Dead Set

Wem der Trubel um die erst kürzlich gestartete Staffel von „Promi Big Brother“ hierzulande bereits zu viel wurde, oder vielleicht generell noch nie etwas mit dem umstrittenen TV-Format anfangen konnte, dem dürfte bei der britischen Horror-Serie DEAD SET das Herz aufgehen. Hier wird nicht nur der Große Bruder herrlich fies durch den Kakao gezogen, die Bewohner werden sogleich zu Opfern einer wüsten Zombie-Epidemie.

Dead Set

Der Plot

Die Menschheit wird zu Zombies! Nur die schrägen Bewohner des „Big Brother“-Hauses bleiben (vorerst) verschont. Sind ausgerechnet sie die letzte Hoffnung?

Die sechste Staffel der britischen Ausgabe von Big Brother steht vor einer weiteren Nominierungsnacht. Während die Teilnehmer im Container gespannt darauf warten, wer von ihnen das Haus verlassen muss, strömen immer mehr Fans und Schaulustige auf das Gelände, um ihre Stars im Container zu unterstützen. Alle Vorbereitungen sind getroffen worden, um das Auswahlverfahren zu einem spannenden TV-Ereignis werden zu lassen. Doch das ganze Land steckt im Chaos: Eine Zombie-Epidemie breitet sich rasend schnell aus. Alle Kommunikationssysteme werden bei dem Amoklauf der Untoten zerstört, sodass die Anwesenden auf dem Gelände des Big Brother-Containers erst Notiz von der Katastrophe nehmen, als es schon fast zu spät ist…

Kritik

Den Start der ersten Season des britischen Horror-Comedy-Formats „Dead Set“ hätten die Programmplaner des Spartensenders RTLCrime nicht besser ansetzen können. Die Konkurrenz von Sat1 lässt nun schon seit einer Woche – immer weniger erfolgreich – die erste deutsche Staffel von „Promi Big Brother“ auf die Zuschauer los, da kommt manch einem Reality-TV-Hasser die Demontage ebenjenes Genres wohl gerade recht. Die von Yann Demange („Criminal Justice“) inszenierte TV-Groteske spielt nicht nur gekonnt mit den Stupiditäten des weltweit erfolgreichen Voyeur-Formats, sondern kombiniert diesen tiefschwarz-satirischen Unterton zudem mit einer ordentlichen Portion Horror.

Verantwortlich dafür, dass die Vereinigung dieser beiden gänzlich unterschiedlichen TV-Sparten so hervorragend funktioniert, sind die stimmigen Bücher von Serienautor und –produzent Charlie Brooker („How TV Ruined your Life“), der sich in „Dead Set“ darauf besinnt, dass keines der beiden Genres die Überhand gewinnt. Einem genauen Blick für die „Big Brother“‘sche Idiotie und der Überspitzung selbiger stehen ordentlich in Szene gesetzte, und dabei bierernste und keinesfalls parodistische Splatter- und Schockelemente gegenüber. Dieser Spagat zwischen Zombiehorror und Mediensatire ist definitiv gewagt und die Verantwortlichen machen keinen Hehl daraus, es nicht zwingend jedem Zuschauer Recht machen zu wollen. So sind auch angestrebte Vergleiche mit aktuellen, ähnlich gelagerten Formaten hinfällig: Während Frank Darabonts Horror-Drama „The Walking Dead“ ein klassisches Apokalypse-Szenario in Serie gehen (und es auch so aussehen) ließ, kombinierte Brooker in „Dead Set“ munter Genres drauf los, ohne sich dem aktuellen Trend zu klassischen Horrorserien zu unterwerfen.

Dazu passt auch das minimalistische Aussehen. Sind sämtliche Hochglanz-Produktionen von Showtime, HBO und Co. momentan dabei, sich in puncto „Kino-Optik“ gegenseitig zu überbieten – man denke nur an „Boardwalk Empire“ oder „Game of Thrones“ – beharrt „Dead Set“ darauf, wie eine klassische Reality-Serie auszuschauen. Die Szenen aus dem fiktiven „Big Brother“-Container könnten dabei 1:1 einer realen Staffel des Formats entstammen. Die Szenerien außerhalb dieses Wohnwürfels machen dagegen den Anschein, als kämen sie aus einer preiswert produzierten Serie der Neunziger. Dies stört jedoch nicht, trägt dieser Look doch stark zur Authentizität bei, gleichwohl es einiges an Zeit bedarf, bis sich der heutzutage verwöhnte Zuschauer an die ihm gebotenen Bilder gewöhnt hat.

Für „Dead Set“ noch ausschlaggebender für einen etwaigen Erfolg ist neben den altmodisch aber effektiv und teilweise ungeheuer blutig inszenierten Zombie-Szenen vor allem der britische Humor, der mit seinen überzeichneten Charakteren und der hohen Schlagzahl an pointierten Dialogen zu gefallen weiß. Während die Zombie-Thematik nach ihrer Einführung im Katastrophenfilm-Stil à la „World War Z“ langsam aber sicher zu einem ruhigen Kammerspiel alter Romero-Schule mutiert, wird die Gag-Schraube dagegen immer weiter angezogen, bis von den einst nur klischeehaften Reißbrett-Figuren nach und nach die Karikaturen ihrer selbst übrig bleiben.

Keine Kompromisse

Fazit: „Dead Set“ ist ein effektiver Mix aus „Big Brother“-Sezierung und Zombie-Hommage und dürfte mit ihrem Brit-Humor sowie dem gewöhnungsbedürftigen Look wohl all jene ansprechen, die sich daran ergötzen mögen, wie den Bewohnern des legendären TV-Containers ordentlich der Ar*** auf Grundeis geht. Dabei überzeugen die, teils mit einer exzellenten Vita ausgestatteten, Darsteller in ihren Rollen ebenso sehr wie die einfallsreichen Bücher und das technische Arrangement auf Seiten der Kamera und Musik. Mit seiner eher speziellen Thematik ist die Serie nichts für jedermann und schlussendlich dürften vor allem diejenigen Zuschauer den meisten Spaß an dem Format haben, die mit dem Zombiefilm an sich viel, mit Reality-Blödsinn à la „Big Brother“ jedoch so gar nichts anfangen können. Einzig die Tatsache, dass man auch bei „Dead Set“ dazu überging, die Untoten von schlurfenden Monstern zu überschnellen Mutanten werden zu lassen, trübt den ansonsten sehr ordentlichen Gesamteindruck.

Erschienen bei Quotenmeter.de