A War

Tobias Lindholms Kriegsdrama A WAR war Anfang des Jahres für einen Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert. Weshalb es nicht unangebracht gewesen wäre, den Film auszuzeichnen und was ihn von einem Großteil herkömmlicher Kriegsfilme unterscheidet, lest Ihr in meiner Kritik.A War

Der Plot

Kommandant Claus Pedersen (Pilou Asbæk) und seine dänische Einheit sind fern der Heimat in der afghanischen Provinz stationiert. Als die Kompanie ins Kreuzfeuer der Taliban gerät, fordert Pedersen Luftverstärkung an, um das Leben seiner Männer zu retten. Doch zurück in der Heimat muss sich der dreifache Familienvater vor Gericht verantworten, weil bei dem Einsatz unschuldige Zivilisten getötet wurden. Ein zermürbender Prozess beginnt, der ihn auch immer mehr in ein moralisches Dilemma bringt.

Kritik

Das Kriegsdrama „Kriigen“ des Dänen Tobias Lindholm (Drehbuchautor von Thomas Vinterbergs „Die Jagd“ und „Die Kommune“) war Anfang des Jahres für einen Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert. Geschlagen geben musste es sich bekanntermaßen von dem KZ-Drama „Son of Saul“ – insofern zu Recht, als dass sich auch der ungarische Oscarbeitrag in Sachen emotionaler Intensität wie ein nicht enden wollender Faustschlag in die Magengrube anfühlt. Doch insofern zu Unrecht, als dass Lindholm mit dem hierzulande simpel „A War“ betitelten Spielfilm ausgerechnet einem Regie-Großmeister unter die Nase reibt, wie man einen Film mit dieser schwerwiegenden Thematik richtig inszeniert. Die Rede ist von Clint Eastwood, dessen äußerst kontrovers aufgefasstes Kriegs- und Heldendrama „American Sniper“ im Grunde eine ähnliche Geschichte erzählt: Auch hier geht es um die Spätfolgen eines Kriegseinsatzes, mit denen sich ein einzelner traumatisierter Soldat stellvertretend für Abertausende von Militärzugehörigen auseinander setzen muss. Das Problem bei Eastwoods Film war bekanntermaßen nicht die Thematik selbst, sondern die Umsetzung; schließlich nahm „American Sniper“ fast durchgehend die fehlgeleitete Sichtweise des vermeintlichen Helden ein, um sie dem Zuschauer – zu welchem Zweck auch immer – unter die Nase zu reiben.

Pilou Asbaek

In „A War“ ist das alles anders. Mit der Nüchternheit eines Dokumentarfilms schildert Regisseur Lindholm die Geschehnisse an der Front, ebenso wie in der zweiten Hälfte jene Zuhause. Behutsam baut der Filmemacher mithilfe von Montagen das Bild einer Familie auf, das so authentisch und unaufgeregt ausfällt, dass sich die Frage, ob sich das Geschehen so tatsächlich abgespielt hat, gar nicht stellt. Mit dem fast vollkommenen Verzicht auf Musik und ohne visuelle Schnörkel braucht es in „A War“ keine gezielt auf das Aufbauen von emotionalen Fallhöhen ausgerichtete Dramaturgie. Wenn schon in den ersten fünf Minuten ein uns unbekannter Soldat in eine tödliche Sprengfalle gerät, ist die darauf folgende, quälend lange Einstellung der ihm zu Hilfe eilenden Soldaten an Intensität kaum zu überbieten. Hier benötigt es keine dramatischen Streichorchester oder verzweifelten Zeitlupen. Das Wechselspiel zwischen den mechanisch agierenden Planern auf der einen Seite der Telefonleitung und den emotionalen Feldsoldaten auf der anderen erweist sich für den Zuschauer als schier unerträgliche Tour-de-Force. Auch ohne allzu drastische Aufnahmen ist es doch gerade die ebenso unausweichliche wie unberechenbare Situation im Kriegsgebiet, die unweigerlich die Frage nach dem „Warum?“ aufkommen lässt.

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Dabei macht sich „A War“ diese Frage nicht einfach. Wo andere Kriegsfilme sich simpel darauf beschränken, die Antwort auf das „Warum“ in einer Auseinandersetzung mit der generellen Infrage-Stellung des Krieges an sich zu finden, geht Lindholm weiter und fokussiert in Gesprächen den Afghanistankrieg im Speziellen. Freund und Feind sind oft kaum zu unterscheiden. Ein Ausweg aus dieser Misere scheint schon lang nicht mehr existent. Der Aufenthalt an der Front gleicht für die Soldaten oft einem Himmelfahrtskommando. Wo also liegt der Sinn und Zweck darin, Leib und Leben für eine derartige Mission zu riskieren? Antworten darauf gibt das Drehbuch nicht und unterstreicht damit umso mehr, wie ausweglos der Krieg tatsächlich ist. Und es geht noch weiter. Ist die erste Hälfte von „A War“ erst einmal überstanden, die gerade zur Filmmitte hin den Gewaltgrad auf emotionaler Ebene bis zum Anschlag ausreizt, ohne dabei visuell besonders drastisch zu werden, wird aus dem Kriegsfilm ein Charakterdrama mit Gerichtsfilmeinschlag, das nichts von der anfangs aufgebauten Intensität kaputt macht, sondern – im Gegenteil – diese weiter ausbaut.

Pilou Asbaek

Der Titel „A War“ kommt nicht von ungefähr. In Tobias Lindholms Film geht es um einen einzelnen Krieg, ausgetragen auf drei Ebenen. Da ist zum einen die körperliche Auseinandersetzung zwischen Freund und Feind an der Front, da ist aber auch der Kampf der liebenden Ehefrau (phänomenal, ohne große Gesten: Tuva Novotny) Zuhause, die mit Fassung trägt, was ihr Mann Tausende Kilometer von ihr entfernt erleben muss, ohne ihre Kinder an ihrer seelischen Verfassung teilhaben zu lassen. Zu guter Letzt kämpft Hauptfigur Claus einen Krieg gegen die Justiz, die den Soldaten für eine vermeintliche Fehlentscheidung anklagt. Ebenjene Fehlentscheidung ist es auch, die es dem Zuschauer abverlangt, eine klare Stellung zu den Leinwandgeschehnissen zu beziehen. Gehört Claus Pederson für ein derartiges Fehlverhalten angeklagt, oder gelten im Krieg andere Gesetze? Das Skript skizziert diesen ethischen Zwiespalt derart fein, dass „A War“ je nach eigener Einstellung vollkommen unterschiedlich aufgefasst werden kann, doch die jeweils andere Position nicht nachzuvollziehen, ist schier unmöglich. Erst recht, weil der Film einen zentralen Aspekt in der Klärung der Schuldfrage bewusst offen lässt. So gibt es zwar unterschiedliche Sichtweisen, doch einen Verlierer gibt es am Schluss dennoch: die Hauptfigur. Denn ganz gleich, ob freigesprochen oder nicht, die Bilder und das Grauen des Krieges kann man ihm nicht nehmen. Denn er ist kein Held. Er war einfach nur im Krieg.

Fazit: Ohne auch nur ansatzweise so etwas wie Effekthascherei zu betreiben, schildert Tobias Lindholm in „A War“ den Krieg so wie er ist: grausam. Dafür braucht es keine drastischen Bilder, keine zum Helden hochstilisierten Hauptfiguren und keinen amourösen Konflikt, sondern einzig und allein einen Blick darauf, wie es an der Front und anschließend zuhause wirklich ist.

„A War“ ist ab dem 14. April in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

Ein Kommentar

  • Ich denke ICH sollte zwei der Freikarten bekommen, weil ich als aufmerksamer Stammleser den versteckten Gewinnspielhinweis (sehr gute Idee übrigens) sofort erkannt habe. 🙂
    Von dem Film hatte ich vorher schon gehört. Allerdings ist es einer jener Filme, die zwar interessant sind, man aber trotzdem nicht ins Kino geht. Dabei könnte „A War“ endlich ein Film sein, der mein unterkühltes Verhältnis zum skandinavischen Film ein bisschen beleben könnte 🙂

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