Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück

Schon einmal begab sich in diesem Jahr ein Außenseiter auf Weltreise. Nach Ben Stiller in „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“, begibt sich nun Simon Pegg auf einen Trip rund um den Globus. Nicht etwa auf der Suche nach einem Foto, sondern in der Hoffnung, das wahre Glück zu finden. Wie HECTORS REISE ODER DIE SUCHE NACH DEM GLÜCK geworden ist, verrate ich in meiner Kritik. Des Weiteren geben Euch Interviews mit den Hauptdarstellern sowie dem Regisseur Einblicke in die spannenden Dreharbeiten. Mehr dazu in den nächsten Tagen! 

Der Plot

Der Londoner Psychiater Hector (Simon Pegg) ist vielleicht ein bisschen exzentrisch, aber ein absolut liebenswerter Kerl. Doch da gibt es ein Problem, das er nicht los wird, obwohl er sich wirklich große Mühe gibt: Seine Patienten werden einfach nicht glücklich. Eines Tages, von kindlicher Neugier gepackt, nimmt Hector all seinen Mut zusammen und beschließt, London, die Praxis und seinen Alltag hinter sich zu lassen, um sich nur noch dieser einen Frage zu widmen: Gibt es das wahre Glück wirklich? Und das auch für ihn? So begibt sich Hector schließlich auf eine weite, gefährliche, aber vor allem sehr lustige und emotionale Reise um den ganzen Erdball und lernt dabei Leute kennen, die ihm das Thema „Glück“ auf ihre ganz eigene Art und Weise näher bringen.

Kritik

Der cineastische Selbstfindungstrip gehört zur Filmlandschaft wie der Cop-Thriller oder die Romantikkomödie. 2008 wagte Emile Hirsch unter der Aufsicht von Sean Penn den radikalen Ausbruch aus der Zivilisation („Into the Wild“), Mia Wasikowska überraschte in diesem Jahr mit ihrer reduzierten Performance im Auswandererdrama „Spuren“ und zuletzt begab sich gar Ben Stiller auf eine Reise rund um den Globus, um ein verschollenes Foto wiederzufinden. In visuell enger Anlehnung an „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“, das zugleich auch die fünfte Kinofilm-Regiearbeit Stillers darstellte und in Deutschland über 700.000 Zuschauer begeistern konnte, trägt mit der Bestsellerverfilmung „Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück“ der britische Filmemacher und Schauspieler Peter Chelsom („Darf ich bitten?“) dazu bei, dass der Weltreisefilm um einen gelungenen Vertreter reicher ist. Mit internationalen Schauspielgrößen bestückt und an Originalschauplätzen gedreht, gelingt Chelsom eine authentische Tragikomödie mit dem Herz am rechten Fleck und Bildern zum Träumen. Schwächen in Dynamik und Erzählstruktur dürfen da gern einmal unter den Teppich fallen.

Mit der Wahl des britischen, bevorzugt durch seine Comedy-Rollen bekannt gewordenen Akteurs Simon Pegg („The World‘s End“), gelingt Peter Chelsom der wohl größte Vorzug seiner Produktion. Der vor kindlicher Spielfreude nur so strotzende Pegg, der jede Begegnung, jedes Erlebnis auf seiner Glücksreise wie ein Schwamm aufsaugt, verleiht „Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück“ einen das Publikum einnehmenden Charme und versprüht nicht nur Lebensfreude, sondern echtes Wohlgefühl. An seiner Seite agiert eine ganze Handvoll von Hollywoods Hochkarätern. Angefangen von der demnächst in „Gone Girl“ zu sehenden Rosamund Pike, die das in ihrer Perfektion und Schönheit ideale Gegenstück zu ihrem zerstreuten Ehemann mimt, über einen ungewohnt herzlich aufgelegten Stellan Stargard („Nymphomaniac“) bis zu einem kurzen Wiedersehen mit Jean Réno („Lucy“), der nach wie vor nicht aus seinem grimmigen Rollenbeuteschema ausbrechen mag, beweist Peter Chelsom einen im Detail genauen Blick für Figuren und Darsteller, die das Skript zum Leben erwecken. Auch Toni Collette („Tammy“), Christopher Plummer („Verblendung“) und sogar die genau so oft gelobte wie getadelte Veronica Ferres („Saphirblau“) fügen sich hervorragend in das Skript und sind für schlaue Weisheiten ebenso gut wie für gelungene One-Liner.

Aufgrund der reichlich vorhersehbaren Story  konzentriert sich Peter Chelsom in seiner Inszenierung vornehmlich auf das gekonnte in Szene setzen seiner Kulissen. Von London über China bis hin nach Afrika wurde „Hector and the Search for Happiness“ – so der Originaltitel – ausschließlich an Originalschauplätzen gedreht und versprüht das jeweilige Flair der einzelnen Szenerien umso intensiver. Der deutsche Kameramann Kolja Fischer („Nordwand“) hält sich jedoch nicht mit übermäßigen Schwelgereien auf, sondern achtet auf das ausgewogene Einfangen von Emotionen, ohne sich dabei nur auf die Vorzüge der einzelnen Drehorte zu konzentrieren. Das beraubt „Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück“ eines unglaubwürdig geleckten Looks und sorgt für eine gehörige Portion Authentizität, in deren Rahmen die einzelnen Geschehnisse umso stärker nachwirken. Lediglich in einigen reichlich cartoonesk gefilmten Traumsequenzen darf Fischer mehrmals über die Strenge schlagen und lässt seiner Fantasie buchstäblich freien Lauf. Dazu passt auch der verspielt zurückhaltende Soundtrack aus der Feder von Dan Mangan und Jesse Zubot, die auf der Leinwand debütieren.

Trotz großer Bilder mit teils epischen Schauwerten und einer abwechslungsreichen Story gelingt es dem einstigen Schauspieler Peter Chelsom, der nicht nur auf dem Regiestuhl platznahm, sondern auch das auf dem Roman von François Lelord basierende Drehbuch schrieb, nicht immer, eine einheitliche Dynamik an den Tag zu legen. Entfesselt sein Skript gerade in den stillen und nachdenklichen Momenten echte, teils äußerst tragische Emotionen, verzetteln sich die Macher vor allem dann, wenn „Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück“ abenteuerliche Töne anschlägt. Ein annähernd gruseliger Entführungssubplot wirkt gar in Gänze fehl am Platz, obgleich hieraus eine der beeindruckendsten Szenerien überhaupt hervorgeht, wenn Simon Pegg glückdurchflutet durch das nächtliche Afrika sprintet (mehr zu dieser Szene auch im Interview mit Peter Chelsom). Auch ein reichlich konstruierter Schlussakt kann sich einzig durch vortrefflich lebensecht geschriebene Dialoge retten; trotzdem weiß „Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück“ allen voran in der Anfangsphase all seine Stärken auszuspielen und hat zu jeder Sekunde einen engagierten Cast auf seiner Seite.

Fazit: „Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück“ besticht durch eine tolle Grundidee, phänomenale Bilder von sehenswerten Schauplätzen und eine sehenswerte Besetzung. Leider verzettelt sich der Regisseur ab und an durch eine gewisse Form der Überambition. Dadurch wirkt die Produktion stellenweise arg konstruiert und das eigentlich so angenehme Tempo gerät öfter aus dem Takt. All dies bewahrt „Hectors Reise“ jedoch nicht davor, einer der glücklichsten Filme des Jahres zu sein.

 „Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück“ ist ab dem 14. August in den deutschen Kinos zu sehen.