten Ecken Frankreichs nehmen. Dabei wird viel gegessen, getrunken, geträumt und geflirtet – doch am Ende geht es gar nicht darum, ob die beiden Hauptfiguren zusammen finden, sondern darum, den Moment auszukosten, im Augenblick zu leben und sich für eine Zeit lang auf einen Menschen einzulassen, selbst wenn die Beziehung nicht für immer ist.

Jacques (Arnaud Viard) ist mit der französischen Küche bestens vertraut.

Auf Filme wie „Paris kann warten“ lässt sich leicht das Adjektiv gediegen anwenden, denn ist man einmal ehrlich, dann passiert in den eineinhalb Stunden Laufzeit nicht viel mehr, als dass zwei zunächst nur flüchtig Bekannte Menschen miteinander durch die fast schon unverschämt schöne Kulisse Frankreichs reisen, hier und da in noblen Edelrestaurants speisen und sich über die Banalitäten des Lebens unterhalten. Doch ausgerechnet Letzteres gehört zu den großen Stärken des Films, denn zu beobachten, wie die Konversation zwischen Anne und Jacques von einer dahinplätschernden Oberflächlichkeit in immer komplexere Gespräche mündet, verleiht „Paris kann warten“ eine leichtfüßige Grundspannung. Jacques ist ein Frauenheld, wie er im Buche steht – und dazu gehört auch, dass er ganz genau weiß, wie er eine eigentliche liierte Frau wie Anne umgarnen kann, ohne dabei aufdringlich zu wirken. So wird aus der harmlosen Sightseeing-Tour ein immer privateres Vergnügen; nimmt Jacques doch bald nicht mehr bloß Kurs auf die bekannten Touristenattraktionen, sondern zeigt Anne stattdessen Orte und Fleckchen, mit denen er private Ereignisse verbindet, die er letztlich immer auch mit persönlichen Anekdoten anreichern kann. Nicht nur Anne, auch das Publikum wird so ganz subtil in den faszinierenden Bann dieses so unscheinbar wirkenden Mannes gezogen, auf den bei geringerer Redseligkeit das Sprichwort „Stille Wasser sind tief“ zutreffen würde.

Doch der Grat zwischen mitleiderregender Anbiederung und latenter Flirterei ist so schmal, dass selbst der geübte Eroberer Jacques immer wieder droht, ungewollt Grenzen zu überschreiten. In diesen Momenten setzt „Paris kann warten“ einige feine Pointen frei, die sich aus der ohnehin brodelnden Dynamik zwischen den beiden Hauptfiguren ergeben. Wenn Jacques ganz selbstverständlich eine Autopanne nutzt, um für sich und seine Mitreisende ein romantisches Picknick am Fluss zu organisieren, dann kann man ihm für soviel liebevolle Dreistigkeit kaum böse sein – und Diane Lane („Batman v Superman: Dawn of Justice“) gelingt es vortrefflich, die Balance zwischen vorsichtiger Entrüstung und Genuss ob soviel unerwarteter Aufmerksamkeit zu halten. Arnaud Viard („Que du bonheur“) gibt als Gegenpart eine beachtlich feinsinnige Leistung zum Besten, denn seine Figur des Jacques steckt voller Risiko. Sehr leicht könnte der charmante Lebemann die Gutmütigkeit von Anne und Zuschauer überstrapazieren. Einen Funken zu viel Spiel, eine Nuance zu laut und einen Tick zu dreist – an allen Ecken und Enden besteht die Gefahr, aus Jacques einen unangenehmen Zeitgenossen zu machen. Dank Viards Performance besteht diese jedoch nicht. Wenn seine Figur droht, den romantischen Bogen zu überspannen, verleiht der Akteur ihr schnell wieder genügend Charme, um die potenziell nervige Situation sofort zu entkräften.

Anne (Diane Lane) lässt sich von Jacques die schönsten Orte Südfrankreichs zeigen.

Auch Nebendarsteller Alec Baldwin („Erschütternde Wahrheit“) gibt sein Bestes, seiner (ohnehin nur kurz auftretenden) Figur des stereotypen Geschäftsmannes so viel Individualität wie möglich zu verleihen. Doch Eleanor Coppola, die auch das Drehbuch geschrieben hat, tut gut daran, das Geschehen nach nur wenigen Minuten vollständig aus der Sicht von Anne und Jacques zu erzählen. Obwohl man gerade über Anne nicht allzu viel erfährt, ergeben sich viele Charaktermomente aus der Situation heraus. So kommt es, dass emotionale Erkenntnisse im Verlauf des Films wirken können, ohne dass der Zuschauer jetzt genau wüsste, wie es in der Protagonistin aussieht. Diane Lane spielt eine Frau, mit der man sich durch eine gewisse Grundsympathie gern beschäftigt, da sie es dem Publikum leicht macht, sich von ihrer Lebensfreude anstecken zu lassen. Und genau deshalb kann „Paris kann warten“ am Ende auch so gut funktionieren, obwohl Eleanor Coppola weder erzählerisch, noch inszenatorisch spektakuläre Haken schlägt: Mit diesen beiden Menschen verbringt man gern eineinhalb Stunden Zeit im Kinosaal. Zusammen mit dem wundervollen Setting (Kamera: Crystel Fournier), leichten landestypischen Klängen und einem Hauch Humor ergibt das den perfekten Sommerfilm für die Generation der auf der Leinwand agierenden Menschen, die einen mit viel Liebe entstandenen Film wie „Paris kann warten“ mehr zu schätzen wissen, als aus großen Budgets entstandenes Spektakel.

Fazit: Mit ihrem späten Regiedebüt wandelt Eleanor Coppola nicht auf den Spuren ihrer im Filmbusiness erfolgreichen Verwandten, sondern widmet sich einem Stil, den man sonst vor allem von Woody Allen kennt. Mit latenter Erotik, Charme und einem Gespür für erlesene Bilder gelingt ihr ein leichtfüßiger Roadtrip durch französische Lande, der einen in Gedanken an den nächsten Urlaub schwelgen lässt.

„Paris kann warten“ ist ab dem 13. Juli in den deutschen Kinos zu sehen.

Ein Kommentar

  • Wenn man den gesamten Inhalt der Filmkritik invertiert trifft es das genau. Dieser Film hat mir 1,5 Std. meiner wertvollen Lebenszeit geraubt. Da ich 15 Euro gezahlt hatte, habe ich mir dieses “Hochgeistige,, Gehirnbording bis zum Schluss angesehen. Es wäre besser für uns alle gewesen Fr. Coppula hätte ihre Lebenserinnerungen in ein Buch geschrieben, vorzugsweise nicht ein Drehbuch.

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