Dirty Grandpa

Reine Verrisse gibt es im Rahmen dieser Seite deshalb selten zu lesen, weil fast in jedem Film – und sei er noch so schwach – doch noch irgendein positiver Aspekt steckt. Und sei es auch nur ein halbwegs erträgliches Setdesign. Im Falle von DIRTY GRANDPA möchte man aber schon nach kurzer Zeit kaum noch nach Vorzügen suchen. Denn das, was Regisseur Dan Mazer hier unter Unterhaltung versteht, ist ein Sammelsurium homophober, sexistischer, bisweilen regelrecht abstoßender Abstrusitäten. Mehr dazu in meiner Kritik.
Dirty Grandpa

Der Plot

Durch eine Ehe mit der kontrollsüchtigen Meredith ist für Jason (Zac Efron) auch eine Partnerschaft in der Kanzlei seines Schwiegervaters in spe gesichert. Der lebenshungrige Großvater Dick (Robert De Niro) allerdings nötigt seinen spießigen Enkel noch kurz vor dessen Hochzeit, ihn nach Daytona zum Spring Break zu fahren – mit verheerenden Folgen. Während der sexbesessene Dick auf Partys, Kneipenschlägereien und durchzechten Karaoke Nächten sein Leben in vollen Zügen genießt, ist er andererseits fest entschlossen, Jason von dessen biederen Zukunftsplänen abzubringen. Und dazu ist dem alten Gauner wirklich jedes Mittel recht. Doch schon bald stellen der Dirty Grandpa und sein verklemmter Enkel auf der wildesten Reise ihres Lebens fest, dass sie so einiges voneinander lernen können…

Kritik

Dass die Karriere eines Schauspiel-Grandseigneurs wie Robert De Niro aufgrund einer einzigen Rolle in ein negatives Licht gerückt werden könnte, ist natürlich Quatsch. Der zweifache Oscar-Preisträger (1975 für „Der Pate II“ und 1981 für „Wie ein wilder Stier“) hat schon so viele, zum Großteil hochgelobte Rollen gespielt, dass ihm das Engagement in Dan Mazers Roadtrip-Comedy „Dirty Grandpa“ kaum ernsthaften Schaden zufügen könnte. Trotzdem darf man als kritischer Filmkenner gern erstmal vom Glauben abfallen, wenn man sieht, in was für ein Machwerk von Film es den Hollywood-Veteran hier verschlagen hat. Dass Jemand wie Zac Efron („We Are Your Friends“) gerade in seiner noch jungen Schauspiellaufbahn schon mal ins falsche Projekt rutschen kann: geschenkt. Das Fingerspitzengefühl in Sachen Rollenauswahl muss sich schließlich erst über die Jahre entwickeln. De Niro hingegen sollte nach über 100 Film- und Fernsehrollen eigentlich den Wert einer guten Geschichte kennen. Ganz gleich ob Filmemacher Mazer mit „Das hält kein Jahr…!“ bereits ganz hervorragende (und darüber hinaus immens kreative) Regiearbeiten abgelegt hat, mit „Dirty Grandpa“ steuert er einen Beitrag zum Bodensatz komödiantischer Popcorn-Unterhaltung bei, der vom Zuschauer starke Nerven und das völlige Lossagen von jedwedem Anspruch erfordert. Und selbst dann ist „Dirty Grandpa“ immer noch kaum zu ertragen.

Dirty Grandpa

Gegen die Existenz von Filmen, die nicht den größten intellektuellen Anspruch an ihr Publikum haben, ist in erster Linie schon mal nichts einzuwenden. Unterschiedliche Gemütszustände erfordern verschiedene Unterhaltungsmethoden. Niemandem wäre damit geholfen, wenn sich die Kinokultur lediglich aus anspruchsvollen Charakterdramen zusammensetzen würde. Trotzdem gibt es auch im Segment der seichten Komödie Grenzen, die den Film beim Überschreiten schnell von erträglich in unzumutbar kippen lassen können. Der beste Beweis dafür ist „Dirty Grandpa“ – eine Komödie, deren Konzept nicht sofort auf die Qualität schließen lässt. Die Maxime ist altbekannt und nicht originell, trotzdem hat ein Roadtrip von Großvater und Sohn gerade über die Chemie der beiden Hauptfiguren natürlich das Potenzial, unterhaltend zu sein. Kurzum: solange sich für den Zuschauer einige lustige Stationen innerhalb dieser Konstellation ergeben, verzeiht man es einem Autor gern, wenn das Szenario keinerlei Innovation bietet oder nicht alle Pointen zünden. Was zählt, ist das Herz. Und das sollte auch ein weitestgehend anspruchsloser Film am rechten Fleck tragen. Doch all das sind Idealvorstellungen und von denen will „Dirty Grandpa“ nichts wissen. Stattdessen glauben die Macher, das Amüsement innerhalb eines Films ließe sich über die Schlagzahl möglichst anstößiger Gags und Dialoge kreieren. Doch worin besteht der Witz, wenn Robert De Niro im Sekundentakt Worte wie „F*cken“, „F*tze“ und ein Höchstmaß an kreativer Beleidigung in Richtung seines Film-Enkels vom Stapel lässt?

Wer sich nun fragt, ob sein eigenes Humorverständnis nicht vielleicht doch mit jenem in „Dirty Grandpa“ kompatibel ist, dem seien an dieser Stelle zwei Beispiele an die Hand gegeben, die den Charakter des Films perfekt beschreiben: Findest Du es lustig, wenn Zac Efron seinen Opa beim völlig ungenierten Masturbieren erwischt? Oder ist es für Dich der Gipfel humoristischer Filmunterhaltung, wenn De Niro seinen Penis ins Gesicht seines Enkels klatscht? Solltest Du beide Fragen mit nein beantwortet haben, so kann Dir an dieser Stelle bereits versichert werden, dass Du gut daran tust, kein Kinoticket für „Dirty Grandpa“ zu lösen. Mit seinen unzähligen Schwulen-, Titten- und Sexwitzchen rauscht Dan Mazers Regiearbeit nämlich nicht bloß meilenweit am aktuellen Comedy-Zeitgeist vorbei, sondern lässt obendrein eine zwischen den Zeilen im Ansatz durchscheinende Sensibilität vermissen, wie sie etwa in den „American Pie“-Filmen Anfang der 2000er zugegen war. Auch hier spielte sich ein Großteil des Humors unterhalb der Gürtellinie ab, doch gab man sich hier wenigstens Mühe, bei all der Anzüglichkeit immer noch eine weitestgehend charmante Geschichte zu erzählen, die in ihrer Thematik obendrein den Gemütszustand seiner Zuschauer kannte. „Dirty Grandpa“ ist nicht daran gelegen, sich mit seinem Publikum, geschweige denn mit seinen Figuren auseinander zu setzen. Wie es scheint, geht es den Machern einzig und allein darum, einen Rekord im Abhaken von Fäkalbegriffen aufzustellen. Von Timing und ansatzweiser Pointenfindung (und sei diese noch so primitiv) keine Spur.

Dirty Grandpa

Wenn nicht gerade Jason Mantzoukas („Bad Neighbors“) in einer Nebenrolle als zugegebenermaßen sogar recht amüsanter Drogendealer auftaucht, können weder Zac Efron, noch Robert De Niro dagegen an spielen, dass man ihnen die familiäre Verbindung zueinander zu keinem Moment abnimmt. Das Skript gibt es inhaltlich nicht her, dass man das sukzessive Zusammenwachsen auch nur im Ansatz nachvollziehen kann (dass Zacs Jason sich nicht schon nach der ersten Stunde des gemeinsamen Trips von seinem Großvater verabschiedet, ist für jeden Normaldenkenden vollkommen unverständlich). Der sexbesessene Dick konfrontiert seinen Enkel immer wieder mit dessen überschäumender Libido und Jason muss ausbaden, was für einen Mist dieser verzapft. Lehren zieht Niemand aus seinem Handeln und wenn es die Story für ihren Fortverlauf verlangt, kommen diese so abrupt, dass von einer Liebe zu den Figuren keine Rede sein kann. Immerhin dürfen sich die Männer noch artikulieren, ohne dass sich der Film über sie lustig macht. Betrachtet man erst die weiblichen und homosexuellen Charaktere, sieht das Ganze schon wieder anders aus. Die Frauen sind entweder hysterische Furien, oder haben einzig und allein ihren Zweck zu erfüllen, sich vollbusig und braun gebrannt vor der Kamera zu räkeln, während sie dann zum vermeintlich richtigen Zeitpunkt die Beine breit machen. Schwule müssen wie (leider!) üblich als Schimpfwort herhalten. Als sich der Regisseur schließlich die Mühe macht, das Publikum in einer Szene darüber zu belehren, dass das nicht in Ordnung ist, folgt allerdings der Gipfel dieser doppelzüngigen Unterhaltung: Generierte das Drehbuch über eine Stunde lang vermeintliche Lacher mit homophoben Pöbeleien, vor denen auch De Niros Figur nicht zurückschreckte, schickt dieser sich nun an, seine Umgebung darüber zu belehren, dass das falsch ist. Ein vermeintlich aufklärerischer Schachzug, der an Dreistigkeit kaum zu übertreffen ist – immerhin hat Dick vorher selbst immer wieder ordentlich ausgeteilt.

Fazit: Voll auf die Zwölf! „Dirty Grandpa“ ist homophob bis zum Gehtnichtmehr, sexistisch bis zum Schluss und selbst an Hau-Drauf-Komödien-Maßstäben gemessen, bekommt es der Zuschauer hier mit einem Film zu tun, der so sinnbefreit und humorlos daherkommt, dass man sich schon nach wenigen Minuten aus dem Kinosaal wünscht. Darüber hinaus definiert sich die Komödie ausschließlich über Taten und Worte, die sich unterhalb der Gürtellinie abspielen. Das ist in seiner Masse unangenehm, läuft sich alsbald tot und auch die Chemie unter den beiden Hauptdarstellern funktioniert in ihrer gestellten Unglaubwürdigkeit überhaupt nicht. Es würde nicht wundern, sollte man bis zum Ende dieses Jahres keinen schlechteren Film auf der Leinwand entdecken.

„Dirty Grandpa“ ist ab dem 11. Februar bundesweit in den Kinos zu sehen.  

5 Kommentare

  • Klingt unglaublich scheiße. Wird gemerkt.

    Letztens hatte ich nebenbei eine Unterhaltung über den guten Herrn De NIro, bei der wir leztlich zu der Einsicht kamen, dass es vielleicht eher an den Rollenangeboten selber liegt, dass der Mann fast nur noch in Müll mitspielt. Dieser hier scheint ja der Tiefpunkt zu sein. Er ist nun mal auch nicht mehr der Jüngste und ich schätze mal, dass es dann eben auch irgendwann mit den ganz großen Rollen in Hollywood vorbei ist. Hin und wieder darf er zwar dann noch mal neben Lawrence und Cooper stehen, aber ansonsten waren die letzten Jahre doch wirklich nicht erwähnenswert, was seine Rollen angeht.

    Ich schätze mal, dass Leute wie Jack Nicholson oder Sean Connery aus gutem Grund irgendwann Hollywood den Rücken gekehrt haben. Man sieht ja, wo die Reise irgendwann hingeht. De Niro ist Dirty Grandpa. Pacino ist in die weibliche Adam Sandler verknallt. Walken ist … ein schlechtes Beispiel, weil der schon immer einfach jede Rolle angenommen hat, die ihm angeboten wurde. Aber es scheint dann einfach mit dem Alter viellicht auch nicht mehr so die ganz tollen Rollen zu geben. Und wenn man dann trotzdem weiter machen will, kommt scheinbar sowas dabei raus.
    Ist aber auch nur eine Theorie, auf die wir halt mal geommen sind.

    • Diese Theorie ist zumindest bei DeNiro nicht sehr plausibel.

      DeNiro’s Vermögen ist mit geschätzten 150-200 Mio. USD gross genug, dass er bei fehlenden Rollenangeboten seine Wunschprojekte einfach selbst vorfinanzieren könnte. Solange es sich nicht um ein SFX-Spektakel handelt oder der Cast aus Leuten bestehen soll, die berüchtigt für ihre extremen Gagenforderungen bekannt sind (z.B. Johnny Depp) kommt man dabei bereits mit einem knapp zweistelligen Millionenbetrag sehr weit. „Sicario“ z.B. hat „nur“ 5 Mio. gekostet.

      • Ich korrigiere mich: Sicario hat 30 Mio. gekostet. War also kein so gutes Beispiel. Trotzdem: Mit DeNiros Kleingeld sollte da einiges machbar sein…

      • Ist aber auch die Frage, ob er da Bock drauf hat. Vielleicht will er einfach nur spielen und den ganzen anderen Kram anderen überlassen. Ich weiß es nicht. Ist ja wie gesagt auch nur eine Theorie – nicht ohne Lücken.
        Es ist aber schon auffällig in wie viel Müll der Mann halt seit Jahren mitwirkt. Ist aber natürlich auch einfach möglich, dass er selbst das anders sieht.

  • Ich kann die Theorie zwar nachvollziehen und verstehe, wo sie herrührt. Allerdings würde ich sie von meiner Seite aus nicht unterschreiben. Einfach weil ich nicht sehe, dass Robert De Niro „fast nur noch in Müll mitspielt“. Natürlich erscheint nicht alle zwei Jahre ein Film wie „Der Pate“ im Kino. Natürlich hat man es nicht bei jeder Rolle mit einem potenziellen Oscar-Anwärter zu tun. Trotzdem würde ich seine letzten Rollen wie in „Grudge Match“, „The Intern“ oder dergleichen absolut nicht als „Müll“ bezeichnen. Im Gegenteil – selbst ein Tarantino hat erkannt, dass „The Intern“ zu den besten Filmen des Jahres gehört. Man muss Leuten wie ihm und einigen seiner Kollegen gehobeneren Alters eben auch zugestehen, dass sie sich jetzt einfach alles erlauben können. Wenn sie in derbem Klamauk mitspielen wollen, dann ist das in erster Linie ihr gutes Recht. Sie müssen Niemandem mehr etwas beweisen. Das Einzige, was ich De Niro (und im Grunde jedem Darsteller in diesem FIlm) ankreide, ist die Tatsache, dass das Drehbuch hier nicht bloß seicht, sondern eben auch absolut homophob und sexistisch ist. Daher ist „Dirty Grandpa“ hier ein echter Griff ins Klo. Ansonsten sehe ich aber gerade derartige Darsteller gern in bodenständigen Filmen. Die Karriere hat ihren Zenit überschritten (was absolut nicht negativ gemeint ist. Jenseits der 70 ist das einfach zwangsläufig so), also spielen die Herren jetzt das, was sie wirklich wollen. Ich würde da nichts verallgemeinern wollen. Aber jeder hat eben seine Theorie. Beste Grüße aus Hamburg 🙂

Und was sagst Du dazu?