Ted

Mit seiner ersten Kinofilm-Regiearbeit suchte sich „Family Guy“-Schöpfer Seth MacFarlane ein Metier weit unterhalb der Gürtellinie aus. In der Hauptrolle: ein perverser Teddybär, der seinen Tag mit Kiffen, Nutten und gepflegtem Fluchen verbringt. Drumherum spann der Regisseur eine Mischung aus Liebesgeschichte und Kidnapping-Krimi. Klingt komisch – ist es auch. Ob die gewagte Komödie trotzdem überzeugt, lest ihr in meiner heutigen Kritik.

Der Plot

John Bennett (Mark Wahlberg) ist Einzelkind, Außenseiter und in seiner Nachbarschaft nicht unbedingt das Kind, mit dem alle spielen wollen. Kurzum: er hat nicht einen einzigen Freund. An einem Weihnachtsabend bekommt er von seinen Eltern einen Teddybären geschenkt. Als er sich eines Nachts wünscht, dieser würde lebendig werden und auf immer und ewig sein Freund sein, geht dieser Wunsch zu aller Überraschung in Erfüllung und ab sofort sind Ted (im Original gesprochen von Seth MacFarlane höchst persönlich) und John beste Freunde und die Geschichte um den lebendig gewordenen Teddybären fasziniert die Menschen rund um den Globus.

25 Jahre später hat sich die Welt an das haarige Wesen gewöhnt und wie es so ist, kommen auch Teddybären in die Flegeljahre. Doch bei Ted scheinen diese kein Ende zu nehmen. Ganz zum Ärger von Lori (Mila Kunis), der Freundin von John, die ihr Leben nun schon seit vier Jahren mit ihrem Freund und eben auch Ted teilt. Da sie erkennt, dass Ted auf seinen Kumpel einen schlechten Einfluss hat, setzt sie John ein Ultimatum: entweder der Bär oder sie. Und Ted zieht aus. Doch die Probleme fangen damit erst an…

„Donnerbuddies forever!“

Kritik

Wenn man einmal ganz ehrlich beginnt, seine Erwartungshaltung an „Ted“ zu ergründen, dann stellt wohl jeder fest: Ja, von einem Seth MacFarlane erwartet man vor allem Respektlos- und Dreistigkeiten. Eine Anarchokomödie, die einem unterhalb der Gürtellinie angesiedelte Gags mit dem Holzhammer eintrichtert, ist genau das, was der Macher von „American Dad“ und „Family Guy“ am besten kann. Garniert mit Seitenhieben auf die amerikanische Gesellschaft und popkulturelle Phänomene. Heißt: Man durfte von der Komödienüberraschung 2012 alles erwarten – nur keine Kuschelstunde. Was MacFarlane letztendlich aber daraus gemacht hat, verwundert einen umso mehr. Oder es enttäuscht.

Die Geschichte um einen sich durch die Gegend vögelnden Bären, ist ohne Zweifel aktuell nicht vergleichbar mit irgendeiner anderen Komödie. Oder überhaupt irgendeinem Film, der in den letzten Jahren in den Kinos angelaufen ist. Hierfür zunächst einmal ein Pluspunkt. In Zeiten, in denen Filmemacher lieber remaken, anstatt eigene Ideen entwickeln, kommt so ein brandneues Filmkonzept doch sehr erfrischend daher. Vor allem funktioniert die vom Regisseur des öfteren beschriebene Absicht, mit dem niedlich dreinschauenden Bären den krassen Gegensatz zu dessen Lebensstil zu schaffen, sehr gut. Ein Kuscheltier, das flucht und Drogen konsumiert wirkt auch auf den zweiten und dritten Blick noch hanebüchen. Und in diesem Punkt muss MacFarlane zugestanden werden, dass ihm für diese Idee ein Preis gebührt. Doch leider verschenkt er so viel Potential, dass man zum Filmende nicht weiß, ob man über die gelungenen Gags lachen, oder über die augenscheinlich so vielen vermurksten weinen soll. Wenn man die Dreier-WG von Ted, sowie dem Protagonistenpärchen, gespielt von Mila Kunis („Black Swan“, „Freunde mit gewissen Vorzügen“) und Mark Wahlberg („Boogie Nights“, „The Italien Job“), kennenlernt und sie dabei beobachtet, wie sie ihren Alltag mehr oder weniger als Tagediebe verbringt, liegt das Hauptaugenmerk in der ersten halben Stunde selbstverständlich auf Ted. Man möchte seinen Augen (und vor allem Ohren!) nicht trauen, was der plüschige Geselle einem alles um die Ohren haut und welch‘ vulgäre Worte doch aus seinem verfusselten Maul kommen – fast im Minutentakt.

Das ist alles recht niedlich und ungewöhnlich, gleichzeitig ist aus diesem Gag in Filmlänge aber auch schnell die Luft raus. Die vielen Obszönitäten wirken schon bald zu gewollt und zu sehr auf Skandal getrimmt, als dass man sich überhaupt noch ernsthaft für das Gehörte schämen könnte. Daher gab MacFarlane sich Mühe, um diese Teddybär-Thematik eine weitere, tiefsinnigere (!??) Handlung zu spinnen. Und genau an dieser Stelle hakt es bei „Ted“ gewaltig. Hätte man es dabei belassen, knappe zwei Stunden lang einen Teddy beim Partymachen und Bong-Rauchen zuzuschauen, so hätte der Streifen immerhin eine recht amüsante Partykomödie abgegeben. Da der Regisseur sich aber offenbar zu Höherem berufen fühlte, griff er zum einen auf die Romanticcomedy-typische Selbstfindungsmasche zurück, zum anderen auf eine ausgeklügelte Entführungsstory, die allerdings dermaßen halbherzig und schlussendlich hektisch erzählt wird, dass sie in ihrem Dasein einfach nur stört. Zunächst zu Punkt eins: da sich Johns Freundin Lori zunehmend von Ted genervt fühlt, entwickelt sich eine ernstzunehmende Beziehungskrise zwischen den beiden. Natürlich möchte John seinen besten Freund nicht verprellen, andererseits seine Freundin nicht verlieren. Da man sich von Beginn an Mühe gibt, John als einen Typen darzustellen, der sein Leben nicht im Griff hat (diese Charakterisierung macht überhaupt keinen Sinn, da das einzig „unreife“ an John ist, dass er eben Ted hat), ist der Grundstein für eine innerliche Rundumerneuerung Johns im Laufe des Films schnell gelegt. Natürlich wird er gezwungen, sich über sein eigenes Leben Gedanken zu machen und natürlich wird er irgendwann geläutert aus der Szenerie hervorgehen. Diese Thematik ist einfallslos – und passt somit nicht ansatzweise zu „Ted“. Denn der Film will augenscheinlich keine Romantikkomödie sein und ist letztlich doch eine – wenn auch eine, mit einem sprechenden Teddybär.

Die Entführungsstory macht den Eindruck, als wollte sich MacFarlane hier seinen Traum von ein paar Actionsequenzen erfüllen. Koste es was es wolle. Auch, wenn es vom Tempo und von der Handlung her überhaupt nicht in den Film passt und außerdem ungeheuer vorhersehbar ist. Sie wirken lieblos und teilweise absolut übertrieben in ihrer Ausführung. Besonders in den letzten zwanzig Minuten. Als die deplatzierte Action schließlich in den größtmöglichen Hollywood-Kitsch mündet, schlägt der geneigte Zuschauer schließlich endgültig die Hände über dem Kopf zusammen.

Ein weiterer großer Schwachpunkt ist die Tatsache, dass viele Gags in der Synchronfassung nicht zünden wollen. Regelrecht peinlich wird es, als ein Pink Floyd-Song auf englisch zitiert und anschließend der Versuch gestartet wird, den Gag auf Deutsch zu erklären. Hier hätten die Macher ein wenig mehr Einfallsreichtum beweisen können, um „Ted“ wenigstens auf dieser Ebene zu retten. Dafür stimmt bei der Animation des lebendigen Bären alles. Nicht eine Sekunde lang zweifelt der Betrachter daran, dass Ted tatsächlich lebendig ist. Die Interaktion der Darsteller, die allesamt gut, aber nicht überragend aufgelegt sind, mit dem Teddy ist toll gelungen und verdient sich damit einen Ehrenapplaus.

„Ted“ ist ungeheuer schwer einzuordnen. Einerseits ist Seth MacFarlanes Idee wirklich gut, sein Mut  und der des Studios bewundernswert und die technische Umsetzung genial. Zudem bietet „Ted“ den wohl gelungensten Cameo-Auftritt der jüngsten Kinogeschichte und einige gelungene Anarchomomente, dass einem die Ohren schlackern, oder man sich beim Tränen lachen erwischt. Doch leider hat die um Obszönitäten bemühte Sommerkomödie viele Schwachstellen in der Handlung. Die einhämmernde Moral, unpassend kitschige Passagen und lieblose Handlungsstränge, die zu viel auf einmal wollen und dabei zu wenig von allem präsentieren. Normalerweise würde man wohl sagen: Nichts Halbes und nichts Ganzes.

„Ted“ ist seit dem 02. August 2012 in den deutschen Kinos zu sehen.