Blutgletscher

Horror aus Deutschland und/oder Österreich hat hierzulande nicht den besten Ruf. Ein Mann sträubt sich jedoch vehement dagegen. Nach „Rammbock“ liefert Marvin Kren mit BLUTGLETSCHER nun erneut einen überzeugenden Beitrag zum nationalen Genrekino ab. Die Mischung aus „The Thing“ und „Contagion“ entpuppt sich für alle Beteiligten schnell zu einem Höllentrip in mehreren Tausend Metern Höhe.

Der Plot

Techniker Janek (Gerhard Liebmann) ist mit einigen Wissenschaftlern in den Bergen unterwegs, um das Schmelzen der Gletscher zu untersuchen. Eines Tages macht er einen seltsamen Fund: Einer der Gletscher scheint eine blutähnliche Flüssigkeit auszustoßen, in der sich unbekannte Mikroorganismen befinden. Wozu diese fähig sind, beweisen bereits wenig später weitere Funde: Die winzigen Tiere sind in der Lage, furchtbare Mutationen mit größeren Lebewesen auszulösen. Füchse, Wildvögel und sogar der Hund von Janek werden zu aggressiven Monstern, die es auf die Menschen abgesehen haben, die an der ganzen Misere selbst nicht ganz unschuldig zu sein scheinen.

Kritik

Marvin Kren hat es geschafft. Mit seinem Zombiehorrorfilm „Rammbock“ verpasste er dem deutschen Genrekino einen beachtlichen Imageschub. Und nicht nur aufgrund dieser Regiearbeit darf Kren in diesem Jahr einen Beitrag zur kultpotentiellen Fortsetzung des Episodenhorrors „ABCs of Death“  (Hier gehts zum Podcast) abliefern. Bis das Publikum diesen zu Gesicht bekommt, präsentiert der Regisseur uns im Februar den mit Gesellschafts- und Wirtschaftskritik versehenen Katastrophenthriller „Blutgletscher“, angesiedelt in den österreichischen Alpen. Gespickt mit Horrorelementen à la „The Bay“, aber auch mit einer sichtlichen Orientierung an den immerwährenden Science-Fiction-Klassikern „Alien“ und „The Thing“ inszenierte Marvin Kren einen bedrückenden Genrebeitrag, mit welchem der Filmemacher seinen guten Ruf zu unterstreichen weiß.

Einer der größten Pluspunkte ist auch in „Blutgletscher“ wieder einmal die Kulisse, die nach und nach ihre ganz eigene Hauptrolle zu spielen beginnt. Marvin Kren nutzt die Umgebung nicht als bloße Staffage, sondern macht sich ihre Besonderheiten dafür zunutze, mit dem rauen Charme der Alpen zu spielen und die Tristesse für den Aufbau einer beklemmenden Atmosphäre zu gebrauchen. In dieser Kulisse agieren Schauspieler, die ihren Schwerpunkt bislang allesamt eher im TV-Fach hatten. So wirkt ihr Spiel zu Beginn teilweise noch ein wenig antriebslos, bis es nach einer Weile, ab dem Auftauchen der ersten unbekannten Spezies, wesentlich engagierter und bisweilen auch emotionaler daherkommt. Vor allem Gerhard Liebmann („Atmen“) weiß sowohl in den aufregenden, als auch den stillen Momenten zu überzeugen und zieht das Ensemble, unter anderem bestehend aus Edita Malovcic („Der Knochenmann“), Brigitte Kren („Und Äktschn!“) und Peter Knaack („Das rote Zimmer“) wunderbar mit.

Als der Film sich schließlich zur österreichischen Variante von „The Thing“ entpuppt und das Team sich innerhalb der winzigen Kulisse einer Berghütte vor der Bedrohung außerhalb verstecken muss, entwickelt „Blutgletscher“ im Ansatz sogar das Kammerspielflair eines „Dawn of the Dead“.

Panik unter den Überlebenden

Leider sind die wenigen CGI-Effekte auf einem qualitativen Niveau angesiedelt, wo auch im deutschen Filmbereich noch Luft nach oben besteht. So wird der Angriff eines mutierten Raubvogels zur Geduldsprobe für den Zuschauer, der versucht, die durchaus ernste Prämisse des Filmes weiterhin für voll zu nehmen. Selbiges gilt für anderweitige Detailaufnahmen der Tier-Monster, die sich allenfalls auf dem Level von B-Movie-Produktionen befinden. Immerhin nehmen derartige Sequenzen nur wenige Minuten innerhalb des gesamten Films in Anspruch. Seine Stärken beweist „Blutgletscher“ dafür auf der Ebene, über welche auch Filme wie „Contagion“ funktionieren: die wissenschaftliche Betrachtung einer sich entwickelnden Epidemie. Eingefangen in ebenso ästhetischen wie radikal-ungeschönten Bildern wird aus dem Film ein deutscher Katastrophenhorrorfilm der besten Sorte.

„Blutgletscher“ ist ab dem 6. Februar in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen und ab dem 20. März auf DVD sowie Blu-ray Disc zu haben.

Erschienen in der Deadline, Ausgabe 43