22 Jump Street

In den seltensten Fällen schafft es eine Fortsetzung, das Original selbst zu überbieten. Im Falle der Fortsetzung zu „21 Jump Street“ gerät dieses Kunststück den beiden Regisseuren wie eine Fingerübung. 22 JUMP STREET ist einmal mehr ein Gagfeuerwerk der Extraklasse und macht all die Fehler nicht, die sein Vorgänger gemacht hat. Ob das zu einer uneingeschränkten Sehempfehlung reicht, oder wo sich die Schwachpunkte finden, erfahrt ihr in meiner Kritik.

Der Plot

Nachdem sie es zum zweiten Mal durch die High School geschafft haben, stehen den beiden Polizisten Schmidt (Jonah Hill) und Jenko (Channing Tatum) erneut große Veränderungen bevor: Sie müssen undercover im örtlichen College ermitteln! Doch als Jenko im Football-Team auf eine verwandte Seele trifft und Schmidt der Künstlerszene auf dem Campus beitritt, beginnen die beiden, ihre Partnerschaft in Frage zu stellen. Sie müssen jetzt nicht mehr nur einfach den Fall lösen, sie müssen herausfinden, ob sie in der Lage sind, eine reife Freundschaft wie Erwachsene zu führen. Falls diese beiden, etwas zu groß gewordenen Jugendlichen es schaffen, von Freshmen zu richtigen Männern zu werden, könnte sich das College am Ende als das Beste herausstellen, das ihnen je passiert ist.

Kritik

Mit ihrer Wiederbelebung der Achtzigerjahre-Serie „21 Jump Street“ schaffte es das Regie-Duo aus Phil Lord und Christopher Miller vor zwei Jahren gekonnt, das kultige Krimiformat – in der Originalversion unter anderem mit Johnny Depp bestückt – ins Hier und Jetzt zu manövrieren. Damit musste die Serie zwar keinen solchen Zeitsprung durchmachen, wie es zuletzt zum Beispiel Sherlock Holmes über sich ergehen lassen musste, doch zu der modernen Inszenierung gesellte sich in der mit Jonah Hill („The Wolf of Wall Street“) und Channing Tatum („White House Down“) prominent besetzten Spielfilmvariante von „21 Jump Street“ auch eine ordentliche Portion Nostalgieflair, das bisweilen das Gefühl der Eighties wieder aufleben ließ, dabei aber auch gleichermaßen mit dem bisweilen etwas angestaubten Image der Krimiserie kokettierte. Leider spielten die beiden Regisseure ihre Trümpfe im ersten Teil des Franchises nicht in Gänze aus. Mancherorts wurde nur angedeutet, welche inszenatorischen Freiheiten sich die beiden eigentlich hätten nehmen können, wenn sie denn gewollt hätten. So wurde „21 Jump Street“ zwar zu einer ordentlichen Komödie, die dem Original respektvoll Tribut zollt, der in den letzten Zügen jedoch die Puste ausgeht; Auch deshalb, weil sich die Filmemacher offenbar nicht trauten, hier und da in bester Blockbuster-Manier ordentlich über die Strenge zu schlagen. So ging es zum Nachsitzen. Nach der Vermählung von CGI- und Brick-Film, „The LEGO Movie“, der in den Vereinigten Staaten derzeit den umsatzstärksten Blockbuster des Jahres stellt, liefern uns Phil Lord und Chris Miller nun den zweiten Teil des chaotischen Cop-Duos und machen die (wenigen) Fehler aus Teil eins vergessen.

Sind in „22 Jump Street“ kein Stück erwachsener geworden: Jonah Hill und Channing Tatum

Man mag vor allem von Channing Tatum halten, was man will: Obgleich er in Filmen wie „Magic Mike“ und „Für immer Liebe“ bewiesen hat, weit vom Status „Charaktermime“ entfernt zu sein, ist er in Rollen der Marke „White House Down“ durchaus ein Hingucker. Seine raubeinigen Performances laden zum Schmunzeln ein. Erst recht dann, wenn die Rolle selbst als eine selbstdemaskierende angelegt ist. Schlüpfte er bereits in „21 Jump Street“ in die Rolle des durchtrainierten Grobmotorikers, darf Tatum diese im Sequel noch weiter ausschmücken, gar zelebrieren. Seine Figur des Jenko ist beileibe nicht das hellste Köpfchen, hat aber die Muckis, die seinem intelligenten Kollegen Schmidt fehlen. Die Rollenverteilung ist in „22 Jump Street“ einmal mehr dieselbe. Die Inbrunst, mit welcher Tatum seine Figur diesmal darstellen darf, kommt der satirischen Zuspitzung seiner selbst jedoch endlich so nah, wie es auch in Teil eins hätte sein sollen, was damals jedoch noch dem zurückhaltenden Skript geschuldet war. Wenn Jenko auf dem Campus schließlich auf den nicht weniger durchtrainierten Zook (zynisch dargeboten von Whyatt Russell) trifft, sind dem Overacting sämtliche Türen geöffnet. Doch nicht nur unter Tatum und Russell stimmt die Chemie. Auch mit Jonah Hill, der an der Entwicklung der Story mitbeteiligt war, ergibt sich erneut eine von Gegensätzen angetriebene Dynamik, die sich im ersten Teil aufbaute und nun zu einer waschechten Männerfreundschaft geworden ist. Die beiden sind in ihrer Überzeichnung der jeweiligen Männertypen herrlich komisch, ohne dabei zu Karikaturen zu werden. Gerade Hills Spiel ist bodenständig, authentisch und dadurch so liebevoll. Hier zeigen sich die Vorzüge eines rundum perfekten Castings.

Der Quarterback der Schule verstrickt sich in Widersprüche. Ist er der Täter?

Das Skript gleicht derweil einer Achterbahnfahrt, deren Verlauf ein Krimi-Kenner zwar irgendwie zu erraten vermag, das mit Überraschungen jedoch nicht geizt. Ohne Prolog oder Vorspann katapultieren uns die Regisseure in eine brandheiße Undercover-Mission unser aller Lieblings-Bullen, die in den ersten Minuten die hohe Schlagzahl an Gags vorgibt und rasch erahnen lässt, in welche komödiantischen Gefilde uns „22 Jump Street“ in den nächsten zwei Stunden entführen wird. Jonah Hill darf improvisieren, Channing Tatum macht keinen Hehl daraus, darstellerisch nicht auf dem selben Level wie sein zweifach Oscar-nominierter (!) Kollege agieren zu können, und die erste Verfolgungsjagd, inklusive irrwitzig arrangierter Stunts ohne erkennbare CGI-Zuhilfenahme, folgt auf dem Fuß. Mehr denn je macht sich das Autorenteam aus Michael Bacall („Project X“), Oren Uziel („Men in Black 4“) und Debüt-Schreiber Rodney Rothan die Absurdität der Umstände zunutze und gibt nicht allzu viel auf die Grundgesätze der Physik, wahrt innerhalb des Filmkosmos jedoch weitestgehend eine gewisse Logik. Das ist in seiner Konsequenz absolut in Ordnung und sorgt für Gagfeuerwerke nie dagewesenen Ausmaßes. Stichwort: Hubschrauber.

Mit sichtlich viel Spaß spielen sich die beiden Cops in die Herzen der Zuschauer. Begleitet werden sie dabei von einer Riege an Nebendarstellern, die ebenso gut gecastet sind und im Vergleich zu Teil eins sogar noch zulegen dürfen. Rapper Ice Cube („Ride Along“), der auch schon in Teil eins den mürrischen Superbullen Captain Dickson geben durfte, erhält im zweiten Teil viel mehr Screentime und hat einige der besten Pointen auf seiner Seite. Amber Stevens („The Amazing Spiderman“) wickelt als zuckersüße Collegefreundin Schmidts auch gleich jeden Zuschauer um den Finger, während The Lucas Brothers, auch bekannt aus der TV-Serie „Kenny vs. Spenny“, als amüsantes Zwillingsduo überzeugen. In weiteren Rollen gefallen Peter Stormare („Hänsel & Gretel: Hexenjäger“), Jilian Bell („Brautalarm“) und Nick Offerman („Wir sind die Millers“).

Auf dem Campus ist Improvisationstalent gefragt.

Sämtliche Referenzen an die Original-Serie wurden bereits im ersten Teil der „21 Jump Street“-Neuauflage vom Stapel gelassen. Im zweiten Teil kann man nun nicht noch einmal auf ebenjenen Zug aufspringen. Stattdessen geizt „22 Jump Street“ nicht mit Meta-Humor, Anspielungen auf den ersten Teil der Filmreihe, kommt mit jeder Menge Wortwitz daher, deren Übersetzung ins Deutsche man sich zum Teil nur schwer vorstellen kann, und setzt auf viel Slapstick; inklusive zwei genialer Cameo-Auftritte und dem wohl kreativsten Abspann des Kinojahres. In diesem von den Regisseuren geordneten Chaos überzeugt ein tolles Hauptdarsteller-Duo, das in stylischen Hochglanzbildern (verantwortlich: Barry Peterson, „Wir sind die Millers“) und zu einem modernen Hip-Hop-Sound (Debütant Mark Mothersbaugh) einmal mehr versucht, in all dem Durcheinander den Durchblick zu behalten. Liebevoll und kurzweilig: Mit „22 Jump Street“ schlagen sich Phil Lord und Christopher Miller selbst um Längen.

„22 Jump Street“ läuft ab dem 31. Juli in den deutschen Kinos.

Erschienen bei IOFP.de