Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei

Es ist eine Art osterliches Pendant zu den vielen Geschichten, die wir zu Weihnachten unseren Kindern vorlesen. Nun kommt mit DIE HÄSCHENSCHULE – JAGD NACH DEM GOLDENEN EI die erste Trickfilmvariante des über 90 Jahre alten Bilderbuchs in die Kinos. Ob es das gebraucht hätte, verrate ich in meiner Kritik.
Die Häschenschule - Jagd nach dem goldenen Ei

Der Plot

Hasenjunge Max lebt allein auf einer Verkehrsinsel inmitten der Stadt und schlägt sich so durch. Sein größter Traum ist, Gang-Mitglied bei den „Wahnsinns-Hasen“ zu werden. Um seinen Kumpels zu beweisen, dass er auch wirklich das Zeug dazu hat, schwingt sich Max auf einem ferngesteuerten Flugzeug in die Lüfte und wird von einer Böe erfasst, die ihn weit aus der Stadt und hinein in den Wald treibt. Max landet inmitten der Häschenschule, in der die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Dieses altmodische Ausbildungscamp für Osterhasen findet er allerdings ziemlich uncool und hat nur einen Gedanken: weg von hier! Seine Flucht scheitert dramatisch an der hinter einer schützenden Hecke lebenden Fuchsfamilie, an der nur ausgebildete Osterhasen vorbeikommen. Der verwöhnte Stadtlümmel muss sich den Regeln im Internat notgedrungen anpassen. Die süße Hasenschülerin Emmi hilft ihm zwar dabei, aber Max kann seinen neuen Platz noch nicht so recht finden. Als die weise Lehrerin Madame Hermine das Osterorakel befragt und Ostern in Gefahr ist, muss Max sich entscheiden: Hat er das Zeug, ein echter Osterhase zu werden und sich im Kampf gegen die Füchse für den Erhalt des Osterfestes zu beweisen? Und wird er es schaffen, den magischen Verschwindibus zu erlernen, um das goldene Ei zu retten, das den Hasen besondere Kräfte verleiht?

Kritik

Der Zeichner, Illustrator und Schriftsteller Fritz Koch-Gotha verfasste das berühmte Bilderbuch „Die Häschenschule“ bereits im Jahr 1924. Es dauerte über 90 Jahre, bis man die Osterhasengeschichte mit dem Animationsfilm „Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei“ für die Leinwand adaptieren würde. Eventuell mit einen Grund dafür bildet die mit der Zeit immer lauter werdende Kritik an der kindgerechten Kurzgeschichte: Ähnlich des nicht minder berühmten „Struwwelpeter“ halten viele auch „Die Häschenschule“ heutzutage für nicht mehr zeitgemäß. Schließlich geht es hier im Grunde darum, die eigenen Träume klein zu halten und sich zufrieden mit dem zu arrangieren, was man hat – und seien es auch nur so stupide Arbeiten wie Eier anmalen oder Kohl ernten. Das beißt sich natürlich mit den vielen anderen, deutlich zeitgeistigeren Filmen für die heranwachsende Generation. „Zoomania“ und Co. forcieren die Botschaft vom „Du kannst alles schaffen, wenn du nur fest daran glaubst!“ mit Wonne und geben den jüngeren Zuschauern im Idealfall eine ordentliche Portion Selbstvertrauen mit auf den Weg. Für eine moderne Leinwandadaption von „Die Häschenschule“ war es quasi unmöglich, einfach nur eins zu eins den Inhalt des Buches in bewegte Bilder umzusetzen. Entsprechend reicherten die Drehbuchautorinnen Katja Grübel und Dagmar Rehbinder (zeichneten auch gemeinsam für „Der kleine Rabe Socke – Die Serie“ verantwortlich) die Skriptvorlage mit einem Subplot an, der das Geschehen in die Jetztzeit verlagert. Doch auch, wenn „Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei“ damit am Puls der Zeit liegen mag, fehlt es dem Projekt an Charme und Leichtfüßigkeit.

In der Häschenschule herrscht für die Vierbeiner noch Ruhe und Idylle…

Im Zentrum von „Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei“ steht der Hasenjunge Max, seines Zeichens ein (ziemlich bemühter) Möchtegerngangster, der vor allem eines möchte: ein Teil der coolsten Hasenclique der Stadt werden. Mit dieser Ausgangslage schafft Regisseurin Ute von Münchow-Pohl („Der kleine Rabe Socke“) zwar einen emotionalen Ankerpunkt für die ganz kleinen Zuschauer, indem sie die emotionalen Wirren eines Heranwachsenden glaubhaft auf die Hasenwelt überträgt, doch die zwar kurze, aber sehr prägnante Darstellung der Hasenbande, einhergehend mit dem Leben auf der Straße, sorgt auch für Stirnrunzeln: Der Ghetto-Slang wirkt noch aufgesetzter als in diverser deutschen Schulklamotten der letzten Jahre zusammen, die Blingbling-Poser-Outfits wirken an den Draufgänger-Hasen noch alberner als an amerikanischen Drittklasse-Rappern und die Planungen für bevorstehende Raubzüge gehen Max‘ fragwürdigen Vorbildern so selbstverständlich über die Lippen, dass man froh ist, sobald sie nach dem Auftakt endlich von der Leinwand verschwunden sind. Die Macher von „Jagd nach dem goldenen Ei“ zeichnen Max‘ direktes Umfeld derart unangenehm und lästig, dass man sich sehr bald nach der ruhigen Idylle der Häschenschule sehnt. Hier prallen schließlich Welten aufeinander – eine Art Culture-Clash zwischen Stadt- und Landhasen, wenn auch nicht wirklich weit gedacht. Man übertrage die Message, dass man nur außerhalb der City zu einem ehrenwerten Hasen heranwachsen kann, nur einmal auf menschliche Gefilde…

Da sich „Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei“ in seiner sehr vorhersehbaren Handlung, der klar definierten Pro- und Antagonisten, der unaufgeregten Dramaturgie und der kurzen Laufzeit von gerade einmal 79 Minuten unübersehbar an ein sehr junges Publikum richtet, sind derart tiefgreifende Interpretationen jedoch erstmal zweitrangig. Was zählt, ist die Geschichte und wie sie auf den Zuschauer wirkt. Leider stellen sich die Macher mit ihrem eindeutigen Verständnis für gut und böse mehrfach ein Bein. Nicht bloß die Darbietung der Stadt- und Waldhasen kommt ohne jedwede Zwischentöne aus, auch die Füchse, die hier als eigentliche Bösewichte herhalten müssen, werden auf ihren schurkenhaften Starrsinn reduziert. Dabei etabliert das Voice-Over die Beweggründe der Hasen hassenden Füchse eigentlich noch recht plausibel: Indem sich beim Osterfest alles auf die knuffigen Häschen konzentriert, blieben die schlauen Vierbeiner irgendwann außen vor und wurden für jedermann als lästig empfunden. Indem das Drehbuch diese Hintergründe irgendwann links liegen lässt und die Truppe aus Fuchsmutter und ihren drei dummen Söhnen als zwar tollpatschige, aber eben auch ziemlich fiese Zeitgenossen darstellt, wird der Ruf der smarten Tieren entgegen des sehr realitätsnahen Prologs schließlich doch vollends in den Dreck gezogen. Füchse sind böse, Hasen gut, aber wehe, die Hasen wohnen in der Stadt und nicht auf der idyllischen Hasenlichtung – „Die Häschenschule“ besitzt trotz der bemühten Zeitgeistanpassung ähnlich altbackene Wertevorstellungen, wie die Buchvorlage.

Die Füchse überlegen, wie sie an das goldene Ei herankommen könnten…

Womit „Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei“ punkten kann, sind zwei Dinge: Der 3D-Animationsfilm besitzt nicht bloß ein hohes Tempo, sondern kommt auch mit einer hohen Schlagzahl an Ereignissen daher. Als (Vor)Schulkind mit wenig Popkulturerfahrung ist „Die Häschenschule“ ein echtes Erlebnis, denn auf der Leinwand passiert nahezu immer irgendwas. Zu aufregend wird es trotzdem nie, denn die Tollpatschigkeit der Füchse nimmt den Rotschöpfen ihren ausladenden Schrecken. Stattdessen setzen die Macher hier auf viel Slapstick und leicht nachvollziehbare Handlungsverläufe, mit denen es sich als junger Zuschauer gut mitfiebern lässt. Auch die visuelle Aufmachung ist gelungen, wenngleich die minimalistische Animation der Stadt im krassen Gegensatz zu den satten Farben und den opulenten Bildern der Waldkulisse steht. Trotzdem sieht „Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei“ tatsächlich richtig hübsch aus. Vor allem der Prolog, der die Ostergeschichte aus der Sicht der Hasen nacherzählt, steckt voller Details und schöner Ideen. Unter den Sprechern gehören Senta Berger („Willkommen bei den Hartmanns“), Friedrich von Thun („Traumfrauen“) und Constantin von Jascheroff („8 Sekunden – Ein Augenblick Unendlichkeit“) zu den bekanntesten Namen. In erster Linie gefällt jedoch Newcomer Noah Levi in der Hauptrolle des Max, der der eigentlich recht geradlinigen Figur ein Höchstmaß an emotionaler Vielfältigkeit abgewinnen kann.

Fazit: „Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei“ überzeugt mit einer sehr hübschen Optik und einer einfach zu folgenden Geschichte, doch dringt man tiefer in die Materie vor, stecken überraschend fragwürdige Botschaften in der Osterhasenstory.

„Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei“ ist ab dem 16. März in den deutschen Kinos zu sehen.

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